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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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darauf, sondern stellte eine Gegenfrage.
    »Können wir heute den verabredeten Ausritt zum Grab meines Vaters starten?«
    »Bedauerlicherweise nein.« Lucie schien darüber selbst enttäuscht zu sein. »Grünwald hat Wichtigeres zu tun. Er und ein Trupp unserer Angestellten werden die nächsten Tage auf dem Farmgelände unterwegs sein. Tatsächlich hat sich eine Gruppe Buschleute auf Owitambe eingeschlichen und einige unserer Rinder gejagt. Grünwald selbst leitet die Strafexpedition gegen sie.«
    »Strafexpedition? Was soll das bedeuten?«
    Lucie warf Jella einen kalten Blick zu.
    »Nun, es heißt genau das, was das Wort im Allgemeinen bedeutet. Grünwald reitet aus, um diesen verfluchten Buschmännern ein für alle Mal klarzumachen, dass sie sich nicht an unserem Eigentum vergreifen dürfen.«
    Als sie Jellas erschrockenen Blick sah, fügte sie noch genüsslich hinzu: »Und glauben Sie mir, es werden mindestens so viele Buschmänner dran glauben müssen wie Rinder getötet worden sind. Auge um Auge, das ist die einzige Sprache, die diese Wilden verstehen.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Vater so etwas gebilligt hätte!«, warf Jella empört ein. »Diese Menschen kennen kein Eigentum. Woher sollen sie wissen, dass die Rinder jemandem gehören? Schließlich stehen sie auf dem Land, das schon seit Jahrtausenden ihnen gehört. Wir sind die Eindringlinge, nicht sie!«
    »Lächerliche Romantik!«, lachte Lucie verächtlich. »Um hier draußen überleben zu können, muss man das Gesetz des Stärkeren
anwenden. Ich rate Ihnen, den Tag im Schatten zu verbringen und sich an etwas Erbauungsliteratur gütlich zu tun. Das beruhigt Ihre Nerven und sicher auch Ihr Gewissen.«
    »Danke, ich habe etwas Besseres vor«, schnappte Jella empört. Plötzlich war ihr Entschluss gefasst. Alles war besser, als noch ein paar Tage länger unverrichteter Dinge auf dieser Farm zu verbringen.
    »Ich fahre mit Jakob nach Okakarara. Die Familie van Houten hat mich eingeladen. Ich werde ihr großzügiges Angebot annehmen und dort ein paar Tage verbringen. Wenn ich nach Owitambe zurückkehre, werde ich nur noch das Grab meines Vaters besuchen. Danach sind Sie mich endgültig los.«
    »Oh, Sie sind mir jederzeit willkommen«, säuselte Lucie scheinheilig. »Schließlich gehören wir doch sozusagen zu einer Familie.«
    Jella lag eine bissige Bemerkung auf der Zunge. Sie verkniff sie sich dann aber doch. Vielleicht tat sie Lucie ja unrecht. Schließlich war es eine unbestreitbare Tatsache, dass die Frau ihres Vaters sie auf Owitambe aufgenommen hatte. Vielleicht war es ihre eigene Voreingenommenheit, die sie dazu brachte, dass sie mit Lucie nicht richtig warm werden konnte.
     
    Der Empfang im Haus der van Houtens war herzlicher, als Jella es für möglich gehalten hatte. Sie hatte die Reise nach Okakarara mit ziemlich gemischten Gefühlen angetreten, nicht zuletzt wegen Fritz.
    Doch nicht er, sondern Imelda van Houten kam ihr freudestrahlend aus dem Store entgegen, noch bevor Jakob das Pferdegespann davor angehalten hatte.
    »Sie müssen Fräulein von Sonthofen sein. Wie schön, dass Sie unsere Einladung gleich angenommen haben!«
    »Es ist sehr freundlich von Ihnen, mich für ein paar Tage aufzunehmen«, entgegnete Jella verlegen. Sie stieg vom Kutschbock herab
und ließ sich von der viel kleineren, leicht drallen Frau herzlich umarmen. Imelda mochte etwa sechzig Jahre alt sein. Wie ihr Sohn war sie dunkelhaarig, doch die zu einem Dutt hochgesteckten Haare waren mittlerweile von zahlreichen silbernen Fäden durchzogen. Ihr Gesicht mit den grauen, aufmerksamen Augen legte sich bei jedem Lächeln in viele lustige Falten. Jella fand die Frau sofort sympathisch. Suchend sah sie sich nach Fritz um. Imelda bemerkte es und schüttelte leicht lächelnd den Kopf.
    »Fritz lässt sich für den Moment entschuldigen. Er kümmert sich gerade um seinen kleinen Patienten. Er wird später zu uns stoßen. Kommen Sie doch erst einmal ins Haus, und nehmen Sie eine Erfrischung zu sich.«
    Jella folgte Imelda in den Store. Der Laden war geräumiger, als es von außen den Anschein machte. Hinter einer großen Theke, unter der sich verschiedene Schubladen mit den unterschiedlichsten Inhalten, wie Knöpfe, Weckgummis, Nägel, kleinere Werkzeuge, Scheren, Kochlöffel und Nähgarn befanden, stand eine große Regalwand voller Gläser, Kochtöpfe und Kartons. Mehl- und Reissäcke lehnten an den Seitenwänden, ebenso wie Körbe mit Kartoffeln, Maniok und sogar

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