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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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und ihre Küchenhilfe Mary Flaherty luden ihre Körbe aus, während Roly und Tim mit den anderen Autobesitzern der Gemeinde über ihre Fahrzeuge diskutierten.
    »Hilf mir lieber mit dem Korb«, pfiff Mary ihren Freund an, der sich eben damit brüstete, dass der Cadillac der Lamberts eindeutig mit der höchsten PS-Zahl aufwarten konnte. Roly fügte sich seufzend.
    Elaine begrüßte mit gezwungenem Lächeln ihre Schwiegermutter Nellie Lambert und zwang ihre Brut, artig vor ihr zu knicksen und zu dienern. Dann verschwanden die kleinen Jungs in der Menge, um gleich danach mit ihren Freunden Fangen zu spielen und zu lärmen. Lilian schloss sich ein paar Mädchen an, die Blumen für den Altar pflückten.
    Und schließlich, kurz vor Beginn des Gottesdienstes, rollte das Auto der Billers heran. Noch größer und moderner als Tims und Rolys Lieblingsspielzeug. Die Männer warfen dem riesigen Wagen denn auch begehrliche Blicke zu, während Elaine und ihre Freundin Charlene sich eher auf die Insassen konzentrierten. Auch Matt Gawain hatte seiner Frau von der bemerkenswerten Ähnlichkeit zwischen Caleb Biller und Florence’ Ältestem berichtet; deshalb hielten die beiden den Atem an, als Caleb und der Junge aus dem Wagen stiegen. Sie wurden nicht enttäuscht. Schon der etwas mürrische Ausdruck auf dem Gesicht des Halbwüchsigen erinnerte an den jungen Caleb. Elaine konnte sich noch gut an ihre erste Begegnung bei einem Pferderennen erinnern. Calebs Vater hatte ihn zur Teilnahme gezwungen, und die ganze Haltung des jungen Mannes spiegelte Furcht und Trotz.
    Auch der junge Biller schien nicht ganz freiwillig mitgekommen zu sein oder hatte sich zumindest mit seiner Mutter gestritten. Sie warf ihm unwillige Blicke zu, woraufhin er eine weitere Eigenheit Calebs widerspiegelte. Er ließ resigniert die Schultern hängen. Benjamin war sportlicher und muskulöser, aber ebenso groß und dünn wie sein Vater. Mit seinen jüngeren Brüdern, beides kleinere, kräftige Typen, die eher nach ihrer Mutter und – wie Nellie Lambert es beschönigend ausdrückte – nach dem »dunkleren Zweig der Familie Weber« schlugen, hatte er praktisch nichts gemeinsam.
    Florence scharte ihre Familie um sich. Sie war eine kompakte Frau; als Mädchen hatte sie zu einer gewissen Rundlichkeit geneigt. Inzwischen hatte sich das verwachsen. Florence’ anstrengender Job ließ ihr keine Zeit, zu oft und zu viel zu schlemmen. Zu einer Schönheit machte sie das jedoch nicht. Nach wie vor wirkte ihr Gesicht ein bisschen teigig, und trotz der Büroblässe war es voller Sommersprossen. Ihr dickes braunes Haar war zu einem strengen Knoten geschlungen, der kleine Mund unwillig verzogen. Florence zwang sich zu einem Lächeln, als sie ihre drei Jungen auf den Reverend zuschob. Die Jüngeren produzierten sofort einen schnellen, absolut lehrbuchgerechten Diener vor dem Geistlichen, während der Älteste sich renitent zeigte und die Verbeugung nur andeutete. Dann aber sah er die Mädchen, die Blumen um den Altar wanden, und seine Augen blitzten interessiert auf.
    Die kleine Rothaarige ...
    Lilian arrangierte die letzte Girlande und musterte den Altar mit gerunzelter Stirn. Ja, so konnte es bleiben. Sie wandte sich Beifall heischend zum Reverend um und blickte in klare, hellgrüne Augen. Ein längliches Gesicht, helles Haar, der durchtrainierte Körper des Ruderers, der sich jetzt straffte, als der Junge sie erkannte.
    »Ben«, sagte sie tonlos.
    Auch die Züge des Jungen spiegelten zunächst Unglauben. Aber dann ging ein fast überirdisches Lächeln darin auf.
    »Lily! Wie kommst du denn hierher?«
     

KRIEG

Canterbury Plains, Greymouth, Gallipoli, Wellington
1914–1915–1916

1
    Als ihre Sachen endlich vollständig getrocknet waren, schleppte Gloria sich in die Stadt. Sie war halb tot vor Hunger. Es wurde kühl, und sie brauchte etwas zu essen und einen Schlafplatz. Zumindest an Essen zu kommen war nicht schwierig. Es gab reichlich Restaurants, Teestuben und Garküchen in der Hafenstadt. Gloria achtete darauf, weder dem Hafen noch dem meist in der Nähe angesiedelten Rotlichtviertel zu nahe zu kommen. Sie mied auch Lokale, in denen hauptsächlich Männer saßen, egal wie appetitlich es teilweise aus den Küchen duftete.
    Schließlich entschied sie sich für eine kleine Teestube, in der eine Frau bediente. Wahrscheinlich gab es hier nur Sandwiches, aber das war besser, als sich den Blicken der Kellner und der männlichen Gäste auszusetzen. Die Teestube war fast leer,

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