Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
Vom Netzwerk:
kontrollieren, und kein lebendes Wesen konnte vorhersagen, was sie als Nächstes tun würden.
    In Schlachten begannen sie plötzlich auf die eigenen Mitstreiter einzuschlagen oder wendeten sich gelangweilt vom Kriegsschauplatz ab.
    Grind hatte damals befohlen, sie nur in die Schlacht zu schicken, wenn der Kampf ohnehin aussichtslos schien.
    Er hatte aber nicht damit gerechnet, dass sie umkehren, das verbliebene Heer angreifen und die schweren Belagerungsmaschinen zertrümmern würden. Seit diesen Tagen waren die Höhlentrolle wie vom Erdboden verschluckt geblieben. Diesen hier hatte wohl der Erdrutsch wieder ausgespuckt. Seine graue, dichte Körperbehaarung glänzte in der untergehenden Sonne. Anscheinend hatte er nie gelernt, Kleidung zu tragen, und so baumelte seine stolze Männlichkeit frei vor ihm herum. Die pergamentartige weiße Haut wurde von zahlreichen dunklen Adern durchzogen und gab ihr das Aussehen eines Mosaiks.
    Der Höhlentroll schnaubte und imitierte Rators erschöpftes Husten. Er hämmerte eine Keule auf den Boden, die nicht mehr war als ein herausgerissener Baumstumpf. Er bot Rator im wahrsten Sinne des Wortes die Stirn, wobei er dazu noch nicht einmal auf die Knie gehen musste. Wie bei allen Trollen waren Beine und Arme unverhältnismäßig lang. Die Handrücken schleiften im aufrechten Gang über die Erde, die Beine waren stark angewinkelt.
    Böse funkelte das Ungetüm Rator aus milchigen Augen an. In seinem Mund reihten sich die faulen Stümpfe von Zähnen aneinander. Höhlentrolle waren Aasfresser und dafür bekannt, dass sie ihre Nahrung erst zu sich nahmen, wenn sie schön mürbe war. Wahrscheinlich wartete dieser hier ab, bis Rator wieder zu Kräften gekommen war, um sich dann mit ihm zu messen – und ihn ein halbes Jahr später in einer dunklen, nassen Höhle zu verspeisen.
    Diese Aussichten schmeckten Rator gar nicht. Er musste handeln. Unter sich hörte er das aufgeregte Kreischen der Lindwürmer. Es musste nun beendet werden, so oder so.
    Rator erhob sich und zog seine Breitaxt.
    »Du gehen zurück unter Felsen, du zu hässlich zum Zeigen. Maul riechen wie Kuh hinten«, versuchte der Kriegsoger seinen Gegner zu provozieren.
    Der Höhlentroll verstand die Worte nicht. Doch offenbar freute er sich, endlich wieder jemanden sprechen zu hören. In Erwartung eines guten Kampfes schlug er erneut mit der Keule auf den Boden.
    Rator bewegte sich seitlich zur Felswand, um von dem Koloss nicht in den Abgrund gedrängt zu werden. Mit überraschender Geschicklichkeit ließ der Troll die Keule von einer Hand in die andere und wieder zurück gleiten. Unvermittelt schwang er dann seine Waffe in Rators Richtung, dem nichts anderes übrig blieb, als sich hinzuwerfen. Der Oger rollte sich auf den Rücken. Die Keule donnerte auf ihn nieder und verfehlte den Kopf nur um Haaresbreite. Die abgebrochenen Wurzelenden zerkratzten sein Gesicht. Rator rollte zur anderen Seite und schlug auf den Fuß des Riesen ein, erwischte ihn aber nur mit dem Stiel seiner Waffe. Ein Ausfallschritt brachte den Höhlentroll wieder in Position und gab Rator die Möglichkeit, aufzustehen. Dieser täuschte einen Angriff an, zog sich zurück und schlug unvermittelt zu. Der Troll parierte, und die Axt vergrub sich in der Keule. Mit ausgestreckten Armen drehte sich der Koloss um die eigene Achse und riss Rator mit sich. Die Waffe löste sich aus dem Holz, und Rator wurde gegen einen Felsen geschleudert. Er spürte, wie zwei Rippen brachen und etwas in seinen Rücken stach. Benommen rappelte er sich auf. Glücklicherweise hatte er die Axt bei dem gescheiterten Angriff nicht verloren.
    Der Troll hatte seinen Gegner beim Herumwirbeln offenbar aus den Augen verloren und stand nun mit dem Rücken zu ihm. Doch Rator wusste, dass dies eine Finte war. Das blasse Scheusal beugte den Oberkörper vor und schaute kopfüber durch seine Beine hindurch, um zu sehen, ob die vermeintliche Hilflosigkeit seinen Gegner anlockte. Äußerst geschickt setze der Troll die Hände zwischen die Beine und drehte sich wie eine Raubkatze auf einem Ast herum. Vor Wut schnaubend über Rators Vorahnung drosch er abermals mit der Keule auf den Boden.
    Diesmal blieb sein Ausbruch nicht ohne Folgen. Die hausgroße Gesteinsplatte, auf der sie standen, sackte ein Stück weit ab, und zwischen den beiden Kämpfern bildete sich ein schmaler Spalt.
    Rator blickte sich verunsichert um. Er fürchtete, das Plateau würde sich aus der Verankerung lösen und sie mit sich in die

Weitere Kostenlose Bücher