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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Billers Vaterschaft nicht recht glauben.
    »Ich sag’s dir, wie’s ist, ich hab ihn gesehen. Beim Eisenwarenhandel. Matt meinte, ich sollte mir die neuen Verstrebungen selbst ansehen. Tja, und Florence hatte wohl irgendein Hühnchen mit Hankins zu rupfen ...«
    Jay Hankins betrieb die Schmiede.
    Elaine lachte. »Sie hat ihn persönlich zur Schnecke gemacht?«
    »Ab und zu braucht sie das wohl. Auf jeden Fall stand der Junge daneben und wollte vor Scham fast im Boden versinken. Auch das ist typisch Caleb. Von der Mutter hat er nur die Augen, er wirkt sehr sportlich. Soll aber ein Bücherwurm sein. Hankins meint, er hätte Literatur studiert oder so was ...«
    »Woher weiß er das?«, erkundigte sich Elaine und nahm sich einen Keks. »Vielen Dank, Lily.« Lilian stellte eben die Dose auf den Tisch.
    »Anscheinend hat Florence vorher ihren Sohn heruntergeputzt, auch in aller Öffentlichkeit. Weil er Schrauben nicht von Nägeln unterscheiden konnte oder irgend so was. Jetzt versucht sie ihn jedenfalls auf Linie zu bringen. Er soll in der Mine mitarbeiten.«
    »Aber was immer er studiert hat, er kann noch nicht fertig sein«, rechnete Elaine nach. »Er ist in Lilys Alter, ein bisschen jünger sogar ...«
    »Wahrscheinlich haben sie ihn wegen des Krieges zurückgeholt. Sein Bruder geht gar nicht nach England, den schicken sie nach Dunedin, hab ich gehört. Europa ist zu unsicher.«
    Elaine nickte. »Dieser unselige Krieg ... kommt er dir auch so unwirklich vor?« Sie rührte in ihrer Tasse.
    »Nicht, wenn ich unsere Bilanzen sehe. All die Kohle, das steht für Stahl. Und Stahl steht für Waffen und Waffen für Tod. Kanonen, Maschinengewehre ... eine ganz teuflische Erfindung! Die armen Kerle sterben da unten wie die Fliegen. Warum, habe ich immer noch nicht richtig begriffen.« Tim runzelte sorgenvoll die Stirn. »Ich bin jedenfalls froh, dass wir weit weg sind, auch wenn man mir das als Feigheit auslegen kann ...«
    Elaine lachte. »In der Beziehung kannst du dir wohl einiges leisten«, meinte sie dann, in Gedanken einmal wieder bei dem schweren Minenunglück achtzehn Jahre zuvor, bei dem Tim alles andere als feige gewesen war.
    »Und dass unsere Jungs zu klein sind, um da irgendwelchen Unsinn zu machen«, fügte Tim hinzu. Die Army warb neuerdings auch in Neuseeland und Australien Rekruten an. Das erste Aufgebot des ANZAC, des Australian and New Zealand Army Corps, sollte demnächst nach Europa verschifft werden.
    Elaine nickte und hätte dem Himmel beinahe zum ersten Mal für Tims Behinderung gedankt. Zumindest brauchte sie keine Angst zu haben, dass jemand ihren Mann in den Krieg schickte – oder dass Tim selbst auf dumme Gedanken kam.
     
    Am Sonntag hatte der andauernde Regen endlich aufgehört, und Greymouth zeigte sich wie frisch gewaschen. Die Minenanlagen verschandelten die schöne Landschaft zwar ein wenig, aber die Natur gewann die Oberhand. Farnwälder ragten bis an die Stadt heran, und am Fluss Grey gab es viele romantische Ecken. Die Kirche lag ein wenig außerhalb, und die Straßen, über die Roly das Automobil der Lamberts lenkte, führten an sattgrünen Wiesen entlang.
    »Ein bisschen wie in England«, behauptete Lilian, die sich an jenen Tag des Bootsrennens in Cambridge erinnerte. Ben sollte tatsächlich Recht behalten. Das berühmte Boat Race Cambridge gegen Oxford fiel kriegsbedingt erst mal aus. Auch nach Ruperts Abgang vom College würde Ben keine Chance bekommen, sich als Schlagmann zu profilieren.
    Die Szenerie vor der Kirche bot sich dann genau so dar, wie Lilian sie aus ihren Kindertagen in Erinnerung hatte. Männer bauten Tische auf, Frauen schleppten, fröhlich plaudernd, Picknickkörbe und suchten schattige Plätze, um die Leckereien während des Gottesdienstes zu deponieren. Da das Wetter mitspielte, machte der Reverend Anstalten, den Gottesdienst nach draußen zu verlegen. Aufgeregte Kinder breiteten Decken rund um den improvisierten Altar aus, während ihre Mütter und Großmütter die Tische für den späteren Basar schmückten. Natürlich sollten auch Kuchen versteigert und Backerzeugnisse prämiert werden. Mrs. Tanner, die sich selbst für die wichtigste Stütze der Gemeinde hielt, tuschelte mit ihren Freundinnen über die rührige Pub-Besitzerin und Puffmutter Madame Clarisse, die sich davon aber nicht irritieren ließ. Wie jeden Sonntag führte sie ihre Herde leichter Mädchen zum Gottesdienst und hatte offensichtlich vor, sich auch das Picknick nicht entgehen zu lassen.
    Elaine

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