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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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erfüllt sein«, bemerkte er.
    Lilian strahlte. »Das ist wunderbar ... das heißt, falls Sie noch Leute einstellen. Wir brauchen nämlich ganz dringend einen Job!«
    »Eine feste Stelle ist zurzeit gerade nicht vakant ... wenngleich es sein kann, dass ich heute noch jemanden rauswerfe! Aber freie Mitarbeiter kann ich immer brauchen.« Wilson nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarre.
    »Wir suchen auch eigentlich einen Job, den man neben der Arbeit an der Universität ausüben kann«, präzisierte Lilian.
    Wilson nickte. »Als ›Sprachwissenschaftler‹ verdient man wohl nicht viel?«, bemerkte er.
    Lilian sah ihn unglücklich an. »Bis jetzt gar nichts! Dabei ist Ben brillant, sagt sein Professor. Alle sagen das, er hatte auch ein Stipendium in Cambridge, aber der Krieg ...«
    »Irgendwas Gedrucktes hat Ihr Gatte bislang nicht vorzuweisen?«, fragte Wilson.
    Lilian schüttete bedauernd den Kopf. »Nein. Aber wie gesagt, er schreibt Gedichte.« Sie lächelte. »Wunderbare Gedichte ...«
    Wilson schnaubte. »Gedichte drucken wir bloß nicht. Aber ich wäre durchaus willens, mir eine der Elegien durchzulesen. Vielleicht bringt mir Ihr Gatte was vorbei ...«
    »Hier!« Lilian strahlte ihn an und kramte in ihrem Handtäschchen. Triumphierend förderte sie ein zerknittertes und fast schon brüchiges Stück Briefpapier hervor. »Das Schönste habe ich immer bei mir.«
    Sie sah Beifall heischend zu, wie Wilson das Blatt entfaltete und den Text überflog. Seine Mundwinkel zuckten dabei fast unmerklich.
    »Er macht jedenfalls keine Rechtschreibfehler«, bemerkte er dann.
    Lilian schüttelte beleidigt den Kopf. »Natürlich nicht! Außerdem spricht er Französisch und Maori und ein paar polynesische Dialekte, die ...«
    Thomas Wilson grinste. »Schon gut, schon gut, junge Frau. Ich habe begriffen, er ist die Krone der Schöpfung. Maori, sagen Sie? Dann sollte er sich doch auch ein bisschen in der Geisterwelt auskennen, oder?«
    Lilian zog die Augenbrauen hoch. »Ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen ...«
    »Es war auch ein Scherz. Aber wenn Ihr Mann Lust hätte: Wir haben da die Einladung zu einer Séance. Eine Mrs. Margery Crandon aus Boston sowie einige der Honoratioren von Auckland beabsichtigen, heute Abend ein paar Geister zu beschwören. Die Dame macht das gewerblich, sie ist ein Medium. Behauptet sie jedenfalls, und ich denke, sie würde hier gern öfter auftreten. Weshalb sie größtes Interesse an einem Bericht über die Sache hätte – wäre vielleicht was fürs Feuilleton. Aber meine Jungs haben durchweg abgewinkt, kein Mensch möchte mit Mrs. Crandon die Toten aufwecken. Und meine Freiberufler habe ich schon anderweitig verteilt. Falls Ihr Gatte also einspringen möchte, das wäre eine geeignete Probearbeit. Danach sehen wir weiter.«
    »Was ... äh ... bringt denn das finanziell?«, erkundigte sich Lilian.
    Wilson lachte. »Die Geisterbeschwörung oder der Artikel? Nun, unsere Mitarbeiter werden nach Zeilen bezahlt. Medien aber, soweit ich weiß, nicht nach Menge der beschworenen Geister ...«
    Ehe Lilian weiter nachfragen konnte, riss einer der Mitarbeiter Wilsons die Tür auf.
    »Hier sind die Texte, Chef!« Er warf einen Stapel frisch korrigierter, ziemlich unordentlich wirkender Blätter auf den Schreibtisch.
    »Hat ja lange genug gedauert«, brummte Wilson. »Also hier, junge Frau ... wie heißen Sie eigentlich? Hier ist die Einladung. Den Text will ich bis morgen um fünf auf dem Tisch haben, besser früher. Einverstanden?«
    Lilian nickte. »Ben Biller«, sagte sie noch. »Also das ist mein Mann.«
    Wilson war schon wieder mit anderen Dingen beschäftigt. »Wir sehen uns morgen.«
     
    »Ich war mal bei so einer Séance«, meinte Lily, während sie Bens einzigen und damit besten Anzug herauslegte. »In England. Am Wochenende war ich meistens bei Freundinnen, und die Mutter von einer von denen war Spiritistin. Sie hatte ständig Medien zu Gast. Einmal auch, als ich da war. Es war ziemlich unheimlich.«
    »Nun, die Frage ist doch weniger, ob es unheimlich ist, sondern vielmehr, ob es einer wissenschaftlichen Überprüfung standhält«, meinte Ben ein wenig ungehalten. Lilians Vorstoß in Sachen Job hatte ihn überrascht, erst recht der sofortige Arbeitsbeginn. Aber natürlich würde ihm das Schreiben von Texten besser liegen als das Entladen von Frachtkähnen. Obwohl Ben sich nicht sicher war, ob die Arbeit für eine schnöde Tageszeitung seinem Ruf als Wissenschaftler nicht schaden könnte.
    »Du kannst

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