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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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ruhigem Wetter möglich. Die schroffen Steilwände und schmalen Gebirgspfade bargen ohnehin schon genügend Gefahren. Schnee, Regen und Sturm machten die Strecke unpassierbar.
    Misstrauische Blicke verfolgten Mogda und die Zwerge, als diese das Lager betraten. Rator löste sich aus einem Pulk Oger, denen er Anweisung gegeben hatte, für Proviant zu sorgen. Er wusste genau, dass bei einem Sturm viele Tiere Schutz in ihren Höhlen suchten. Sie dort zu erwischen, war einfacher als im Gelände hinter ihnen herzuhetzen, um sie dann doch wieder entkommen zu lassen.
    Herausfordernd baute sich der Kriegsoger vor den Neuankömmlingen auf.
    »Oger nicht brauchen Hilfe von kleinem Volk«, brummte Rator grimmig.
    Mogda hatte sich auf dem Weg bereits eine passende Rede zurechtgelegt, um dem Kriegsoger entgegenzutreten, doch bevor er loslegen konnte, wurde er jäh unterbrochen. Dranosil schlug Mogda mit etwas mehr Wucht, als es für eine freundschaftliche Geste nötig war, aufs Knie. Unbeeindruckt von der Größe Rators baute sich der Zwerg vor diesem auf.
    »Wir sind auch nicht gekommen, um dem Volk der Oger zu helfen«, sagte Dranosil. »Wir fordern Rache. Das vergossene Blut von König Braktobil soll nicht ungesühnt bleiben. Solange noch einer dieser Elfen in Nelbor herumläuft, egal ob hochnäsiger Baumbewohner oder nachtschwarzer Meereself, werden wir Jagd auf ihn machen.«
    Mogda konnte in Rators Augen lesen, dass dieser wenig beeindruckt war. Sich selbst musste er jedoch eingestehen, dass seine eigenen Worte kaum überzeugender geklungen hätten. Dennoch stellte er mit Erleichterung fest, dass die Oger auf die Zwerge weniger jähzornig reagierten als auf die Menschen.
    »Oger nicht jagen Elfen. Zwerge nicht gehen mit Ogern«, knurrte Rator.
    Doch Dranosil gab nicht klein bei.
    »Ich weiß, ihr sucht nach dem, den ihr den Wanderer nennt. Euer Feind ist auch der unsere, denn er ist Herr über die Elfen. Es gibt zu viele gute Gründe, um nicht zusammen weiterzuziehen.«
    »Gründe? Rator kann nicht sehen«, knurrte der Kriegsoger höhnisch.
    »Nur, weil du nicht genau genug hinschaust«, entgegnete Dranosil. »Ihr Oger seid im Grunde genommen nichts anderes als große Zwerge. Ihr habt im Laufe der Zeit überlegene Kämpfer hervorgebracht. Ihr esst gern und seid auch einem guten Tropfen nicht abgeneigt. Euer Volk hat dickes Blut, ihr haltet zusammen, wenn es hart auf hart kommt. Außerdem hasst ihr schlechtes Wetter genau wie wir. Aber wir kennen immer einen Weg unter der Erde, der uns an unser Ziel bringt. Vielleicht kennen wir sogar einen Weg durch den Bergwall, der nicht weit von hier am Fuße der Berge beginnt und an der Ostseite des Grindmoors endet.«
    Mogda hoffte inständig, dass Dranosil damit nicht zu viel versprach. Eine Finte würde Rator schnell durchschauen, und dann würde er den Zwergen zeigen, wo die Unterschiede zwischen den Völkern lagen.
    »Zwerge wissen Weg durch Berg?«, fragte Rator.
    »Ja, und wenn ihr uns auf diesem Weg begleiten wollt, ist uns das nur recht. Ich habe doch gesagt, dass wir die gleichen Ziele haben.«
    »Zwerge uns begleiten. Oger ziehen im Morgengrauen weiter, dann ihr bereit.«
    »Zwerge stehen immer bereit«, grummelte Dranosil und ging zu seinen Leuten.
    Mogda schlug sein Lager etwas abseits zwischen zwei einzeln stehenden Bäumen auf. Gierig machte er sich über die wenigen Proviantreste her, die Dranosil ihm gegeben hatte. Immer noch hungrig beobachtete er das bunte Treiben im Lager. Die ersten erlegten Tiere wurden von den ausgesandten Ogern herangeschleppt, darunter auch ein junges Reh. Das Tier wurde sofort zerlegt und über die Flammen gehängt. Die Ausbeute des Jagdausflugs war gut, doch um vierhundert hungrige Oger zu verpflegen, reichte es bei weitem nicht. Die meisten würden am nächsten Morgen übellaunig und mit knurrendem Magen weiterziehen. Auch Mogda war nicht abgeneigt, das eine oder andere Stück Fleisch für sich zu ergattern, aber er hatte andere Sorgen. Er musste vermeiden, durch Streit oder Rangeleien um ein Stück Reh unnötiges Aufsehen zu erregen.
    Je länger Mogda das barbarische Verhalten seiner Kameraden beobachtete, desto bewusster wurde ihm, wie sehr er sich im Laufe der Jahre verändert hatte. Die anderen hatten Recht: Er war keiner mehr von ihnen; er war ein zwiegespaltenes Wesen, äußerlich Oger, innerlich Mensch. Mogda spürte, wie der Kampf zwischen Chaos und Ordnung, der sein Volk und das der Menschen gegeneinander aufwiegelte, langsam auch in

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