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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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stieß.
    »Ich merk’s«, prustete sie und taumelte ein wenig, als Sonny nun den Kopf an ihr rieb.
    »Nicht so stürmisch«, sagte Ethan zu dem Braunen, saß ab und drängte ihn dann ein wenig zur Seite. »Du schmeißt das arme Mädchen ja um!«
    »Bist du auf dem Weg zu Silas?«, fragte ihn Patricia.
    Ethan hob die Schultern. »Mal sehen. Kann sein, dass ich bei ihm reinschaue.« Er sah Patricia an. »Aber eigentlich dachte ich...ich guck mal, ob du dich hier vielleicht irgendwo rum-treibst.« Er sprach in lockerem Ton, doch seine Augen blickten ernst, fast ein wenig verlegen, als er hinzufügte: »Ich dachte mir nämlich schon, dass ich dich hier finde.«
    Patricia stockte der Atem. Hatte sie sich verhört?
    Ein wenig mühsam lächelte sie. »Wolltest du mich denn finden?«
    Sie fand ihre Frage im gleichen Moment ziemlich dumm und eine leichte Panik, die sie plötzlich überfiel, ließ sie erröten. Was würde Ethan erwidern?
    Ethan antwortete nicht sofort.
    »Wäre das denn schlimm?«, fragte er dann.
    Seine Stimme war weich, seine Augen hielten die ihren fest und Patricia merkte, wie es in ihrem Bauch wieder zu kribbeln begann. Irgendetwas war da auf einmal. Etwas Neues, Unbekanntes.
    Aber wenn sie ehrlich zu sich war, musste sie sich eingestehen, dass es ihr nicht unangenehm war. Ganz im Gegenteil.
    Ihr Herz klopfte auf einmal so stark, dass sie es richtig spürte, und ihre Stimme schien eingerostet, sodass sie sich erst räuspern musste.
    »Nein«, sagte sie leise. »Das wäre nicht schlimm.«
    Sie schauten sich an.
    Er hat wirklich schöne dunkle Augen, dachte Patricia, während das Kribbeln immer intensiver wurde. Sie merkte nicht, dass ihr Gesicht brannte, ihr Herz bis hinauf in ihre Kehle schlug und sie kaum atmen konnte. Doch das Gefühl, das sich in ihr ausbreitete und sie mit Wärme füllte, spürte sie bis in die allerletzten Nervenfasern. Patricia wusste nicht, was Ethan in diesem Moment dachte, sie sah nur seinen Blick auf ihrem Gesicht liegen. Ein Blick so voll Wärme und Sehnsucht, dass sie ihn beinahe als körperliche Berührung wahrnahm.
    Was machen wir da?, dachte Patricia, doch eigentlich wusste sie es.
    Sie standen einander gegenüber, und obwohl sie sich nicht berührten, war da etwas, das sie unauflöslich miteinander verband.
    Die Welt schien stillzustehen.
    Sonny unterbrach sie abrupt, als er von hinten an Ethan herantrat und ihm ins Genick blies.
    »Na, was hast du denn vor?« Ethan, im ersten Moment leicht erschreckt, drehte sich um.
    Sonny sah so unschuldig drein, als wollte er sagen: »Ich? Ich hab doch gar nichts gemacht!« Ethan und Patricia brachen in Lachen aus.
    »Mensch, Sonny«, meinte Ethan und klopfte ihm den Hals. »Hast du schon mal was von Privatsphäre gehört?«
    Die Spannung war gebrochen und Patricia wusste nicht so recht, ob sie erleichtert oder enttäuscht sein sollte.
    Sie holte tief Atem. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass Ethan ähnlich aufgewühlt sein musste wie sie.
    So fühlt sich das also an, dachte Patricia, als sie zusah, wie Ethan dem Braunen ein paar Kletten aus der Mähne zupfte. Ein merkwürdiges Gefühl. Aber irgendwie schien es, als habe sie schon sehr lange darauf gewartet.
    »Ich muss jetzt mal langsam zum Hof rüber und gucken, wo Dallis ist«, sagte sie ein wenig verlegen.
    Ethan schaute sie an. »Darf ich dich begleiten?«
    Patricia wunderte sich, dass so eine harmlose Bemerkung ein derartiges Glücksgefühl in ihr auszulösen vermochte.
    »Klar«, meinte sie warm. »Ich freu mich.«
    Und das Lächeln, das sie tauschten, enthielt alles.

21.
    Später erschien es Patricia, als wären diese zehn Minuten, die sie brauchten, um den Hof zu erreichen, die erste und zugleich letzte wirklich glückliche Phase gewesen, die sie seit Gavins Unfall erlebt hatte. In den darauf folgenden Tagen überlegte sie sogar manchmal, ob sie es vielleicht nur geträumt hatte. Als Traum empfand sie es ohnehin.
    Patricia und Ethan redeten nicht viel, während sie langsam nebeneinander herliefen. Sonny trottete gemächlich hinter ihnen her, zupfte ab und zu ein paar Halme vom Wegrand und schnaubte ihnen auch das eine oder andere Mal freundlich ins Genick.
    Trotz des Schweigens kam es Patricia so vor, als flögen die Fragen und Antworten nur so zwischen ihnen hin und her. Eine tiefe Wärme erfüllte sie und ein Gefühl der Vertrautheit, als ob sie Ethan schon ihr ganzes Leben kannte.
    Vielleicht ist es das, dachte Patricia bei sich. Vielleicht habe ich auch die ganze

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