Der Rubin der Oger
an den Kopf, um seine Beule zu untersuchen, da er seinem Gegenüber nicht noch mehr Schadenfreude gönnte. Mit eingezogenem Kopf und gekrümmten Rücken ging er auf den Goblin los.
»Du kleiner Wicht, ich weiß zwar nicht, was du für ein Spiel spielst, aber für mich sieht es nach einem klaren Vier zu Null aus, und in wenigen Augenblicken werden mir die Gegner ausgehen«, brummte Mogda ärgerlich.
Er riss den Paravent beiseite und stoppte.
»Na, da staunst du Fettwanst, oder?«
Usil lag in seiner Koje, das Hemd vom Körper gerissen und nur mit einer schmutzigen, braunen Leinenhose bekleidet. Arme und Beine waren mit Sisalbändern an die Bettpfosten gebunden. Sein Bauch und seine Brust waren mit roten Striemen übersäht. Die Füße wiesen unzählige kleine Schnittwunden auf. Der Goblin hatte die Klinge seines Dolches an Usils Hals gesetzt, und ein schmaler Rinnsaal roten Blutes tränkte die schäbige Matratze, auf der er lag. Der alte Mann lebte und war wach, aber die Schmerzen hatten ihn offenbar in einen Dämmerzustand versetzt.
Mogda versuchte, sich von seiner Besorgnis nichts anmerken zu lassen.
»Und, was soll das? Ihr habt einen Hüttenbauer gefangen. Was geht mich dieser alte Greis an?«
Der Goblin setzte ein breites Grinsen auf, wobei er seine gelben, nadelspitzen Zähne entblößte. In seinen Mundwinkeln hatte sich weißer Schaum gesammelt, und seine Pupillen waren von geplatzten Äderchen rot gefärbt.
»Ich habe dich erkannt«, protzte der Goblin. »Du bist der, den sie Mogda nennen. Die Hüttenbauer sind deine Freunde. In dieser Gegend gibt es weit und breit nichts außer diesem Hof. Also sagt mir mein Gefühl, deine Reise hat dich hierher geführt, weil du den Alten kennst. Ja, da staunst du, jetzt hab ich dich.« Dann machte er eine Verbeugung und eine seltsame Handbewegung, die er sich bei den Menschen abgeschaut hatte.
Dieser kleine Wicht hatte Mogda tatsächlich durchschaut, aber das sollte nicht heißen, dass er jetzt die Oberhand besaß.
»Du hast Recht, ähh ...«
»Wizzel«, stellte sich der Goblin vor.
»Du hast Recht, Wizzel. Ich kenne den Alten, aber wir sind nicht befreundet. Er hat uns mit einer Wagenladung Essen beliefert, und wie wir erst später festgestellt haben, war die Hälfte der Waren verdorben. Jetzt wollte ich ihn zur Rede stellen und unser Gold zurückfordern.«
Wizzel schien verunsichert, doch ein Goblin wäre kein Goblin, wenn er sich aus so einer Situation nicht hätte herausreden können.
»Na prima, dann stehen wir ja auf der gleichen Seite. Leider haben wir hier auch kein Gold gefunden. Vielleicht solltest du noch einmal in der Scheune nachsehen, die haben wir noch nicht durchsucht.«
Wizzels Dolch wich dennoch keinen Fingerbreit von Usils Hals. Ihm war klar, dass sein Druckmittel an Stärke verloren hatte, doch es war alles, was er im Moment noch hatte.
»Egal, wie es kommt«, sagte Mogda und drehte sich ab, »ich kann nicht mit leeren Händen zurück zum Drachenhorst.«
Er bückte sich neben einem Kürbis, den Usil wohl ins Haus getragen hatte, und verdeckte Wizzel somit die Sicht. Lautlos griff er nach seinem Schwert und zog es zu sich hinüber. Dann umfasste er den riesigen Kürbis, hob ihn sich vor den Bauch und drehte sich um.
Wizzel gluckste vor Freude und verpasste Usil in Blitzesschnelle einen feinen Schnitt über die Brust. Dann setzte er den Dolch sofort wieder an seine Kehle. Anschließend tunkte er mehrere kleine weiße Beeren, die er aus der Tasche zog, in das Blut der Wunde ein und verschlang sie, wobei er die Augen verdrehte.
»Ihr seid nicht besonders wählerisch, was eure Nahrung angeht. Es gab schon mal bessere Zeiten für euch«, grinste Wizzel mit einem irren Ausdruck im Blick.
»Schlechte Zeiten machen erfindungsreich«, erwiderte Mogda und sah auf Usil. »Was meinst du, Hüttenbauer, wie kommst du wieder aus dieser misslichen Lage heraus?«
Usil drehte den Kopf zur Seite, und Mogda konnte Tränen in seinen Augen sehen. Er benetzte sich mit der Zunge die Lippen und flüsterte unverständliche Worte.
»Sprich lauter, Mensch, sonst versteht man dich nicht«, fauchte Wizzel ihn an und schlug ihm ins Gesicht.
»Töte ihn«, brachte Usil mit letzter Kraft und einem abschließenden Hustenanfall heraus.
Wizzel wollte ihn gerade für diese Unverschämtheit maßregeln, als Mogda einschritt.
»Wizzel?«
»Was?«, krächzte der Goblin.
»Fang!«
Mogda warf ihm den fünfzig Pfund schweren Kürbis entgegen und lächelte. Von einer
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