Der Ruf der Steine
»Wir stellen unsere Maschinen jedenfalls nie in Arbeitsposition ab!«
»Dieses Mal offenbar doch!«
Flanagan blinzelte, als ob er nachdenken müsste, und schüttelte dann wie erleuchtet den Kopf. »Ich an Ihrer Stelle würde den Teufel tun und mein Kind auf einem Bagger spielen lassen, wenn beide Enden in die Luft ragen.«
Flanagans Unterstellung lähmte Peter. Offenbar wollte der Mistkerl die Sache umdrehen, andererseits hatte er Recht. Peter hatte nicht darauf geachtet, ob beide Enden am Boden waren, er war einfach davon ausgegangen. Genau das schärfte er seinen Studenten unentwegt ein – man durfte nichts als gegeben annehmen, das verursachte nur Probleme. Die Grabung hatte ihn abgelenkt, und er hatte nicht sorgfältig genug geprüft, ob das Ding auch wirklich sicher war. Und nun wollte er sämtliche Verantwortung auf Flanagan abladen – nur weil er nicht gegen die Botschaft auf dem Küchenboden verstoßen wollte. In der Nacht, als er Linda trotz Eisregen hatte davonfahren lassen, hatte er sich genauso verhalten. Durch deinen Leichtsinn bringst du das Liebste um, was du besitzt, dachte er.
»Ich habe Ihnen bereits einmal gesagt, dass Sie hier nichts zu suchen haben«, sagte Flanagan. »Vielleicht haben Sie jetzt Ihre Lektion gelernt und verschwinden endlich.«
Zum zweiten Mal innerhalb einer Viertelstunde zuckte Peters Körper, bevor er nachdenken konnte. Auf eine Hand gestützt, sprang er über den Schreibtisch und packte Flanagan am Hemd.
»Weil wir Ihren Zeitplan durcheinander bringen, haben Sie einen Unfall inszeniert!« Er drängte den Mann gegen die Wand.
»Das habe ich nicht getan! Sie sind ja verrückt!«
»Dann eben einer Ihrer Männer.«
»Niemand hat etwas getan!«
»Dann erklären Sie mir die geschmolzenen Kabel!«
Flanagan stöhnte unter Peters Griff. »Ich habe keine Ahnung, verdammt! Es war eben ein Unfall.«
»Hey!«, rief jemand von draußen. Jimmy P. stieß die Tür auf. Zwei Männer folgten ihm, und dahinter tauchte Jackie Kellehers Gesicht auf.
»Befreit mich von diesem Verrückten!«, röchelte Flanagan, als ob ihm gleich die Luft ausginge.
Peter warf ihn wie einen Sack Mehl auf seinen Schreibtischstuhl.
Jimmy P. und einer der Männer packten Peters Arme. »Okay, okay. Nicht so hitzig, ja?«
Leichenblass stand Flanagan auf. Sein Hemd war zerrissen. »Dieser Verrückte stürmt hier herein und beschuldigt mich, sein Kind umbringen zu wollen! Werft den Scheißkerl vor die Tür!«
Bevor sie Peter wegziehen konnten, schlug Flanagan ihm mit dem Handrücken ins Gesicht. »Das ist für das zerrissene Hemd, Sie Idiot!«
Peter wollte sich erneut auf Flanagan stürzen, doch die Männer hielten ihn zurück, und der dritte versperrte dem verwirrt dreinschauenden Jackie den Weg.
»Ein bisschen frische Luft wird Ihnen gut tun«, sagte Jimmy P. und zog Peter zur Tür.
Kurz davor drehte Peter sich zu Flanagan um. »Sie sind der Einzige auf der Insel, der uns nur zu gern loswerden möchte.«
»Schon wieder falsch, Idiot. « Die Betonung war nicht zu überhören. »Alle wollen, dass Sie verschwinden!«
Jimmy P. und die beiden anderen Männer drängten Peter hinaus. Das Sonnenlicht blendete ihn. Ein halbes Dutzend Männer mit silbernen Helmen auf dem Kopf lehnten mit verschränkten Armen am Pick-up und starrten Peter und Jackie reglos an. Wie abschussbereite Granaten sahen sie aus.
Niemand sagte ein Wort, und niemand rührte sich. Peter spürte, wie die Blicke ihnen folgten. Jeder dieser Männer konnte es getan haben. Mit oder ohne Flanagans Zustimmung. Der gutmütige Jimmy P. genauso wie der Typ, der mit steinerner Miene seinen anderen Arm umklammerte. Vielleicht gab es sogar eine Verschwörung, weil niemand wollte, dass die Arbeiten wegen wichtiger Funde aus der kolonialen Vergangenheit länger unterbrochen wurden. Zwanzig Tage lang mit sechzig feindlich gesinnten Arbeitern auf einer Insel isoliert zu sein behagte Peter ganz und gar nicht. Was kam wohl als Nächstes? Ein umstürzender Kran? Oder eine Sprengladung, die leider ein Stück zu dicht bei ihnen angebracht worden war? (»Was soll ich dazu sagen? Es war ein Unfall. Das Kind hatte dort nichts zu suchen.«)
»Ich weiß lediglich«, sagte Jimmy, nachdem sie ihn losgelassen hatten, »dass alle Hebel in Parkstellung standen. Und die Bremse habe ich angezogen. Das mache ich ganz automatisch.«
»Lassen Sie auch immer die Schlüssel im Zündschloss stecken?«
»In diesem Fall habe ich es getan, weil man mir sagte, dass dieser
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