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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Sie sich mal wieder im Baströckchen?«
    Er griff lachend nach Glorias feuchtem Haar und zwirbelte eine Strähne zwischen den Fingern.
    Gloria tastete nach ihrem Messer, aber sie hatte es nicht bei sich. Gerade an diesem Tag ... sie hatte versäumt, es aus der Tasche ihrer alten Lederjacke zu nehmen und stattdessen in die des Regenmantels zu stecken. Obendrein hatte sie den nassen, schweren Wachsmantel abgestreift, als sie ihr Pferd in den Stall führte. Gloria verfluchte sich für ihren Mangel an Vorsicht. Sie hatte angefangen, sich sicher zu fühlen. Ein Fehler.
    »Lassen Sie die Hände von mir, Mr. Wilkenson!« Sie sprach so streng und beherrscht, wie sie konnte, doch ihre Stimme zitterte.
    »Ach, und wenn nicht? Wirfst du dann einen Fluch über mich, kleine Maori-Prinzessin? Damit kann ich leben.« Blitzschnell umfasste er ihre Oberarme. »Komm, Pocahontas! Ein Kuss! Dafür hol ich dir dein Pferdchen.«
    Gloria warf den Kopf hin und her und biss nach dem Mann, der sie jetzt lachend auf ein paar Strohballen drückte. Nimue und die jungen Hunde kläfften, Ceredwen trat unruhig von einem Huf auf den anderen. Die Männer in der Scheune johlten.
    Plötzlich wurde die Tür nach draußen aufgerissen. Jack McKenzie stand im Eingang, die tänzelnde Princess am Führstrick. Bruchteile von Sekunden starrte er auf das Durcheinander im Stall, dann war er mit zwei Schritten bei Gloria, während das Pony kopflos nach draußen stürmte. Jack riss Wilkenson herum und überlegte nicht lange. Sein rechter Haken saß perfekt.
    »Sie werden gar nichts holen«, sagte er dann. »Sie sind fristlos entlassen!«
    Wilkenson schien kurz darüber nachzudenken, zurückzuschlagen. Er war nicht größer als Jack, aber um etliche Kilo schwerer und zweifellos stärker. Aber dann erschien es ihm doch zu gewagt, sich mit Gwyneiras Sohn einzulassen. Er hielt sich zurück und grinste.
    »Wer sagt denn, dass die kleine Maus nicht freiwillig mitgemacht hat?«, fragte er.
    Jack überlegte nicht lange und schlug erneut zu. So schnell und präzise, dass er Wilkenson ein zweites Mal überraschte. Gloria griff instinktiv nach dem Messer, das zum Öffnen der Heubunde neben der Tür zur Scheune hing. In ihren Augen stand ein irrer Glanz. Sie näherte sich Wilkenson, der sich nur mühsam aufrappelte. Er war unglücklich gefallen. Sein rechter Arm schien verletzt zu sein. Mit dem linken versuchte er, sich aufzurichten.
    »He, Kleine, wir können doch darüber reden ...«
    Gloria schien Meilen weit weg zu sein. Sie schritt mit gezücktem Messer langsam auf den Mann zu, als habe sie eine heilige Mission.
    Jack sah den Ausdruck in ihren Augen. Er kannte ihn. Mit diesem fanatischen und doch leeren Blick waren die Männer aus den Schützengräben gesprungen – keinen anderen Gedanken mehr im Kopf, als zu töten.
    »Gloria ... Gloria, dieser Abschaum ist es nicht wert! Gloria, leg das Messer hin!«
    Gloria schien Jack nicht zu hören. Und Jack musste eine Entscheidung treffen. Gloria verstand, das Messer zu werfen. Jack hatte beobachtet, wie sie diese Fertigkeit übte. Spielerisch als Kind und auch in den letzten Monaten, allerdings weniger spielerisch. Jack hatte ihr heimlich zugesehen, und sie hatte todernst gewirkt.
    Er musste sie aufhalten. Aber er wollte ihr nicht in den Arm fallen. Auf keinen Fall der nächste Mann sein, der sie angriff oder auch nur ohne Erlaubnis berührte. Jack schob seinen Körper zwischen Gloria und Frank Wilkenson.
    »Gloria, tu’s nicht. Es sind nicht alle gleich. Ich bin Jack. Du willst mir nichts tun.«
    Einen Herzschlag lang dachte er, dass sie ihn nicht erkannte. Aber dann kam Leben in ihre Augen.
    »Jack, ich ...« Gloria sank schluchzend auf einen Heuballen.
    »Es ist alles gut.« Jack sprach sanft, aber er wagte immer noch nicht, sie zu berühren.
    Stattdessen wandte er sich Wilkenson zu.
    »Wird’s bald? Schwingen Sie Ihren Hintern hoch, und verschwinden Sie von dieser Farm!«
    Wilkenson schien die Gefahr nicht hundertprozentig wahrgenommen zu haben. Er starrte Jack nach wie vor zornig an. »Aber eins muss Ihnen klar sein, McKenzie. Wenn ich gehe, nehm ich mindestens drei Männer mit ...«
    Er wandte den Blick zu Tailor und seinen anderen Saufkumpanen.
    Jack zuckte die Schultern. »Meinen Sie diese Mistkerle in der Scheune? Da brauchen Sie Ihren Einfluss gar nicht geltend zu machen. Die sind nämlich ebenfalls entlassen. Geben Sie sich keine Mühe, ich habe die Anfeuerungsrufe gehört. Mitgefangen, mitgehangen. Und jetzt raus

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