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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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ihm selbst entbrannte.
    Der Tag neigte sich dem Ende zu, und im Lager kehrte Ruhe ein. Der Schein der Lagerfeuer verblasste, und die langen Schatten der Umgebung vermischten sich mit der Dunkelheit. Mogda wartete, bis die meisten Oger schliefen und nur noch wenige Wachen das Lager durchstreiften. Ihrem Gang war die Müdigkeit anzumerken, und von Mal zu Mal dauerte es länger, bis sie ihren Ausgangspunkt wieder erreichten.
    Lautlos erhob sich Mogda. Vorsichtig umrundete er das Lager, wobei er versuchte, so viel Deckung zu nutzen, wie die karge Landschaft hergab. Sein Ziel lag am anderen Ende des Lagers. Die beiden Oger, die am östlichen Rand zur Wache eingeteilt waren, hatten ihren Rundgang abgekürzt und wärmten sich an der verbliebenen Feuersglut. Unbemerkt schlich Mogda zu einer alten abgestorbenen Eiche, die ihren kahlen Stamm aus einer Reihe herabgestürzter Felsbrocken reckte. Aus der Dunkelheit stierten ihn ein Paar bösartige, gelbe Augen an. Hätte er nicht gewusst, dass die Oger hier ihre Gefangenen angekettet hatten, wäre Mogda arglos an ihnen vorübergegangen. Die beiden Trolle verschmolzen mit dem Stamm und den Felsen. Sie waren Meister der Tarnung, und dies war ihre natürliche Umgebung.
    Mogda bückte sich, um zu prüfen, ob er die Ketten von den Händen der Gefangenen lösen konnte. Noch bevor er das robuste Schloss in den Fingern hielt, packte ihn Nokrat an der Kehle. Mogda fühlte, wie sich die Krallen des Trolls langsam in seine Haut bohrten.
    »Nicht«, flüsterte der Oger heiser. »Ich bin gekommen, um euch zu helfen.«
    »Wofür brauchen wir deine Hilfe, Oger?«, knurrte ihn Tusfell an. »Unsere Fesseln halten uns schon seit Stunden nicht mehr. Wir haben nur noch darauf gewartet, endlich mit dir reden zu können. Danach ziehen wir weiter.«
    Warum im Namen der Götter wollte jeder mit ihm sprechen? Alle luden ihre Probleme bei ihm ab oder traktierten ihn mit ihren Weisheiten. Und dann bauten sie darauf, dass seine Taten alles zum Guten wenden würden. Mogda war es leid, eine Gliederpuppe zu sein, an deren Fäden die anderen beliebig zerren konnten.
    »Ihr hättet mir eine Nachricht in den Baum ritzen können. Bei den Elfen kam das sehr gut an. Dann wärt ihr jetzt schon Meilen entfernt.«
    Nokrat drückte die Kehle des Ogers weiter zu. Humor war keine herausragende Eigenschaft der Trolle.
    »Hör mir zu, Fettwanst«, fauchte Tusfell. »Der Sturm über den Bergen ist kein gewöhnlicher Sturm. Es ist der Kreis der Elemente. Alte Prophezeiungen bezeichnen ihn als Vorboten des Endes. Ich habe immer versucht, seinen Ursprung zu ergründen, doch dass es die Götter sind, die in ihm kämpfen, habe ich erst jetzt begriffen.«
    »Nicht noch eine Prophezeiung vom Ende der Welt!«, stöhnte Mogda. »Können sich die Götter nicht ein bisschen klarer ausdrücken, was sie wollen?«
    »Halt den Mund, du Tölpel!«, zischte die Trollschamanin. »Es ist genau so, wie ich dir erklärt habe. Hier, wo wir stehen, sammeln Chaos und Ordnung gerade ihre Kräfte. Ihr Kampf hat noch nicht begonnen, doch er wird alles beenden, was wir kennen. Der Sturm, den du zu sehen glaubst, ist die Arena der Elemente. Diese werden solange untereinander wüten, bis sie sich gegenseitig ausgelöscht haben. Vertraue nicht auf die Zwerge. Es gibt keinen Weg, der sicher ist, um ins Innere zu gelangen.«
    »Ins Innere?«, fragte Mogda.
    »Ja. Wenn ihr die Elemente hinter euch gelassen habt, kommt ihr in den inneren Zirkel. Natur und Magie haben sich bereits gegenseitig ausgelöscht. Statt ihrer sollte dort eine Mischung aus beiden herrschen. Wenn ich die Zeichen richtig deute, hat Tabal seinen Spross gepflanzt und ist für kurze Zeit Herr über Natur und Magie geworden. Du musst den Wanderer aufhalten und diesen Spross finden. Nur dann können die Götter neu erwachen.«
    Mogda reichte es. Nicht nur, dass die Oger wieder einmal auszogen, um die Welt zu retten, weil alle anderen einfach zu beschäftigt waren. Nein, außerdem sollten sie einen unbesiegbaren Gott töten, irgendwelche Kinder von Tabal suchen, nebenbei gegen Feuer und Wind kämpfen, und das alles ohne ausreichenden Proviant, während sämtliche anderen Völker sich bemühten, den Ogern den Garaus zu machen.
    »Ist das dein Ernst?«, fragte Mogda und schlug Nokrat auf den Unterarm, um zu signalisieren, dass dieser seinen Griff lockern sollte – was jener auch tat. »Was soll das sein, der Spross Tabals? Wie soll ich danach suchen, wenn ich nicht einmal weiß, worum es sich

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