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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Bräutigam auch mal ans Herz legen. Aber wir hätten hier auch Betten ...« Sie lächelte einladend.
    Jack schüttelte den Kopf.
    »Vielleicht morgen«, sagte er ausweichend und schämte sich gleich darauf für die dumme Floskel. Natürlich gedachte er auch nicht am nächsten Tag, mit der kleine Hure das Bett zu teilen.
    Hera lachte auch nur.
    »Ich komme drauf zurück!«, drohte sie.
    Jack war froh, als er flüchten konnte. Er schlief unruhig in seinem Luxuszimmer mit Meerblick und träumte von Charlotte und Hera, deren Gesichter sich in seinem Traum zu einem einzigen verbanden. Das Mädchen, das er schließlich küsste war – Gloria.
     
    Die O’Briens waren ebenso katholisch wie die Flahertys, die Eltern der Braut. Deshalb musste der langmütige Reverend der Methodistenkirche wieder mal all seine Toleranz zusammennehmen, um eine Trauung in der feierlichen Atmosphäre der kleinen Kirche zu ermöglichen. Tatsächlich öffnete er das Gotteshaus einem katholischen Amtsbruder aus Westport, und Elaine spielte – nicht unbedingt passend, aber wenigstens allgemein bekannt – 
Amazing Grace
 auf der Orgel.
    Madame Clarisse erschien mit all ihren Mädchen, und Hera lächelte Jack zu, während die hochanständigen Mütter der Braut und des Bräutigams die versammelte Belegschaft des Lucky Horse mit Verachtung straften. Die Männer wirkten durchweg verkatert, die Frauen darüber etwas verstimmt, aber schließlich weinten zumindest sämtliche weibliche Anwesende, als Rolys und Marys Jawort deutlich vernehmbar erklang.
    Jack dachte an seine Hochzeit mit Charlotte und konnte die Tränen kaum zurückhalten. Greg neben ihm weinte wie ein Schlosshund. Für ihn kam eine Hochzeit wohl kaum in Frage. Das Mädchen, mit dem er vor Gallipoli ausgegangen war, hatte ihn nach seiner Rückkehr verlassen. Und wie hätte er auch eine Frau ernähren sollen?
    Nach der Trauung gab es ein Essen im Lucky Horse, das nun die Langmut Madame Clarisse’ bis ins Letzte forderte, denn Mrs. O’Brien und Mrs. Flaherty besetzten die Küche.
    »Mit den beiden in Gallipoli hätten wir gewonnen«, bemerkte Elaine, die kurz in die Schusslinie geraten war. »Madame Clarisse hat schon Angst, dass sie heute noch alle ihre Schäfchen zum Katholizismus bekehren. Jedenfalls werden Charlene und ich eindeutig nicht gebraucht. Wo ist der Champagner?«
    Sie sah sich vergnügt im Schankraum um, den sie zuvor gemeinsam mit ein paar anderen Frauen und Mädchen festlich mit Blumen und Girlanden geschmückt hatte. Putzen mussten sie nicht, das erledigte Madame Clarisse’ Küchenpersonal. Das Lucky Horse war immer untadelig sauber. An diesem Tag hatte man einen Teil der Tische zur Seite gestellt und in der Mitte des Lokals eine Tanzfläche geschaffen. Roly und seine Mary standen dort aufgeregt und nahmen die Glückwünsche und Geschenke der Gäste entgegen. Mary nippte am ersten Champagner ihres Lebens, sie sah in ihrem cremefarbenen Hochzeitskleid wunderhübsch aus. Natürlich stammte es aus der Werkstatt von Rolys Mutter, die sich damit wieder mal selbst übertroffen hatte. Niemand beherrschte die Technik der neumodischen Nähmaschinen so perfekt wie sie.
    Mrs. Flaherty brillierte dagegen am Kochherd. Selbst die Stammgäste des Lucky Horse mussten einräumen, noch nie so gut gegessen zu haben.
    Tim Lambert hatte den Champagner gestiftet, aber die Mehrheit der Gäste hielt sich wieder an Whiskey. Jack wunderte sich, dass Hera, die den Fusel offensichtlich literweise trank, nicht davon betrunken wurde.
    Elaine und Charlene, die dralle, schwarzhaarige Gattin Matthew Gawains, wollten sich darüber ausschütten vor Lachen. Die Frauen hatten sich zu Jack gesellt, der allein an einem der Tische saß. Die anderen Männer standen noch an der Bar.
    »Madame Clarisse’ Mädchen trinken gar nicht«, erklärte Charlene. »Oder jedenfalls nur sehr maßvoll. Samstag nach der Schicht gab’s immer ein Glas, nicht, Elaine?«
    Elaine nickte. »Und ich hab’s genossen. Dabei habe ich nur Klavier gespielt. Aber im Ernst, Jack, in Heras Glas ist bloß schwarzer Tee. Heute ist es zwar anders, weil Roly alles bezahlt, aber gewöhnlich kriegen die Mädchen ein paar Cent für jedes Glas, zu dem die Männer sie einladen. Das ist ein ansehnliches Zubrot – selbst ich bin an manchen Abenden fast im Tee ertrunken.« Sie lächelte in beinahe wehmütiger Erinnerung. Jacks Blicke folgten immer noch Hera, die mit einem Mann nach dem anderen tanzte. Wie eigentlich überall an der Westküste gab es

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