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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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aufbrechen.« Jack versuchte, sich zu erheben, doch ihn schwindelte schon, als er sich nur aufrecht setzte. Schwer atmend fiel er zurück auf sein Lager.
    Gloria legte eine weitere Decke um ihn. »Du wirst hierbleiben«, bestimmte sie. »Ich mache das mit den Schafen.«
    »Und den Männern?«, fragte Jack leise.
    Gloria nickte bestimmt. »Und den Männern!«
    Ohne seinen Widerspruch abzuwarten zog sie einen weiteren Pullover und ihren Regenmantel über und verließ das Zelt.
    »Alles in Ordnung, Leute? Ruhige Nacht?«
    Glorias Stimme klang aufmunternd und beherrscht. Wenn sie sich fürchtete, verstand sie es zumindest gut zu kaschieren. Doch der Blick aufs Lager machte ihr Mut. Die Männer hockten verfroren vor ihren Zelten – ganz sicher stand hier niemandem der Sinn danach, einem Mädchen zu nahezutreten. Die Schafe und Pferde grasten rund um das Lager, bewacht von den jungen Hunden und den Sheepdogs der Männer.
    Paora, der älteste der Maoris, nickte Gloria zu. »Alle Lämmer sind am Leben. Und zwei Schafe haben nachts noch geworfen. Ein Lamm ist gestorben, die anderen sind wohlauf. Wir haben sie auch mit ins Zelt genommen. War recht voll.«
    Gloria wartete auf eine Anspielung sie und Jack betreffend, aber die Frank Wilkensons und Bob Tailors hatten ihre Truppe ja Gott sei Dank verlassen. Das gab Gloria Mut für die anstehende Erklärung.
    »Wir werden Tee trinken und dann ausreiten und so viele Tiere eintreiben wie möglich. Das Wetter von gestern kann jederzeit wiederkommen. Aber Mr. Jack ist krank. Er muss im Zelt bleiben. Wiremu, du kümmerst dich um ihn ...«
    Wiremu warf Gloria einen gequälten Blick zu. »Ich bin kein Arzt, ich ...«
    »Du hast ein paar Semester studiert und bist Rongo Rongo zur Hand gegangen. Jeden Sommer – sie hat es mir erzählt. Und du bist entbehrlich beim Viehtrieb.« Gloria blockte jede weitere Diskussion ab, indem sie sich gleich an die anderen Männer wandte. »Paora und Hori, ihr bildet Teams mit Willings und Carter und reitet die Gegenden ab, in denen die Schafe sich sonst meist sammeln. Anaru geht mit Beales ... warst du mal mit auf dem Viehtrieb, Anaru? Nicht? Aber natürlich warst du mit auf der Wanderung, die Gegend solltest du kennen. Lass dir von Paora sagen, wo die besten Chancen bestehen, größere Herden zu finden. Rihari reitet mit mir.«
    Rihari, Maramas mittlerer Sohn, war ein guter Reiter und Fährtensucher und besaß einen Mischlingshund, der sich auch bei der Jagd bewährte. »Wir suchen weiter oben in den Bergen nach versprengten Tieren. Kuri und Nimue sollten sie wohl aufspüren. Paora und Hori – ihr habt eure eigenen Hunde. Anaru, Willings, Carter und Beales nehmen je einen der Junghunde. Sie sind sehr leicht zu führen. Und ihr kennt ja die gängigen Signalpfiffe.«
    Um sicherzugehen, dass dies wirklich der Fall war, führte Gloria die wichtigsten Pfiffe kurz vor und war stolz, als daraufhin jeder der Welpen perfekt reagierte. Die Hunde der Maoris hörten mitunter auf Befehle in der Sprache ihrer Herren, und Gloria erinnerte sich, dass ihr Grandpa James seine Sheepdogs stets auf Gälisch dirigiert hatte. Gwyneira hatte jedoch von Anfang an darauf bestanden, die Jungtiere nach einem standardisierten System auszubilden. Gloria hatte das stets als einengend und langweilig empfunden, aber jetzt verstand sie den Sinn. Sheepdogs aus Kiward Station arbeiteten mit jedem Führer; sie wurden darauf getrimmt, sich schnell anzupassen und sofort nützlich zu sein.
    Jack nickte ihr anerkennend zu, als sie mit einem Becher Tee in sein Zelt kam. »Genau so hätte ich es auch gemacht, Glory«, sagte er sanft. »Aber ich hätte dich nicht allein in die Berge geschickt. Bist du sicher ...?« Er wärmte seine Hände an dem heißen Tongefäß.
    Gloria verdrehte die Augen. »Unten bin ich zu nichts nütze. Weder Rihari noch ich kennen die Täler, in denen die Herden sich sonst rumtreiben. Wir könnten höchstens andere Teams verstärken, aber die sollten auch ohne uns auskommen. Wenn wir die Pässe hinaufreiten, können wir Dutzende von Tieren retten.«
    »Sei vorsichtig.« Jack streifte ihre Hand mit den Fingern.
    Gloria lächelte. »Und du bist brav und hörst auf Wiremu, ja? Er gibt es nicht zu, aber Rongo meint, er wäre ein 
tohunga
. Er ist bloß verbittert, weil es auf der 
pakeha
-Universität nicht geklappt hat. Er spielt den Jäger und Fallensteller, statt das zu tun, was er will und kann.«
    »Hört sich nicht so an, als würdest du ihn hassen«, meinte Jack

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