Der Rubin der Oger

üblich leicht nahmen.
    Rator grübelte darüber, was er Kruzmak sagen sollte. Er musste ihm von der Auseinandersetzung mit den Händlern berichten. Es war sicherlich sinnvoll, alle weiteren Lieferungen aufzuschieben, bis die Situation geklärt wurde. Es gab noch weitere Oger, denen er berichten musste, aber es war sicherlich einfacher, wenn er schon einen Freund und Fürsprecher an seiner Seite hatte. Entscheidungen, die gefällt werden mussten, wurden grundsätzlich allen Kriegsogern vorgetragen, und gemeinsam beratschlagten sie dann, was zu tun war. Jeder Oger konnte an diesem Rat teilhaben, aber nicht jeder war daran interessiert oder verstand, welches Problem es zu lösen gab. Umso näher das Thema an der Verteilung der Essensrationen lag, umso größer war üblicherweise die Beteiligung. Mogda gehörte ebenfalls zu den ständigen Mitgliedern des Rates, und seine Stimme hatte mehr Einfluss als die jedes anderen, nur war er momentan in Osberg und fiel deshalb wohl aus.
    Rator folgte einfach den Fackeln, die im Tunnel angebracht waren, und gelangte, nachdem er zwei ausgebeutete Stollen hinter sich gelassen hatte, zu dem Teil der Mine, der gerade bearbeitet wurde. Die sorgfältig nach den Angaben der Zwerge abgestützte Halle war hell erleuchtet. Kruzmak stand an einen Balken gelehnt und erteilte Anweisungen an eine Gruppe von Ogern. An allen haftete der rote Staub.
    »Rator, gut du da«, brüllte Kruzmak und lief auf ihn zu.
    »Was gehen hier vor?«, brummte Rator.
    »Das kann ich dir sagen, mein kräftiger Freund«, antwortete eine Stimme neben ihm. Rator sah einen jungen Mann mit langen blonden Haaren, der nichts am Körper trug als einen wollenen Umhang. Irgendwie hatte er es geschafft, sich von all dem Schmutz und rotem Staub fernzuhalten. Seine femininen Züge und der schmächtige Körperbau ließen darauf schließen, dass er in seinem Leben noch nie viel körperliche Arbeit verrichtet hatte.
    »So wie es aussieht, hat einer eurer Leute die falsche Stütze weggeschlagen und zu lange damit gewartet, sich aus dem Staub zu machen«, sagte er in einem leicht spöttischen Tonfall.
    »Wer du sein?«, wollte Rator wissen.
    »Anscheinend der Einzige, der diesem unglückseligen, tölpelhaften Oger noch helfen kann. Ich bin so etwas wie ein Heiler auf Wanderschaft. Meine Reise hat mich nur durch Zufall hier vorbeigeführt. Aber wenn mir die Gelegenheit geboten wird, etwas Gutes zu tun, dann kann ich nicht umhin und muss meine Talente für den Segen der Götter darbringen.«
    Rator hob die Hand und gebot ihm zu schweigen, eine Aufforderung, der sein Gegenüber unverzüglich nachkam. Rator wendete sich Kruzmak zu, um zu vermeiden, durch das Gefasel Kopfschmerzen zu bekommen.
    »Wie viele verschüttet?«
    »Einer von unseren«, gab Kruzmak zur Antwort. »Rolgist hier allein.«
    »Heiler wird nicht können helfen, Rolgist tot«, sagte Rator und wendete sich wieder dem jungen Mann zu.
    »Du kommen mit, wir schwer Verletzten im Lager. Dort können helfen, hier nur finden toten Oger.«
    Der junge Mann schien enttäuscht zu sein, dass seine Fähigkeiten so unterschätz wurden.
    »Ich glaube, ihr solltet die Sache noch einmal überdenken, vielleicht sitzt er irgendwo in einem Hohlraum fest und wartet nur darauf, befreit zu werden.«
    Rator ging auf den verschütteten Durchgang zu und trat gegen einen zentnerschweren Quader.
    »Einziger Hohlraum, Kopf von Rolgist, wenn nicht gehört auf Anweisungen von Zwerg«, erwiderte er und nahm sich vor, keine weiteren Erklärungen abzugeben.
    »Zwerg auch verschüttet«, warf Kruzmak vorsichtig ein, der spürte, dass Rator am Ende seiner Geduld angelangt war.
    »Siehst du, mein kräftiger Freund, hier gilt es zwei Leben zu retten, und das verlangt nach meiner ungeteilten Aufmerksamkeit.«
    »Welcher Zwerg verschüttet?«, wollte Rator wissen und starrte den jungen Mann an, der wiederum fragend zu Kruzmak blickte.
    »Glimdibur.«
    Der Mensch hielt die Luft an, und seine Augen verengten sich. Etwas Dämonisches lag plötzlich in seinem Ausdruck.
    »Glimdibur?«, fauchte er. »Du verfettete Missgeburt eines schwachsinnigen Trolls, du lässt mich hier stundenlang mit deinen grenzdebilen Schergen verbringen und sagst mir nicht, dass wir noch einen Zwerg suchen? Euer Gott Tabal müsste sich schämen, Anhänger wie euch zu haben.«
    Für einen kurzen Moment waren Rator, Kruzmak und die übrigen Oger verwirrt. Noch nie hatten sie einen Hüttenbauer gesehen, der so schnell aus der Haut fuhr.