Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
über den Schiffen ihre Bahnen, doch er hatte den Eindruck, als flögen sie jetzt etwas niedriger als zuvor.
»Das sind Xaxis«, rief Amberon aus. »Späher des Todesfürsten! Sie leben in Caithas Dun und sind gefährliche Bestien. Ich habe allerdings noch nie erlebt, dass sie sich so weit vom Festland entfernen.«
Tenan schluckte. »Sollten wir nicht etwas dagegen unternehmen?«
»Allerdings! Ich werde versuchen, sie aufs Deck hinab zu zwingen.« Der Erzmagier reckte beide Arme in die Höhe und begann das Ritual des vinesh-ra auszuführen, mit dem die Dan-Ritter Verbindung zu ihrem innersten Wesen aufnahmen, wie Tenan inzwischen wusste.
Er spürte, wie sich die Kraft und klare Ruhe von Amberons Geist auf ihn selbst übertrug. Der Erzmagier zeichnete mit den Händen verschlungene Symbole in die Luft und bewegte die Arme, als wolle er etwas Unsichtbares aus der Luft greifen und zu sich heranziehen. Während er diese Gesten wiederholte, verriet sein Gesicht absolute Konzentration.
Tenan sah, wie sich die Wolken über ihnen zu einem Wirbel sammelten, in dessen Mitte sich die schimmernden Leiber der Xaxis bewegten. Das Brausen des Windes wurde stärker, verursacht durch Amberons Magie. Der Erzmagier schuf einen Sog aus kreisenden Luftmassen, der die Xaxis erfasste und immer weiter hinab zur Trasé zog. Die Flugwesen versuchten, dem Strudel zu entkommen, das Sirren ihrer Flügel und ihr schrilles Kreischen drangen schauerlich zu ihnen herab. Die schlangenartigen Leiber wanden sich und peitschten wild umher, doch Amberons Zauber hielt sie fest in seinem Bann. Als sie sich auf Höhe der Masten befanden, konnte Tenan bereits ihre zornig schnappenden Mäuler erkennen.
Schließlich drückte Amberon die Wesen, die etwa zwei Armlängen maßen, mit einer letzten heftigen Handbewegung auf die Holzplanken der Trasé. Die Xaxis krachten auf das Deck, das bösartige Sirren ihrer Flügel verstummte. Sie geiferten und zischten wütend, drehten den Stachel am Ende ihres Schwanzes in Amberons Richtung, vermochten ihn jedoch nicht zu erreichen. Ihre Krallenfüße schabten über das Holz und hinterließen tiefe Kratzspuren, aber sie konnten sich keine Handbreit fortbewegen.
Amberon senkte die Arme und öffnete die Augen, ohne dass sein Zauber an Wirkung verlor. Matrosen und Dan-Ritter drängten neugierig heran, um die bizarren Tiere in Augenschein zu nehmen.
»Zurück! Haltet euch fern!«, rief Amberon ihnen zu. »Ihr Stachel könnte euch töten!«
Die Männer wichen zurück und stellten sich in respektvollem Abstand im Kreis auf.
Amberon indessen näherte sich den Xaxis vorsichtig, während er sie weiter im magischen Bann hielt. Mit kühlem Interesse musterte er sie. Tenan hielt sich dicht hinter ihm, jederzeit bereit, sich mit einem Sprung in Sicherheit zu bringen, sollte den Flugwesen ein Angriff gelingen. Ihre Körper schlängelten sich ineinander, die Giftstachel zuckten gefährlich umher.
»Ich werde versuchen, in ihren Geist einzudringen. Vielleicht kann ich herausfinden, welchen Auftrag sie ausführen«, sagte Amberon leise zu Tenan.
Der Erzmagier schloss die Augen und kehrte langsam die Handflächen nach außen. Die Xaxis wanden sich, sie schienen zu spüren, wie sich ihnen ein fremder Wille aufzwang. Plötzlich schossen aus ihren Körpern knisternde Blitze hervor. Die Tiere bäumten sich kreischend auf und fingen Feuer, Amberon stolperte zurück und hob schützend die Hände vors Gesicht.
Die Seeleute und Krieger sprangen außer Reichweite der Flammen in Sicherheit und starrten entsetzt auf die brennenden Flugtiere.
So schnell, wie alles begonnen hatte, war das grausige Spektakel vorbei.
Inmitten der Holzplanken war ein Brandloch entstanden, stinkender Rauch wehte herüber. An den Skelettknochen der Xaxis hingen nur noch einige verkohlte Fleischfetzen.
»Das war ein Abwehrzauber. Achest muss ihn gewirkt haben, um zu verhindern, dass wir herausfinden, welchen Auftrag seine Späher hatten.« Amberon wischte angewidert denRuß von seiner Robe und befahl den Seeleuten, das Deck zu säubern und die Knochen der Xaxis über Bord zu werfen.
Die Männer machten sich mit Schaufeln an die Arbeit. Sie hatten es eilig, die unheimlichen schwarzen Knochen loszuwerden, als lauerte in ihnen immer noch eine böse Macht. In alte Segeltücher gehüllt, schleppten sie die Skelette zur Reling und warfen sie, gefolgt von den Schaufeln, über Bord. Nichts, was mit den Knochen in Berührung gekommen war, sollte auf der Trasé verbleiben,
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