Der Ruf Der Trommel
rot wurde, als sich der Rauch träge durch meine Brust kringelte und mich kitzelte und verbrannte, als er sich seinen Weg durch meine Lunge bahnte.
»Man atmet ihn nicht ein, Sassenach«, murmelte er. »Man läßt ihn sich nur hinten in der Nase hochsteigen.«
»Das sagst du… mir… jetzt«, sagte ich, während ich mir Mühe gab, nicht zu ersticken.
Die Indianer beobachteten mich höchst interessiert. Der ältere Mann legte den Kopf schief und runzelte die Stirn, als versuchte er, ein Rätsel zu lösen. Er sprang auf, umrundete das Feuer und hockte sich vor mich, um mich neugierig anzusehen. Er war mir so nah, daß ich den seltsamen Rauchgeruch wahrnahm, der von seiner Haut aufstieg. Er trug nur einen Lendenschurz und eine Art kurzer Lederschürze, doch seine Brust war von einer großen, reichverzierten Kette bedeckt, in die Muscheln, Steine und die Zähne eines großen Tieres eingearbeitet waren.
Ohne Vorwarnung streckte er plötzlich die Hand aus und drückte meine Brust. Die Geste hatte nichts auch nur entfernt Lüsternes an sich, doch ich fuhr zusammen. Jamie tat dasselbe, und seine Hand fuhr an sein Messer.
Der Indianer setzte sich ruhig auf die Fersen zurück und winkte ab. Er legte die Hand flach auf seine Brust, wölbte sie dann und zeigte auf mich. Es hatte nichts zu bedeuten - er hatte sich nur vergewissern
wollen, daß ich wirklich eine Frau war. Er zeigte von mir auf Jamie und zog eine Augenbraue hoch.
»Aye, sie gehört zu mir«, nickte Jamie und ließ den Dolch sinken, hielt ihn aber weiter fest und sah den Indianer stirnrunzelnd an. »Benimm dich, ja?«
Unbeeindruckt von diesem Zwischenspiel, sagte einer der jüngeren Indianer etwas und deutete ungeduldig auf den Kadaver am Boden. Der ältere Mann, der Jamies Verärgerung nicht beachtet hatte, antwortete und zog das Häutemesser aus seinem Gürtel, als er sich umwandte.
»Halt - das ist meine Sache.«
Die Indianer drehten sich überrascht um, als Jamie sich erhob. Er deutete mit dem Dolch auf den Bären und wies dann mit der Spitze fest auf seine eigene Brust.
Ohne auf eine Reaktion zu warten, kniete er sich neben dem Kadaver auf den Boden und sagte etwas auf Gälisch, wobei er das Messer über dem reglosen Körper erhoben hielt. Ich kannte den Wortlaut nicht genau, aber ich hatte ihn schon einmal dabei beobachtet, als er auf der Reise von Georgia ein Reh getötet hatte.
Es war das Grallochgebet, das man ihm beigebracht hatte, als er in den schottischen Highlands als Junge das Jagen lernte. Es war alt, hatte er mir erzählt, so alt, daß einige der Worte nicht mehr gebräuchlich waren, daher klang es ungewohnt. Doch man mußte es über jedem getöteten Tier sprechen, das größer als ein Hase war, bevor man ihm die Kehle oder die Bauchdecke aufschlitzte.
Ohne zu zögern, machte er einen flachen Einschnitt quer über die Brust des Bären - er brauchte den Kadaver nicht auszubluten, denn das Herz stand schon lange still - und riß die Haut zwischen den Beinen auf, so daß die Eingeweide bleich aus dem schwarzen Pelz hervorquollen und im Licht aufglänzten.
Man braucht sowohl Kraft als auch beträchtliche Erfahrung, um die zähe Haut aufzuschneiden und abzuziehen, ohne Gekröse und Eingeweidesack zu durchbohren. Da ich schon sehr viel nachgiebigere menschliche Körper geöffnet hatte, erkannte ich chirurgische Kompetenz, wenn ich sie sah. Dasselbe galt für die Indianer, die die Vorgänge mit kritischem Interesse beobachteten.
Doch es war nicht Jamies Geschick beim Abhäuten, das ihre Aufmerksamkeit erregt hatte - das war hier sicherlich eine recht verbreitete Fähigkeit. Nein, es war das Grallochgebet - ich hatte gesehen, wie sich die Augen des älteren Mannes weiteten und wie er seinen Söhnen einen Blick zuwarf, als Jamie bei dem Kadaver kniete. Wenn
sie auch nicht verstanden, was er sagte, so zeigten ihre Gesichter doch klar, daß sie wußten, was er tat - und daß sie zugleich überrascht und positiv beeindruckt waren.
Eine kleine Schweißspur lief hinter Jamies Ohr herab. Ein großes Tier abzuhäuten ist Schwerstarbeit, und Jamies Wunden begannen erneut zu bluten.
Bevor ich ihm jedoch anbieten konnte, das Messer zu nehmen, setzte er sich auf die Fersen zurück und hielt einem der Indianer den Dolch mit dem Griff zuerst hin.
»Mach nur«, sagte er und wies einladend auf den halbzerlegten Fleischberg. »Ich hoffe, du hast nicht gedacht, ich wollte das alles selber essen.«
Ohne zu zögern, nahm der Mann das Messer, kniete sich hin
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