Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
Vom Netzwerk:
wollte sie der anderen sogleich wieder an die Gurgel. Damian packte sie vorsichtshalber am Arm.
    »Nun beruhige dich doch erst mal«, redete er auf Patricia ein. »Was immer auch vorgefallen sein mag – das kann man doch anders regeln, Himmel noch mal! Ihr könnt euch doch nicht prügeln wie die kleinen Jungen!«
    »Ich hab nicht damit angefangen«, verwahrte sich Emily hoheitsvoll. »Die da hat mich ohne Grund angegriffen!« Demonstrativ rieb sie einen unsichtbaren Fleck an ihrem Revers weg.
    »Ruhe jetzt«, befahl Damian und Emily verstummte eingeschüchtert.
    Damian schaute von einer zur anderen und schüttelte den Kopf.
    »Mann, oh Mann, ich hab gedacht, ich seh nicht recht! Zwei junge Damen, die sich schlägern wie eine Stammtischrunde in der Kneipe!« Er merkte, dass der Witz nicht ankam – keines der beiden Mädchen fand ihn lustig, Damian eigentlich auch nicht. Er fixierte die beiden Kontrahentinnen verärgert.
    »Klasse Vorstellung habt ihr da gegeben, wirklich! Sagt mal, habt ihr eigentlich noch alle Tassen im Schrank?«
    Patricia bemerkte erst jetzt, dass sich im Hintergrund eine ganze Reihe Zuschauer versammelt hatte. Sämtliche Kinder, die sich in der Nähe aufgehalten hatten, glotzten mit großen, neugierigen Augen herüber.
    Damian hingegen war ernstlich böse.
    »Und? Kein Kommentar dazu?« Seine Stimme klang scharf.
    Patricia biss sich auf die Lippe. Sie wusste selbst, dass sie zu weit gegangen war.
    Emily indessen fühlte sich wieder obenauf.
    »Ich erzähl das meinem Vater«, verkündete sie giftig. Sie warf Patricia einen bösen Blick zu. »Und der wird dir schon klarmachen, was Sache ist.«
    »Emily!« Damian sagte es ganz ruhig, aber seine Augen funkelten bedrohlich.
    Emily kniff die Lippen zusammen und drehte sich um. »Phh!«, konnte Patricia sie noch sagen hören, als sie lässig zurück zu ihrem Warteposten an der Einfahrt schlenderte.
    Damian schaute Patricia an. Seine Miene ließ keinen Zorn mehr erkennen. Nur Nachdenklichkeit.
    Patricia sah zu Boden. »Sie hat Dallis wieder misshandelt«, sagte sie leise.
    Damian seufzte. Dann ließ er Patricias Arm los.
    »Ich hatte dich gebeten, dich nicht einzumischen. Du weißt doch, wie die Lage ist.«
    »Ja, ich weiß es!« Patricia wurde wieder wütend. »Bloß kein Widerspruch, nicht wahr, weil Madame ja das Geld heranschafft! Was zählt da schon ein dummes Pony?«
    »Patricia . . .« Damian sah hilflos drein.
    »Spar dir die Mühe.« Patricia straffte sich. Sie war wieder ganz ruhig, als sie Damian fest anblickte. »Ich hab schon verstanden.«
    »Patricia, bitte! Emily ist jetzt vielleicht noch eine Woche lang da, die übersteht Dallis irgendwie! Und für die nächsten Ferien lassen wir uns was einfallen, das verspreche ich dir!«
    Patricia schaute in die Ferne. Ihr Gesicht war ganz starr.
    »Ja, natürlich«, sagte sie. »Kein Problem. Es ist ja nur ein Pferd.«
    Damian schwieg. Sein Blick war traurig.
    Patricia wandte sich zum Gehen.
    »Du entschuldigst«, meinte sie, »ich muss mich um Dallis kümmern.«
    Damian sah ihr hilflos nach, als sie langsam zurück in den Hof ging.

20.
    Als Patricia am nächsten Morgen Dallis vergeblich auf der Koppel suchte, ahnte sie Schlimmes.
    Emily hatte sie doch nicht tatsächlich schon wieder für sich angefordert?
    Patricia stützte die Ellenbogen auf den Koppelzaun und starrte zu den Ponys hinüber. Der Falbe schaute kurz auf, doch er wusste inzwischen, dass Patricia nichts für ihn mitbrachte und ihn nie besonders beachtete, deshalb kam er schon gar nicht mehr an den Zaun.
    Patricia dachte auch nicht an ihn. Ihre Gedanken kreisten um Dallis.
    War sie tatsächlich mit Emily unterwegs? Und wenn ja – was hatte die Graue dann wohl alles auszustehen?
    Patricia stöhnte unwillkürlich auf. Sie konnte Dallis’ Leiden beinahe körperlich spüren und das machte sie fertig. Sie hatte es sich so leicht vorgestellt, die Stute zu beschützen, doch nun musste sie sich eingestehen, dass sie in Wirklichkeit genauso hilflos war wie die Graue. Emily saß einfach am längeren Hebel, so widerwärtig ihr diese Erkenntnis auch war. Das bedeutete, es würde unverändert weitergehen, umso mehr, da Patricia sich darüber so herrlich aufregte. Das hatte Emily ihr schließlich sehr deutlich zu verstehen gegeben.
    Und Damian hatte ebenso unmissverständlich mitgeteilt, dass weder er noch sonst jemand, der auf dem Hof etwas zu sagen hatte, etwas dagegen unternehmen würde.
    Was sollte sie nur tun?
    Sie konnte Emily natürlich

Weitere Kostenlose Bücher