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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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verfolgten.
    »Rator, hier guter Ort für Ruhe«, hörte er hinter sich die Stimme von Tastmar.
    Im Laufe des Tages hatte Rator diesen Satz schon unzählige Male gehört. Er bereute es, Tastmar mitgenommen zu haben, aber er war der Bruder von Rolgist, und somit stand es ihm zu, herauszufinden, was mit ihm passiert war. Der schwerfällige Oger war es nicht gewohnt, lange Strecken zurückzulegen, und selbst wenn er mit den anderen mithalten konnte, wäre er für einen bevorstehenden Kampf zu erschöpft.
    »Machen Pause, wenn Sonne hinter Bergen«, erwiderte Rator, den seine ein Dutzend Mal wiederholte Antwort mittlerweile selbst langweilte. In den zwei Stunden Fußmarsch, die ihnen bevorstanden, würde er Tastmars Vorschlag noch einige Male hören und seine Antwort wiederholen müssen. Rator sehnte sich nach etwas schweigsamer Abwechselung und ließ sich zurückfallen, bis Kruzmak ihn eingeholt hatte.
    Die Truppe, mit der er unterwegs war, war dieselbe wie auf den Marmortransporten, nur hatten sie den verletzten Hagmu im Drachenhorst zurückgelassen, und dafür war Kruzmak eingesprungen. Den erfahrenen Kriegsoger und Freund an seiner Seite zu wissen erleichterte Rators Last. Kruzmak hatte zwar die Oberaufsicht beim Abbau des Gesteins im Drachenhorst, doch solange die Arbeiten ruhten, war er abkömmlich. Außerdem gab es keinen besseren Ersatz für Hagmu, wenn Rators Einschätzungen, was den Fremden betraf, stimmten.
    »Du in Ordnung?«, erkundigte sich Kruzmak.
    Rator brummte nur verständnislos. Seit vielen Jahren waren die beiden gemeinsam unterwegs. In vielen Schlachten hatten sie Seite an Seite gestanden und ihre Gegner bezwungen. Selbst wenn sie aus dem Kampf kamen, reichte ein einziger Blick, um zu wissen, wie es dem anderen ging. Gerade jetzt, nach all den Jahren des Friedens, stellte Kruzmak ihm diese Frage.
    »Du müde, ich kann sehen«, drängte Kruzmak.
    »Machen Pause, wenn Sonne hinter Bergen.«
    Diesmal gefiel ihm die Antwort besser, jedenfalls besser als die Wahrheit. Er war müde. Es war nicht wie nach einem langen Marsch oder einem verbissenen Kampf, es war eine Müdigkeit, die von woanders herrührte. Sie hatte sich auf ihn gelegt wie ein Schleier und wollte nicht weichen, egal wie lange er schlief. Das Einzige, was den Schleier noch vertrieb, war der Fremde, den er verfolgte. Er hoffte nur, dass sein Kampf gegen den Trübsinn nicht seines oder das Leben seiner Kameraden kosten würde.
    »Du denken an Hüttenbauer und warum gekommen in Drachenhorst«, folgerte Kruzmak.
    »Nicht gewesen Hüttenbauer«, brummte Rator.
    »Du Recht, nur außen Hüttenbauer. Innen gewesen Meister.«
    »Du nicht wissen.«
    »Wohl. Du auch gemerkt«, flüsterte Kruzmak. »Stimme gesprochen wie Meister, Körper weich wie Meister, und Geruch auch wie von Meister.«
    »Meister niemals so stark, nur mächtig mit Zauber.«
    »Vielleicht gewesen Zauber?«
    Insgeheim wusste Rator, dass Kruzmak Recht hatte, aber er wollte es nicht wahrhaben. Die Meister waren besiegt, ihre Ära war zu Ende, und jeder andere Gedanke würde nur einen Schatten auf ihren Triumph und ihre Freiheit werfen.
    »Machen Rast bei Felsen dort vorn!«, wies er seine Kameraden an.
    Augenblicklich sah man Tastmar die Erleichterung an, und auch die anderen schienen glücklich über die Entscheidung ihres Anführers zu sein. Nur Wurgut nutzte Rators Nachgiebigkeit, um sich, wie so häufig schon, aufzuspielen.
    »Rast zu früh, besser gehen bis Sonne hinter Bergen«, rief er seinen Kameraden zu und erwartete Zustimmung oder wenigstens etwas Anerkennung.
    Rator spürte, dass die Zweifel in ihm auch den anderen aufgefallen waren. Sie versuchten, diese Schwäche zu nutzen. Früher oder später würden sie seine Entscheidungen anzweifeln, und dann konnte es nicht mehr lange dauern, bis jemand seinen Platz einnahm.
    Rator blieb stehen und senkte sein Haupt. Er löste die Streitaxt von seinem Gürtel und ging in die Knie, dann legte er die Waffe neben sich in den Sand.
    »Wurgut!«, rief er seinen Männern hinterher, die sein Zurückbleiben nicht bemerkt hatten.
    »Du gefunden Spuren?«, ereiferte sich Wurgut. »Wir können einholen bis Nacht, töten Hüttenbauer und gehen zurück.«
    Rator ging nicht darauf ein. Er winkte den anderen Oger nur zu sich und verharrte dort, wo er hockte. Wurgut eilte zurück, in der Hoffnung, doch noch seine Anerkennung zu bekommen.
    Kaum war er an Rator herangetreten, packte dieser seine Axt an der Klinge und schlug Wurgut den Schaft in die

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