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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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gäbe es eine Mauer zwischen ihr und den schwarzen Arbeitern auf Owitambe . Warum gingen sie ihr alle aus dem Weg? Wirkte sie etwa so arrogant? Sie gab sich jede Mühe, um ihnen gegenüber vorbehaltlos zu erscheinen, aber irgendwie schien ihr das nicht zu gelingen. Sie beschloss, Nancy zu fragen. Sobald sie aufgegessen hatte, begab sie sich nochmals in Nancys Reich und fragte sie nach Johannes von Sonthofen aus.
    »Bist du schon lange auf Owitambe ?«, fragte sie neugierig. Nancys breites Gesicht strahlte.
    »Oh ja«, meinte sie. »Seit Herr Johannes die Farm gekauft hat. Land gehörte meinem Stamm, aber dann hat Kapitän Samuel Maharero es an Herrn Johannes verkauft. Ich traf Herrn Johannes in unserem Kral, als er Samuel die Rinder als Bezahlung brachte. Mein Mann war gerade tot, und ich sollte die dritte Frau des Bruders meiner Mutter werden. Aber ich wollte nicht. Da bot mir Herr Johannes Arbeit auf Farm an. Ich habe es nie bereut. Bei Herrn Johannes habe ich immer genug bekommen, um meine fünf Kinder zu ernähren.« Nancys Miene verdunkelte sich plötzlich, als wäre ihr etwas Unangenehmes eingefallen.

    Jella hatte noch eine Frage auf dem Herzen. Sie war ihr fast etwas peinlich, aber sie hatte dennoch das Bedürfnis, mehr darüber zu erfahren.
    »Haben...«, die Frage fiel ihr schwer. »Haben mein Vater und Lucie hier auf Owitambe geheiratet?«, fragte sie schüchtern. Nancy bedachte Jella mit einem nachdenklichen Blick. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein«, meinte sie abrupt. »Frau Lucie war eines Tages einfach da.«
     
    Jella verließ die Küche, um in ihr Zimmer zu gehen. Dabei kam sie am ehemaligen Arbeitszimmer ihres Vaters vorüber. Die Tür war nur angelehnt. Neugierig öffnete sie sie einen Spalt weit und trat ein, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand in der Nähe war. Im Haus war es noch ganz ruhig. Lucie schien noch zu schlafen, also beschloss sie, sich ein wenig umzusehen. Auf dem schweren Eichenschreibtisch lagen allerlei Schriftstücke wie die Besitzurkunde für die Farm und einige andere Aufzeichnungen, jedoch keine persönlichen Briefe. Jella war fast etwas enttäuscht. Vorsichtig zog sie die Schubladen auf, aber der größte Teil des Inhalts lag bereits auf der Schreibfläche. Offensichtlich hatte Lucie bereits alles durchgesehen. Allem Anschein nach hatte ihr Vater auf persönliche Aufzeichnungen verzichtet. Jella hätte so gern mehr über ihren Vater erfahren. Enttäuscht wollte sie bereits das Zimmer verlassen, als ihr Blick auf eine Fotografie fiel, die halb verborgen zwischen einigen Schriftstücken lag. Sie war abgegriffen und ziemlich ausgeblichen, dennoch erkannte Jella sofort ihre Mutter darauf. Wie jung sie damals gewesen war! Bestimmt nicht viel älter als sie im Augenblick. Ein schmerzhafter Stich fuhr ihr durchs Herz. Johannes hatte ihre Mutter also nie vergessen. Wieso hätte er das Bild sonst so lange aufbewahrt? Obwohl ihm der Baron von der vermeintlichen Untreue seiner Frau berichtet hatte, hatte er nie aufgehört, seiner großen Liebe nachzutrauern. Jella
zog die Fotografie aus dem Stapel und streichelte liebevoll über das Konterfei ihrer Mutter. Sie war kleiner und zierlicher als sie gewesen, aber sie hatte ihr die irischen Augen und das energische Kinn vererbt. Ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, verbarg Jella die Fotografie in ihrer Rocktasche. Vom Gang her hörte sie Geräusche. Unauffällig verließ sie das Arbeitszimmer, aber sie war fest entschlossen, ihm zu einer günstigeren Gelegenheit noch einen weiteren Besuch abzustatten.
     
    Die Tage vergingen. Jella hatte bald die ganze Farm und das angrenzende Umland kennengelernt. Immer wieder fragte sie Lucie, wie ihr Vater denn so gewesen sei, aber Johannes’ junge Witwe verhielt sich weiterhin abweisend und erzählte nur wenig Aufschlussreiches über ihren Vater. Sie hätten sich in Grootfontein in einer Bar kennengelernt, erzählte sie. Es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen. Nach nur kurzer Bedenkzeit hätte sie seinen Antrag angenommen. Auch von Victor Grünwald erfuhr Jella nur wenig über ihren Vater. Und wenn, war es nur abfällige Kritik.
    »Ihr Vater war ein hoffnungsloser Romantiker«, bemerkte Grünwald abfällig bei einem der Abendessen, die er grundsätzlich mit den beiden Frauen einzunehmen pflegte. »Statt auf den Profit des Landes zu zielen, hat er sich um das schwarze Pack und ihre Interessen gekümmert. Man konnte fast glauben, dass es ihm peinlich gewesen war, dass er das Land den

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