Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Lichtschimmern. »Ihr werdet euch bald daran gewöhnen«, versicherte Dualar den drei Gefährten.
Mittags setzte ein heftiger Regen ein, gegen den selbst die matrall keinen ausreichenden Schutz boten. Schon bald waren ihre Kleidungsstücke durchnässt und hingen wie nasse Lappen an ihren fröstelnden Körpern.
Die alte Handelsstraße, auf der sie sich bewegten, wurde zunehmend rutschiger, überall lagen grobe Steine und erschwerten das Fortkommen. Es dauerte nicht lange, da beschloss Dualar, sie abseits über die Wiesen zu führen. »Es könnte zwar sein, dass Gredows das niedergetretene Gras entdecken und unserer Spur folgen – dennoch scheint mir das Risiko vertretbar. Es ist besser, wenn wir schnell vorankommen,denn je früher wir in Esgalin sind, desto eher können wir in den Schutz des Heeres zurückkehren.«
Ihre Wanderung führte durch blasse Hügel und nebelverhangene Felder und Wiesen, die von den Bauern seit der Invasion nicht mehr bestellt worden waren. Eine gespenstische Ruhe lag über dem Land. Irgendwann tauchten zwischen den weißen Kalkfelsen die ersten Ausläufer der Ruinen von Armara auf – die letzten Überreste einer längst untergegangenen Kultur, deren Namen in Vergessenheit geraten war. Sie erreichten den Mittelpunkt der alten Kultstätten am späten Nachmittag nach einer bisher ereignislosen Reise.
Die Kälte hatte zugenommen, es war so eisig geworden, dass der Regen bald in Schnee überging. Urisk schlotterte am ganzen Leib, seine Zähne klapperten.
»O wie schön wäre jetzt ein Platz am warmen Feuer in Urisks Dorf!«, wimmerte er. »Das würde nicht nur seinen armen Pelz, sondern auch sein Herz erwärmen.«
Sie fanden Unterschlupf zwischen den verfallenen Mauern eines Stalls, in dem vor einigen Monaten wohl noch ein Schäfer seine Herde untergebracht hatte. In einem verwitterten Holztrog hatte man das Heu für die Tiere gelagert, jetzt stand er voll von Regenwasser, und die Halme waren zu einer fauligen Masse verkommen. Ein zum Teil eingebrochenes Dach bot den Wanderern notdürftigen Schutz gegen die Nässe.
Dualar gab den Befehl, hier das Nachtlager aufzuschlagen und ein Feuer zu entzünden, auch wenn dadurch die Gefahr bestand, dass sie entdeckt wurden. »Bei dieser Kälte holen wir uns sonst noch den Tod. Hoffen wir, dass der aufziehende Nebel uns vor unliebsamen Blicken schützt.«
Sie legten ihre Tarnumhänge ab. Tenan war froh, endlichwieder die Gesichter seiner Begleiter zu sehen, und auch Urisk grinste jeden an und bleckte sein Pferdegebiss.
Ibik und seine Männer sammelten Brennholz aus einem Wäldchen in der Nähe und brachten es heran. Tenan fragte sich, wie um alles in der Welt sie das vollkommen durchnässte Holz entzünden wollten, aber die Dan-Krieger machten sich unverdrossen ans Werk. Als sie einen großen Holzhaufen in der Mitte der Hütte aufgeschichtet hatten, holten sie Feuersteine aus ihren Bündeln und zwei länglich geformte, in braune Blätter gewickelte röhrenartige Gegenstände.
»Was ist das?« Tenan beugte sich neugierig nach vorne.
»Wir nennen sie Feuerstäbe oder auch ragnathir«, erklärte Dualar. »Sie brennen besonders heiß, sobald man sie entzündet hat, und können sogar feuchtes Holz in Flammen setzen. Sieh her!« Er schob die Stäbe unter ein Bündel Reisig und klopfte die Feuersteine ein paar Mal gegeneinander, bis Funken aufstoben, die sofort auf die Blätter der ragnathir übersprangen. Im Nu züngelten helle Flammen auf, die sich in großer Geschwindigkeit ausbreiteten. Schwarzer Qualm stieg auf, als die Feuchtigkeit mit lautem Zischen und Prasseln aus dem Holz entwich. Dann plötzlich brannte ein helles, wohlig warmes Feuer inmitten des Stalles, und Ibik legte weitere Zweige nach. Dankbar rückten alle näher heran und hielten ihre kalten Hände über die Flammen. In der Zwischenzeit bereiteten Tamrils Männer ein einfaches Mahl aus getrocknetem Fleisch, Brot und Käse, und Dualar gestattete ihnen sogar, ein paar Schluck Wein aus einem Beutel aus Ziegenleder zu trinken, der ihre Glieder von innen wärmte. Eine Weile genossen sie das wohlige Gefühl und saßen schweigend beisammen, dann legten sich Tenan und seine Freunde zum Schlafen nieder; die Dan-Krieger schürten das Feuer, während sie abwechselnd Wache hielten.
Schon bald ertönte Urisks Schnarchen neben Tenan, doch es waren eher seine Gedanken, die ihn nicht einschlafen ließen. Vor nicht allzu langer Zeit hatten er und der Fairin auf ihrem Weg von Esgalin nach Dorlin
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