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Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Titel: Der Ruf der Finsternis - Algarad 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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Jahren waren sie erstanden aus dem Feuer rauchender Vulkane, geboren aus dem Zorn der Erde über die Qualen und das Leid, das Achest Todesfürst ihr angetan hatte. Nun bilden Türme aus Schlacke jene Insel, die man Caithas Dun nennt, Insel des Todes. Rauch quillt aus den Ritzen der Vulkanschlote und hüllt das Land in Finsternis. Das Sonnenlicht dringt nur spärlich durch den Qualm und erhellt kaum die verbrannte Erde, die von einem Netz rissiger und ausgetrockneter Furchen durchzogen ist.
    Über einer gewaltigen Festung, die aus lauter spitzzackigen Türmen zu bestehen scheint, sammelt sich der dichte Qualm besonders stark. Die Schwaden wabern um die Zinnen, unruhigen Schlangen gleich. In ihrer Mitte erhebt sich eine eiserne Halle, wuchtig und drohend. Es ist Nagatha, die Festung des Todesfürsten.
    Wie auf einen unsichtbaren Befehl hin wirbeln die Rauch schwaden plötzlich empor in finstere Höhen, verdichten sich und ziehen langsam in Richtung Westen. Über dem Narnen-Meer vereinigen sie sich zu einem formlosen Wirbel, der alles unter sich mit Finsternis überzieht. Gestaltlos bewegt sich der Wirbel über das Meer der Stille, vorbei an den karstigen Felsen der Kerr-Inseln bis zu der kleinen Inselgruppe von Caran, die am äußersten Rande Algarads liegt. Irgendwo dort, weit, weit entfernt, verloren in den Weiten des Narnen-Meers, segelt ein stolzes Schiff unter der königlichen Flagge des Herrschers von Algarad gen Süden. Es fährt mit hoher Geschwindigkeit, getrieben von einem günstigen Wind und der Hoffnung auf baldige Ankunft im sicheren Hafen. Auf dem Achterdeck steht eine einsame Gestalt, angetan mit einer strahlenden Robe, das Schwert von Anoth, die Insignie des Reichs, an der Seite.
    Der Hochkönig ist allein, seine Vertrauten haben sich unter Deck versammelt und ahnen nichts von der Gefahr, die sich stetig nähert. Der alte Mann strahlt trotz seiner zahlreichen Lebensjahre eine ruhige Kraft und Jugendlichkeit aus, während seine Augen schon längst die aufziehende Dunkelheit im Osten bemerkt haben und beobachten. In seinem Blick ist keine Angst zu finden, vielmehr liegen in ihm Gelassenheit und Ruhe.
    So steht Andorin, der Hochkönig von Algarad, und weiß um das Schicksal, das ihn und sein Reich bedroht.
    Gespenstisch und bedrohlich senkt sich der Wirbel aus Finsternis zu ihm herab, breitet sich aus, verströmt sich über das ganze Schiff und dringt, einem giftigen Odem gleich, in jeden Winkel ein.
    Andorin wartet.
    Da erklingt eine Stimme, und obwohl die Worte nur geflüstert sind, hallen sie übers ganze Firmament: »Hochkönig von Algarad! Ich weiß, wo du dich verbirgst, und ich weiß auch, dass sich deine Truppen auf dem Weg nach Gondun befinden, um die Insel zu befreien. Was für ein närrisches Unterfangen! Meine Krieger werden sie zertreten wie Maden im Dreck!«
    Andorin antwortet ruhig und unbeeindruckt. »Es wird geschehen, was im Großen Plan geschrieben ist. Auch du bist nur eine Figur in einem Spiel, das du nicht im Entferntesten verstehst.«
    »Verschone mich mit deinem unsinnigen Geschwätz, alter Mann«, antwortet die Stimme der Finsternis. »Warum fliehst du vor mir, wenn du deinem Schicksal so gelassen gegenüberstehst? In Wirklichkeit zerfrisst die Sorge um dein armseliges Leben deine Seele. Oder warum sonst befindest du dich auf dem Weg zu deiner Schwimmenden Festung? Du begibst dich in Sicherheit, während deine Generäle ihr Leben in der Schlacht für dich riskieren. Sind das die Taten eines wahren Herrschers, der sein Leben geben sollte für sein Volk? Wohl kaum. Ich aber werde dein Schicksal vollenden, wenn du an jenem Ort eintriffst, an dem Garadin verborgen ist. Dort werde ich auf dich warten und deiner Herrschaft und der deiner Vorfahren aus dem Hause Irassar endlich ein Ende bereiten! Ein neues Zeitalter wird anbrechen!«
    »Zeitalter kommen, und Zeitalter vergehen. Doch auch ein voller Becher muss dereinst geleert werden, sonst verdirbt der Wein, und der Becher kann nicht mehr aufs Neue gefüllt werden.«
    Das Lachen der wesenlosen Stimme hallt schaurig übers Meer. »Wohl gesprochen, kleiner König. Vielleicht steckt doch ein Quäntchen Weisheit in dir. Warum hast du deinen Platz nicht schon viel eher geräumt für mich, der dir nachfolgen und dem Reich zu Ruhm und Macht verhelfen wird?«
    Der Hochkönig blickt mit einem milden Lächeln hinauf in die finsteren Himmel. »Ich spreche nicht von Ruhm und Macht, auch nicht von Leid und Unterdrückung, die zum Wahrzeichen deiner

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