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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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veranstalteten auf ausgebreiteten Decken ein Picknick oder trafen sich zum Federballspiel. Es war lange her, dass Jella hier spazieren gegangen war.
    Donnerndes Hufgetrappel riss sie aus ihren Gedanken. Als sie sich umdrehte, war es schon fast zu spät. Eine Horde junger Offiziere preschte auf galoppierenden Pferden direkt an ihr vorüber. Sie waren dabei, sich eine wilde Verfolgungsjagd zu liefern. Einer von den Reitern ritt so nah an Jella vorbei, dass er sie streifte. Um ein Haar wäre sie wieder gestürzt.
    »Sie ungehobelter Lackaffe«, schimpfte Jella hinterher. Der Offizier hob kurz entschuldigend die Hand und war auch schon verschwunden. In gemächlicherem Tempo folgte nun die Begleitung der Offiziere. Sie bestand aus vier jungen Frauen, die sehr darauf achteten, auf ihren Damensätteln vorteilhaft auszusehen. Zu ihrem Schrecken erkannte Jella Elisabeth von Schadow, eine ehemalige Mitschülerin an der Höheren Töchterschule. Die beiden Mädchen waren einander schon damals spinnefeind gewesen. Elisabeths Familie stammte aus einem jüngeren preußischen Offiziersadel, deren männliche Mitglieder sich in einigen Schlachten und Kriegen für Kaiser und Vaterland bewährt hatten. Obwohl die Familie keinem alten Adel entstammte, fühlten sich die Schadows über die meisten adligen Familien der kaiserlichen Gesellschaft erhaben. Jella verabscheute diese einfältige Arroganz. Ihrer Meinung nach war Elisabeth dumm wie Bohnenstroh und besaß den intellektuellen
Horizont eines Eichhörnchens. Aus dieser Meinung hatte sie nie einen Hehl gemacht, worauf Elisabeth alles getan hatte, um sie in der Schule unmöglich zu machen. Von ihr hatte Jella auch die Spitznamen »Streuselkuchen« und »Irisches Kuckuckskind« bekommen. Mit dem Streuselkuchen konnte sie gut leben. Schließlich war ihre Haut von Sommersprossen übersät, aber das irische Kuckuckskind hatte sie ihr so übel genommen, dass sie sich deshalb sogar geprügelt hatten. Wenn sie nicht beide aus so angesehenen Familien gestammt hätten, wären sie damals wohl von der Schule geflogen. Diese Abreibung hatte Elisabeth nie vergessen und ihr damals ewige Rache geschworen. Jella spürte überhaupt kein Verlangen, ihr ausgerechnet jetzt zu begegnen. Schnell sah sie beiseite und versuchte ungesehen zu bleiben. Elisabeth unterhielt sich angeregt mit ihren Freundinnen. Eher beiläufig blieb ihr Blick an der ärmlich gekleideten Jella hängen. Als sie sie erkannte, überzog erst Erstaunen und dann ein schadenfrohes Lächeln ihr Gesicht. Sofort hielt sie an.
    »Sieh einmal an, wen haben wir denn da?«, sagte sie mit zuckersüßer Stimme. »Ich hätte dich um ein Haar nicht erkannt - in diesem ungewöhnlichen Aufzug.«
    Jella lächelte säuerlich. Sie nahm sich fest vor, sich nicht von Elisabeth provozieren zu lassen.
    »Du bist doch Jella von Sonthofen?«, hakte diese scheinheilig nach. »Wo ist denn dein Pferd? Ist es dir etwa durchgegangen?«
    Elisabeth sah Jella bedauernd an. »Soll ich den Herren Offizieren Bescheid geben, dass sie dein edles Tier einfangen? Wonach sollen sie denn Ausschau halten - nach einem Esel vielleicht?« Die Freundinnen, die nun ebenfalls angehalten hatten, kicherten.
    »Du weißt genau, dass ich ohne Pferd unterwegs bin.« In Jellas Augen blitzte es angriffslustig auf. »Und deine Hilfe benötige ich schon gleich gar nicht!« Elisabeth lachte hämisch auf. »Ganz die
Alte! Mit heftigen Worten hast du ja noch nie gegeizt. Aber das ist ja auch kein Wunder, wo du doch jetzt zum Lumpenproletariat gehörst!« Triumphierend sah sie ihre Freundinnen an. »Ihr müsst nämlich wissen, dass die Arme ein irisches Kuckuckskind ist, deren Mutter doch tatsächlich jahrelang versucht hat, den angesehenen Baron von Sonthofen glauben zu machen, dass ihre Tochter seine Enkeltochter sei. Der arme Kerl ist im Kummer um seinen verschollenen Sohn tatsächlich darauf hereingefallen. Zum Glück ist der Schwindel doch noch aufgeflogen, und der Baron hat das Pack dorthin verwiesen, wohin es gehört, nämlich in die Gosse! Die Geschichte füllt gerade sämtliche Klatschspalten.«
    »Du impertinente Lügnerin!«, brauste Jella auf. »Nimm das sofort zurück!«
    »Gar nichts nehme ich zurück.« Elisabeth genoss es, auf Jella herabzusehen und sie zu provozieren. »Alles ist genauso, wie ich es gesagt habe!«
    Für Jella war das Maß längst voll. Die Schmodde, Pischke und jetzt auch noch diese einfältige Elisabeth von Schadow. Hatte es denn die ganze Welt im Moment auf sie

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