Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
Vom Netzwerk:
Haar hätte ich ihn verloren. Wenn er über die Klippe gestürzt wäre, wäre ich ihm gefolgt.
    Das Kind. Es geht womöglich irgendwohin, wo es nichts verloren hat.
    »Warum hat der Bagger das gemacht, Dad? Ich habe doch nichts getan.«
    Hier ist es gefährlich.
    Gefährlich.
    »Es war ein Unfall, mein Schatz. Nur ein Unfall. Vielleicht bist du gegen die Handbremse gestoßen. Es ist ja vorbei.«
    Und dann hat sein Herumhopsen das Ding in Bewegung gesetzt, dachte er. So muss es passiert sein. Auf einer so geringen Steigung hätte die Schaufel den Bagger eigentlich stabilisieren müssen. Wenn der Bagger nicht benutzt wurde, wurde die Schaufel abgesenkt. Peter konnte sich erinnern, dass sie unten war, als Andy in das Führerhaus geklettert war. Dessen hatte er sich wegen möglicher neuer Alpträume als Erstes versichert. Die Gabel ragte empor, aber die Schaufel war abgesenkt. Dessen war er sich sicher. Er hätte sein Leben darauf verwettet.
    »Warum ist er einfach losgerollt?«
    Er drückte Andy.
    Aus dem Augenwinkel sah er, wie Jackie unter dem Bagger hervorkroch und nur den Kopf schüttelte. »Was ist los?«, fragte Connie.
    Jackie antwortete nicht und zog nur ein Gesicht. Dann kam er zu Peter herüber. Und als Andy seinen Kopf wieder an Peters Hals schmiegte, gestikulierte Jackie mit zwei Fingern. Einen Moment lang begriff Peter überhaupt nichts, doch dann traf ihn die Erkenntnis wie ein heftiger Erdstoß.
    Die Bremsleitungen waren durchtrennt worden.

 

    7
    Peter rannte in großen Sätzen den Abhang hinunter.
    Unten fuhr ein mächtiger Laster zu den Hügeln jenseits der Marschwiesen hinüber. Jimmy Piscatano saß am Steuer. Peter hatte ihn am Tag zuvor kennen gelernt. Alle nannten ihn nur Jimmy P. Als er Peter winken sah, hielt er den Wagen an und nahm seine Ohrenschützer ab.
    »Wo ist Flanagan?«, schrie Peter ihm zu.
    »Keine Ahnung. Ist alles in Ordnung?«
    »Nein.«
    Jimmy P. sah auf die Uhr. »Versuchen Sie es im Wohnwagen. Er macht sicher Mittagspause.« Er deutete zum großen Kran hinüber.
    Peter rannte weiter.
    Ein Wohnwagen aus schimmerndem Aluminium mit der Aufschrift PORO CONST. und davor stand ein einsamer Pick-up. Flanagans Pick-up. Niemand war zu sehen, und Tür und Jalousien waren geschlossen.
    Peter stieg die drei Stufen empor und stieß die Tür mit lautem Knall auf. Flanagan saß mit der Zeitung hinter seinem Schreibtisch und verzehrte ein Sandwich und Käsechips. Erschrocken sah er hoch. »Was, zum Teufel, fällt Ihnen ein, hier so hereinzuplatzen?«
    »Jemand hat den Bagger manipuliert.«
    »Was hat jemand?«
    »Sie haben mich genau verstanden. Jemand wollte, dass wir einen Unfall haben. Mein Sohn wurde beinahe getötet.«
    »Niemand hat irgendetwas manipuliert, Sie Idiot.«
    »Hören Sie zu, Flanagan. Ich versuche, Ihnen zu sagen, dass die Bremsleitung geschmolzen ist. Sie ist nicht mehr vorhanden.«
    »Ach was! Als Jimmy P. den Bagger gestern Abend dort oben abgestellt hat, hat die Bremse noch funktioniert.«
    Für Sekunden plagte Peter die Vision, wie Flanagan mit einer Lötlampe unter dem Bagger lag. »Dann kommen Sie mit und sehen Sie sich die Sache mit eigenen Augen an.«
    »Den Teufel werde ich tun. Ich habe Pause, Sie Idiot.«
    Peter stützte beide Hände auf den Schreibtisch und beugte seinen Kopf ganz nah zu Flanagan hinüber. »Mein Kind ist beinahe umgekommen«, sagte er dicht vor seinem Gesicht, »weil Ihre verdammte Maschine plötzlich losgefahren ist. Verstanden? Und wenn Sie mich noch ein einziges Mal Idiot nennen, werde ich Sie zusammenschlagen, bis Sie sich nicht mehr rühren!«
    Flanagans Lippen setzten sich in Bewegung, doch dann besann er sich. Er war zwar größer als Peter und schwerer, aber die zusätzliche Masse war nur schwammiges Fett. Außerdem war er fünfundfünfzig und rauchte zu viel. Peter dagegen war durchtrainiert und fast noch so fix auf den Beinen wie in seiner Collegezeit.
    »Das Ding konnte überhaupt nicht losrollen, weil es gegen die Böschung geparkt war.« Die Aggressivität war aus seiner Stimme verschwunden.
    »Offenbar haben vierzig Pfund genügt.«
    »Selbst ohne Bremsen halten Schaufel und Gabel den Bagger an Ort und Stelle fest, verdammt noch mal.«
    »Demnach waren sie oben.«
    »Das ist unmöglich. So stellen wir die Maschinen niemals ab.«
    »Wie konnte sich das Ding dann bewegen?«
    Flanagans Augen verengten sich zu Schlitzen. »Verraten Sie es mir!« Er stemmte sich hoch und wippte auf den Füßen, während er Peter mit Blicken maß.

Weitere Kostenlose Bücher