Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
Vom Netzwerk:
Aufrichten des ersten Steins? Wie konnte er sicher sein, dass er nicht wieder einer Bewusstseinstrübung zum Opfer gefallen war und den Stein in Wirklichkeit mit dem Bagger aufgestellt hatte? Nein, der Schmerz in der Schulter war mehr als deutlich. Oder hatte er sich die Verletzung zugezogen, als er das Unmögliche versucht hatte? War alles nur eine Halluzination? Wie die am ersten Tag in der Küche?
    Mit geschlossenen Augen ließ er die Geschehnisse der letzten Tage Revue passieren. Wie Kieselsteine plumpsten sie in die dunkle Tiefe seiner Seele, und er sah zu, wie die Wellen sich konzentrisch von einem hellen Punkt aus ausbreiteten. Wenn sie ihm doch nur ein Zeichen gäbe. Er würde alles dafür geben.
    Er rollte den Kopf zur Seite und öffnete die Augen einen Spalt. Andy war tief und fest eingeschlafen und hielt Lambkin umklammert.
    Er fragte sich, weshalb der Junge ein so großes Schlafbedürfnis hatte. Vielleicht stand er ja tatsächlich unter Schock. Wie damals, als er gerade zwei Jahre alt gewesen war und sie Linda in Logan abgesetzt hatten. Sie war für ein paar Tage zu ihrer Freundin nach Chicago geflogen. Als sie wieder im Auto saßen, war Andy umgekippt. Der Abschied von Linda war zu viel für ihn gewesen, also hatte er sich der Situation entzogen. Nach Lindas Tod hatte er ebenfalls auffallend viel geschlafen. Faszinierend, wie sich der Kopf eines Menschen gegen die Wahrheit sperrte, wenn er ihr nicht gewachsen war, und wie verbissen er gleichzeitig an der Wiederherstellung eines vergangenen Zustandes arbeitete.
    Dann dachte er an den heutigen Morgen. Wie sollte er es verstehen, dass Andy laut nach Linda gerufen und sogar versucht hatte, sie auszugraben? Angeblich hatte sie mit ihm gesprochen und ihn gebeten, sie zu besuchen. War das immer noch Trauer? Nein, nach so vielen Jahren bestimmt nicht mehr. Konnte es Zufall sein, dass sie beide sich Dinge einbildeten und langsam verrückt wurden? War Andy etwa in dieselbe dunkle Zone geraten wie er?
    Im Dämmerlicht des Nachmittags stellte er Gedankenspiele an: Nimm einmal an, du könntest deine Frau ins Leben zurückbringen. In welcher Form würde sie erscheinen? Als schimmerndes, heißes Ektoplasma? Als Geist? Oder als Schutzengel, der Beschwörungen gehorchte? Oder würde sie in Fleisch und Blut wiederkehren? So, wie sie gewesen war?
    Peter, gib mir Kraft.
    Wie konnte das funktionieren?
    Die Steine haben sehr viel Kraft.
    Wie war das alles nur möglich?
    Hier entlang …
    Wer wollte behaupten, dass dieser Ort nicht verzaubert und heilig sei? Was bedeutete heilig? Auch einen Ort, der nicht zum menschlichen Leben gehörte, einen Ort, an dem das Göttliche wohnte, oder böse Mächte und Geister. Heilig. Man musste nur fest genug daran glauben. Heilig. Heiligtum. Sakrament. Altar. Opfer.
    Ich glaube, o Herr; hilf meinem Unglauben.
    Für ein Zeichen war er bereit zu töten.
    »Peter?«
    Schaudernd schreckte er hoch. Sie stand an der Tür.
    »Peter«, flüsterte sie, »du musst unbedingt kommen.« Das Licht aus dem Flur ließ ihre Haare flammend auflodern.
    Hier entlang …
    »Wir haben etwas gefunden.«
    Etwas Wichtiges.
    Connie.
    Andy schlief direkt neben ihm. Er sah die Uhr. Halb acht. Demnach hatte er vier Stunden geschlafen. Leise folgte er Connie nach unten. Sparky hockte müde und verdreckt auf einem Stuhl.
    »Was habt ihr gefunden?«
    »Das musst du dir unbedingt selbst ansehen«, sagte Connie.
    »Geh du mit«, sagte Sparky. »Ich breche sonst zusammen.«
    Sie hasteten den Strand entlang. Von weitem sah Peter bereits, dass sie drei weitere Steine aufgerichtet hatten. Jimmys Männer hatten mit dem Kran ganze Arbeit geleistet.
    Sie rannten förmlich nach oben. Jackie arbeitete allein in einem Graben, den sie nach Peters Anweisungen dicht neben dem Kalkstein ausgehoben hatten. Die Wünschelrute lag inzwischen flach auf der Erde, und der Kran hatte überall auf der Klippe seine Spuren hinterlassen.
    »Was gibt es?«, fragte Peter.
    Jackie wirkte erschöpft, er war von oben bis unten mit schwarzer Erde bedeckt. »Wir haben Knochen gefunden.«
    »Wie bitte?«
    Jackie erhob sich und gab den Blick auf ein schwärzliches Stück Erde frei, aus dem ein menschlicher Schädel hervorragte. Peter lief es eiskalt über den Rücken.
    Ein Zeichen.
    »Vielleicht wollte Hannah, dass wir darauf stoßen«, meinte Connie.
    »Wir wollten nicht weitermachen, bevor du es dir angesehen hast«, sagte Jackie. »Wir waren begeistert, denn der Schädel scheint gut erhalten zu

Weitere Kostenlose Bücher