Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Herrschaft geworden sind. Der Orden von Dan wird für das Licht und die Freiheit kämpfen, solange er existiert. Aber manchmal muss die Finsternis erst zunehmen, bevor das Licht sie vertreiben kann. Doch von diesen Dingen versteht die Finsternis nichts, deswegen schweige ich darüber. Nur eines sei gesagt: Du kannst nicht gewinnen, Achest. Wenn du mich vernichtest, wird ein neuer Morgen erstehen.«
»Vergiss nicht die lange Nacht, die zuvor anbrechen wird«, wispert die körperlose Stimme.
»Wenn es denn mein Schicksal ist ...« Andorin breitet die Arme aus, ein feines Lächeln umspielt seine Züge, während sich die Dunkelheit verdichtet und sich in einer schwarzen Wolke auf ihn herabsenkt. Sie umhüllt ihn wie ein Leichentuch und dringt in seinen Körper, um seine Seele tödlich zu vergiften. Andorin aber steht aufrecht mit ausgebreiteten Armen auf dem Deck, die Augen geschlossen, unerschütterlich und in sich ruhend.
13
Nachdem die Umoli die Bewohner Garadins getötet hatten, öffneten sie das mächtige Tor der Festung, und die Acheron, Drynn Durs Dronth-Brecher, ging neben der Anlegebrücke außerhalb der Mauern vor Anker. Hunderte von Gredows stürmten aus dem Schiff und durch das geöffnete Tor ins Innere der Festung, wo sie die Gebäude durchstreiften und nach Überlebenden suchten. Doch der Aufmerksamkeit der Umoli war niemand entgangen.
»Ihr habt gute Arbeit geleistet«, lobte sie der Admiral, derauf dem verlassenen Hauptplatz Garadins stand und den Triumph genoss. »Nun zieht euch aufs Schiff zurück und wartet auf euren nächsten Auftrag. Spätestens, wenn wir auf das Heer der Dan treffen, werden eure Dienste wieder gebraucht!«
Einer seiner Untergebenen trat unterwürfig an Drynn Dur heran. »Wann gedenkt Ihr, die Festung zu zerstören, Admiral? Die Krieger warten schon begierig darauf.« Seine roten Augen leuchteten vor Ungeduld.
»Ihr werdet schon noch euren Spaß bekommen«, erwiderte Drynn Dur. »Aber zuerst schafft die Leichen der getöteten Bewohner aufs Schiff und legt sie in die kühlsten Räume. Mein Meister und der Herr der Schatten benötigen sie, sobald wir nach Nagatha zurückgekehrt sind.«
Der andere salutierte, indem er die Faust auf die gepanzerte Brust schlug, und verschwand, um den Befehl auszuführen. Zufrieden schritt der Admiral zwischen den Gebäuden umher und betrachtete die Festung von innen. Dies also war das verborgene Zentrum der Macht des Hochkönigs, nach dem er und sein Meister so lange gesucht hatten. Der bauchige, kreisrunde Rumpf bot Platz für eine ganze Stadt. Die Häuser drängten sich dicht aneinander und waren in die Höhe gebaut worden, wodurch sie eher kleinen Türmen glichen; sie waren durch schmale, geschwungene Brücken verbunden, sodass man in den oberen Stockwerken bequem von einem Haus zum anderen gehen konnte, ohne hinabsteigen zu müssen. Ein ausladender, mit Mosaiksteinen gepflasterter Hof erstreckte sich vor einer gewaltigen Halle, die eine blau schimmernde Kuppel trug. Ohne Zweifel war dies der Thronsaal des Hochkönigs. Auf seiner Rückseite verlief ein weitläufiges Labyrinth aus hohen Hecken, in dem man schnell die Orientierung verlieren konnte. Kannte man aber den Weg, so gelangte man zu einer Eichentüram Fuße eines schlanken, weißen Turms. Wie Drynn Dur von dem ›Schüler‹, dem Spion in den Reihen der Dan, wusste, nannte man ihn den Turm von Arath; in ihm waren die wichtigsten Geheimnisse und Schriften des Ordens verborgen. Als höchstes Bauwerk Garadins überragte er die übrigen Gebäude strahlend und stolz wie ein weißer Pfeil, der die Weisheit und Stärke der Dan symbolisierte.
Nicht mehr lange, dachte Drynn Dur mit Befriedigung. Er betrachtete den Turm aus der Ferne. Bald würde der Turm von Arath in Flammen aufgehen und mit der übrigen Festung auf den Grund des Meeres sinken. Zuvor aber musste er sich Zugang zu der sagenhaften Bibliothek des Ordens zu verschaffen, die sich in der Spitze des Bauwerks befand.
Drynn Dur winkte ein paar der Krieger zu sich heran, die damit beschäftigt waren, die Toten aus den Häusern zu tragen und auf Karren zu verladen. »Nehmt eure Äxte und holzt die Hecke des Labyrinths vor jenem Turm dort ab, damit man ungehindert zum Eingang gelangen kann. Anschließend gebt mir Bescheid und erwartet meine weiteren Befehle!«
14
Du siehst recht müde und abgekämpft aus«, sagte Dualar zu Tenan, als sie am nächsten Morgen ihre Rucksäcke schulterten, um nach Esgalin aufzubrechen. Da die matrall ihre
Weitere Kostenlose Bücher