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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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allerdings keine wirklichen Ambitionen. Die Arbeit für ihren Vater war nicht mehr als ein Spiel für sie. Natürlich wollte sie alles so gut wie möglich machen und schaffte das auch, aber in ihren Tagträumen jonglierte sie nicht mit Bilanzen herum wie Florence in ihrem Alter. Lilian träumte nach wie vor von der großen Liebe – leider konnte Greymouth’ bessere Gesellschaft nur wenige Jungen in ihrem Alter aufweisen. Natürlich gab es genug Sechzehn- und Siebzehnjährige unter den Bergarbeitern, aber die Söhne der oberen Schichten studierten in England oder zumindest in Christchurch oder Dunedin.
    »Du bist sowieso noch zu jung«, beschied Elaine ihr, wenn sie darüber klagte. »Werde erst mal erwachsen, dann findet sich auch der passende Mann.«
    Elaine und Tim fanden den Mangel an Junggesellen eher beruhigend. Elaine hatte ihre erste Ehe viel zu jung geschlossen, und das Ergebnis war katastrophal gewesen. Sie war fest entschlossen, Lilian solche Erfahrungen zu ersparen.
    So verging das erste Kriegsjahr ereignislos für die Lamberts. Lilian seufzte, als der Frühling verging und sich in Sachen Liebe nichts weiter abzeichnete. Die Arbeit in der Mine machte sie inzwischen fast mechanisch. Sie war immer noch tüchtig, aber sie begann sich zu langweilen und durchstöberte die Bücherregale ihrer Eltern. Zum Glück teilte sie mit ihrer Mutter Elaine die Vorliebe für eher leichte Lektüre. Elaine schimpfte nicht, wenn sie die neuesten Romane aus England bestellte, im Gegenteil – Mutter und Tochter fieberten mit den Heldinnen um ihre Geliebten.
    »Mit der Wirklichkeit hat das natürlich nichts zu tun«, meinte Elaine zwar richtigstellen zu müssen, doch Lilian träumte weiter vor sich hin.
    »Sonntag kannst du in Wirklichkeit tanzen«, meinte Tim eines Tages gutmütig, als Lilian mal wieder von Debütantinnenbällen und dramatischen Verwicklungen in ihren Romanen schwärmte. »Wenn auch nur beim Kirchenpicknick. Wir müssen uns sehen lassen, Lainie, auch beim Wohltätigkeitsbasar. Vielleicht hast du ja was beizusteuern. Wir machen eine größere Spende; es soll ja ein Gemeindehaus gebaut werden. Die Billers haben sich ebenfalls auf die Liste gesetzt und lassen sich nicht lumpen. Ganz so großzügig kann ich nicht sein, unsere Aktionäre möchten Gewinn sehen. Aber privat werden wir uns natürlich einbringen ...«
    Elaine nickte. »Ich frage den Reverend, inwiefern ich helfen kann. Ob Florence auch mal wieder zur Schöpfkelle greift?«
    Tim lachte. Es gehörte dazu, dass die Frauen der Minenbesitzer sich in der Gemeinde engagierten. Auch praktisch; reines Mäzenatentum galt in Kleinstädten wie Greymouth als Arroganz. Elaine Lambert und Charlene Gawain, die Frauen der Lambert-Minenleitung, hatten da keine Berührungsängste. Beide hatten unter den Bergleuten gelebt und gearbeitet – wobei niemand mehr ein Wort darüber verlor, dass die hoch geachtete Mrs. Gawain ehemals als Freudenmädchen angeschafft hatte. Florence Biller lag es allerdings fern, sich in Armenküchen zu engagieren, der ganze Ort hatte im letzten Jahr gelacht, als sie beim Sommerfest so ungeschickt Bowle ausgeschenkt hatte, dass sowohl ihr Kleid als auch der Feststaat der Gäste arg in Mitleidenschaft gezogen wurden.
    »Die Billers werden auf jeden Fall da sein. Ihr Ältester ist übrigens zurück aus Cambridge.« Tim schnallte seine Beinschienen ab und machte es sich vor dem Kamin gemütlich. Frühling um Frühling regnete es in Greymouth anhaltend, und das Wetter fuhr ihm in die Knochen. Es ging ihm nicht besser, als es ihm im Winter ergangen war.
    »Im Ernst? Er ist doch noch sehr jung. Hat er das Studium schon beendet?« Elaine wunderte sich. Erheblich geschickter als Florence Bowle einschenkte, goss sie Tim heißen Tee ein. Lilian suchte nach Plätzchen.
    »Er ist wohl ein ziemlicher Überflieger. Wie sein Vater.« Tim zuckte die Achseln.
    »Wie sein ...? Ach, Lily, geh doch mal eben in die Speisekammer. Hier sind keine Kekse mehr, aber Mary hat welche gebacken, die Dose im zweiten Bord links.«
    Lilian zog einen Flunsch. Sie wusste, wann sie hinausgeschickt wurde.
    »Du wirst es nicht glauben, aber der Junge sieht Caleb ähnlich«, bemerkte Tim. Er wusste, dass Lainie Klatsch liebte. »Das gleiche schmale Gesicht, der schlaksige Körperbau ...«
    »Aber haben wir nicht alle gedacht, es wäre ihr Sekretär gewesen? Der, mit dem sie zuerst so gut auskam und der dann so plötzlich gefeuert wurde, als sie schwanger war?« Elaine konnte an Caleb

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