Der Rubin der Oger
Brust.
»Nein«, erwiderte Mogda, »du hast Glück, denn jeder andere meines Volkes hätte dich für deine lästerlichen Worte schon längst getötet.«
Mogda war froh, dass sich Cindiel und Finnegan zum Ausruhen abseits zwischen die Felsen gekauert hatten und von dem Wortgefecht nichts mitbekamen. Bestimmt wäre ihm die eine oder andere Standpauke sicher gewesen.
»Lass deinen Zorn nicht an mir aus«, knurrte Barrasch. »Du wirst noch genug zu tun haben, wenn die Zwerge aus den nördlichen Landen oder von jenseits des Meeres kommen, um zu sehen, was mit ihren Brüdern geschehen ist.«
Mogda senkte sein Schwert.
»Du glaubst, sie werden kommen und sich rächen wollen?«
»König Braktobil war hoch angesehen bei den Völkern der Zwerge. Sie werden keine Rache fordern, sie nehmen sie einfach. Und glaube mir, sie werden den Anhängern Tabals und den Elfen, falls es sie gibt, nicht sonderlich viel Verständnis entgegenbringen, wenn Nelbor ihnen keinen Schuldigen liefert.«
Barrasch hatte Recht, das wusste Mogda. Die Zwerge waren nicht gerade für besonnenes Verhalten bekannt. Natürlich würden sie sich an jene Feinde halten, die sie kannten. Und an deren Spitze standen nun einmal die Völker Tabals, egal wie lange der Frieden in Nelbor schon währte.
»Es geht nicht um die Zwerge, sondern um den Stein«, mischte sich Cindiel plötzlich ein.
Anscheinend war ihr Schlaf doch nicht so fest gewesen, wie Mogda gehofft hatte. Sie hockte genau hinter ihnen und hatte ihren Kopf auf die Hände gestützt.
»Es waren nicht die Elfen, die sich an den Zwergen gerächt haben«, fuhr Cindiel fort. »Es waren die Nesselschrecken, die sich der Elfen bemächtigt haben, um an den Stein zu kommen. Mystraloon – dieser Stein wird in den Sagen der Elfen oft erwähnt. Für sie ist er ein Symbol der Magie.«
Zwerge, Elfen, Götter, magische Steine und die Überflutung – das hörte sich für Mogda zwar interessant an, aber es ergab dennoch keinen Sinn. Irgendwie hingen diese Dinge miteinander zusammen, und ihre treibende Kraft waren die Nesselschrecken. Nur – was bezweckten sie damit?
Mogda musste von hier verschwinden. Dieser Ort hielt ihn und seine Gedanken gefangen. Eingeklemmt zwischen Meer und Gebirge konnten sie nichts herausfinden und nichts unternehmen.
Die vier beschlossen, dem schmalen Küstenstreifen in südlicher Richtung zu folgen, bis sie wieder die Ebene von Nelbor erreicht hatten. Im Landesinneren standen ihnen alle Möglichkeiten offen. Cindiel wollte sich in ihren Büchern die alten Elfenlegenden anschauen und mehr herausfinden. Barrasch würde vielleicht etwas Unterstützung bekommen und einen Trupp zusammenstellen, um die Zwergenesse noch einmal zu erforschen und nach Überlebenden zu suchen. Und Mogda selbst – er wusste noch nicht, was er tun würde. Zuerst einmal galt es zu prüfen, welche Schäden die Überschwemmung angerichtet hatte, und ob es Verluste unter den Ogern zu beklagen gab. Zusammen mit den anderen würde er dann entscheiden, was zu tun war.
Der steinige Weg zwischen den Klippen stellte sich als äußerst schwierig heraus. Die nassen, algenbewachsenen Felsen ließen jeden Schritt zu einem Wagnis werden. Immer wieder brachen sich die Wellen vor ihnen an den Felsen und ließen das kalte, salzige Meerwasser auf sie niederregnen. Ihre Kleidung war durchnässt, und die spärlichen Proviantreste, die sie aus dem Wasser hatten retten können, waren ungenießbar geworden.
Einen kompletten Tag brauchten sie, um eine Strecke von zehn Meilen zurückzulegen. Kein Unterschlupf war zu finden, nicht einmal halbwegs brauchbares Brennholz. So waren sie dem Wind, der Kälte und dem Wasser schutzlos ausgeliefert. Als es dämmerte, beschlossen sie, ein Stück den Berg hinaufzuklettern, um dort nach einer geeigneten Lagerstelle Ausschau zu halten. Alles, was sich ihnen bot, war ein ungeschützter Vorsprung, der gerade ausreichte, um den vieren Platz zum Sitzen zu bieten.
Die drei Menschen waren dennoch schnell eingeschlafen. Nur Mogda knurrte der Magen so sehr, dass er keine Ruhe fand. Aus lauter Verzweiflung kletterte er wieder hinab zum Wasser, um dort in der Dunkelheit vielleicht ein paar Krabben zu fangen, die zwischen den Felsen lebten.
Doch jedes Mal, wenn er gerade zupacken wollte, schwappte eine neue Welle heran und spülte sein Essen davon. Verärgert gab Mogda schließlich auf. Eine einzelne Krabbe war ohnehin keine richtige Mahlzeit für ihn, und bis er ein Dutzend von ihnen gefangen hätte,
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