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Der Rubin im Rauch

Der Rubin im Rauch

Titel: Der Rubin im Rauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Schulkameraden von mir im New College
besucht. Und der hat mich einem Mann namens Chandra Sen, einem
Inder, vorgestellt. Er kommt aus Agrapur."
„Tatsächlich?"
„Er ist Mathematiker. Äußerst wissenschaftlich, äußerst streng.
Aber wir haben uns eine Weile über Kricket unterhalten, da ist er
aufgetaut, und da hab ich ihn gefragt, ob er was über den Rubin von
Agrapur weiß. Er war erstaunt. Anscheinend gibt's über den Stein
mehr Geschichten als über sonst irgendeinen Gesteinsbrocken in
Indien. Und niemand hat ihn seit der Meuterei gesehen. Der
Maharadschah wurde übrigens ermordet."
„Wann? Von wem?"
„Wohl in dieser Zeit, denn sein Leichnam ist nach der Befreiung
von Lucknow entdeckt worden. Aber keiner weiß, wer's war. Und der
Rubin war verschwunden und ist seither nicht wieder aufgetaucht.
Aber zu der Zeit herrschte soviel Verwirrung und Tod und
Vernichtung... Er hat mich gefragt, ob ich davon gehört hätte, und ich
hab ihm gesagt, ich hätte in einem alten Reisetagebuch darüber
gelesen. Und dann hat er mir was Komisches erzählt. Er selbst glaubt
nicht daran -- dazu ist er zu sehr vom Verstand geprägt -- aber es gibt
'ne Legende, daß das Böse, das in dem Stein steckt, überdauern wird,
bis es von einer Frau, die ihm ebenbürtig ist, bezwungen wird. Ich hab
ihn gefragt, was das bedeuten solle, und da hat er ziemlich hochnäsig
gesagt, daß er keine Ahnung habe und alles Aberglaube sei. Netter
Kerl, aber 'n bißchen steif. Aber auf jeden Fall haben wir was
dazugelernt, auch wenn wir nicht recht wissen, was es zu bedeuten
hat."
„Major Marchbanks schrieb zu Beginn seines Buches, daß der
Höhepunkt... ich vergeß seine genaue Formulierung immer, aber -- ich
glaub, er hat's schrecklich genannt..."
„Der Mord an dem Maharadschah. Glaubst du, daß er es war?"
„Nein. Unmöglich."
Sie schüttelte den Kopf, und eine Weile schwiegen sie.
Dann nahm er den Faden wieder auf: „Und was hast du
rausgefunden? Auf dem Bahnhof hast du gesagt, du müßtest mir was
sagen."
Mit einiger Anstrengung riß sie sich vom Thema Indien los.
„Räumliche Abbildungen", sagte sie. „Ich hab ungefähr eine Stunde
im Geschäft eines Photographen zugebracht. Weißt du, wieviel Leute
reinkamen und solche räumlichen Abbildungen gekauft haben, als ich
dort war? Sechs, in nur einer Stunde. Weißt du, wie viele in deinem
Laden danach gefragt haben?"
„Keine Ahnung."
„Trembler sagt, daß die Leute danach am meisten fragen. Wozu
hast du denn die ganzen Stereoskope gekauft, wenn du die
dazugehörigen Bilder nicht verkaufst?"
„Aber wir verkaufen stereographische Kameras. Die Leute können
die Bilder doch selbst aufnehmen."
„Aber sie wollen's nicht. Und es ist besser, wenn ein Fachmann die
stereographischen Aufnahmen macht. Die Leute mögen halt Bilder
von fernen Ländern, etwas, das sie eben nicht selbst anschauen
können."
„Aber - "
„Die Leute könnten sie kaufen, wie sie Bücher und Zeitschriften
kaufen. Tausende würden sie kaufen! Was hast du heute für
Aufnahmen gemacht?"
„Ich hab 'ne neue Voigtländer 200 mm-Linse ausprobiert mit
verstellbarer Blende, aber da hab ich noch so meine Schwierigkeiten
damit."
„Und was hast du fotografiert?"
„Ach, Häuser und so."
„Du könntest doch zum Beispiel stereographische Aufnahmen von
Orten wie Oxford und Cambridge machen und sie dann als Städtereihe
verkaufen. ,Die Colleges von Oxford' -- oder ,Die Brücken von
London' -- oder ,Berühmte Schlösser' -- ehrlich, Frederick, davon
könntest du Tausende verkaufen."
Er kratzte sich am Kopf, sein flachsfarbenes Haar stand nach allen
Richtungen ab, und sein Gesicht zeigte ein sehr widersprüchliches
Mienenspiel.
„Ich weiß nicht so recht", sagte er schließlich. „Aufnehmen könnte
ich die Bilder leicht, es ist auch nicht schwieriger als normale
Aufnahmen. Aber verkaufen könnte ich sie nicht."
„Aber ich."
„Schon möglich. Aber im Bereich der Photographie ändert sich oft
schnell was, weißt du. In ein paar Jahren benutzen wir diese großen
unhandlichen Glasplatten überhaupt nicht mehr. Wir werden Negative
auf Papier haben und leichte Kameras. Und wir werden unheimlich
schnell photographieren und entwickeln können. Da wird so allerhand
erfunden... ich selber misch da auch mit. Und dann wird keiner mehr
altmodische räumliche Abbildungen angucken."
„Aber ich red von heute. Im Augenblick wollen die Leute solche
Bilder, und sie bezahlen dafür. Und wie willst du denn irgendwas

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