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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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breite Schultern, O-Beine und lange, kraftvolle Arme.
    Ich beäugte verstohlen ihre Waffen. Der ältere Mann hielt ein Gewehr in der Armbeuge, eine uralte französische Radschloßflinte, deren sechseckiger Lauf mit Rost verkrustet war. Es sah aus, als würde sie ihm um die Ohren fliegen, wenn er sie abfeuerte, doch ich hoffte, er würde es gar nicht erst versuchen.
    Einer der jüngeren hielt einen Bogen in der Hand und hatte lässig einen Pfeil aufgelegt. Alle drei trugen unheimlich aussehende Tomahawks und Häutemesser in ihren Gürteln. Obgleich er so lang war, erschien Jamies Dolch im Vergleich dazu reichlich inadäquat.

    Da er offensichtlich zu demselben Schluß kam, beugte er sich vor und legte den Dolch vorsichtig neben seine Füße. Er setzte sich wieder aufrecht hin, breitete seine leeren Hände aus und zuckte mit den Achseln.
    Die Indianer kicherten. Es klang derart unkriegerisch, daß ich halb lächeln mußte, obwohl mein Magen, der sich nicht so leicht entwaffnen ließ, sich noch vor Anspannung verkrampfte.
    Ich sah, wie sich Jamies Schultern entspannten und wurde nun meinerseits etwas ruhiger.
    »Bonsoir, messieurs«, sagte er. »Parlez-vous français?«
    Die Indianer kicherten erneut und warfen einander schüchterne Blicke zu. Der ältere Mann trat zögernd einen Schritt vor und neigte den Kopf, was die Perlen in seinem Haar in Schwingung versetzte.
    »Kein… Franz«, sagte er.
    »Englisch?« fragte ich hoffnungsvoll. Er sah mich mit Interesse an, schüttelte aber den Kopf. Er warf einem seiner Söhne über die Schulter hinweg eine Bemerkung zu. Der Sohn antwortete in derselben unverständlichen Sprache. Der ältere Mann wandte sich wieder an Jamie und stellte ihm eine Frage, die er mit hochgezogenen Augenbrauen unterstrich.
    Jamie schüttelte verständnislos den Kopf, und einer der jungen Männer trat in den Schein des Feuers. Er beugte die Knie und ließ die Schultern hängen, streckte den Kopf vor und begann in derart perfekter Bärenweise zu schwanken, und kurzsichtig zu blinzeln, daß Jamie laut auflachte. Die anderen Indianer grinsten.
    Der junge Mann richtete sich auf und deutete mit einem fragenden Laut auf Jamies blutgetränkten Hemdsärmel.
    »Oh, aye, er ist da drüben«, sagte Jamie und wies auf das Dunkel unter den Bäumen.
    Ohne weitere Umschweife verschwanden alle drei Männer in der Dunkelheit, von wo bald aufgeregtes Rufen und Gemurmel erklang.
    »Es ist in Ordnung, Sassenach«, sagte Jamie. »Sie werden uns nichts tun. Es sind nur Jäger.« Er schloß kurz die Augen, und ich sah den leichten Schweißfilm auf seinem Gesicht. »Das ist auch gut so, weil ich glaube, daß ich jetzt in Ohnmacht falle.«
    »Untersteh dich. Wage es ja nicht, ohnmächtig zu werden und mich mit ihnen allein zu lassen.« Egal, was die Wilden für Absichten haben mochten, bei dem Gedanken, ihnen allein über Jamies bewußtlosem Körper gegenüberzustehen, krampften sich meine Eingeweide erneut in Panik zusammen. Ich legte ihm die Hand in den Nacken und drückte ihm den Kopf zwischen die Knie.

    »Atme«, sagte ich, während ich kaltes Wasser aus meinem Taschentuch preßte und es ihm über den Nacken laufen ließ. »Du kannst später in Ohnmacht fallen.«
    »Darf ich mich übergeben?« fragte er mit von seinem Plaid gedämpfter Stimme. Ich erkannte den ironischen Tonfall und atmete erleichtert auf.
    »Nein«, sagte ich. »Setz dich, sie kommen zurück.«
    Sie kamen und schleiften den Bärenkadaver hinter sich her. Jamie hob den Kopf wieder und wischte sich mit dem feuchten Taschentuch über das Gesicht. Obwohl die Nacht warm war, zitterte er leicht vor Schock, saß aber einigermaßen aufrecht.
    Der ältere Mann kam zu uns herüber und wies mit hochgezogenen Augenbrauen zuerst auf das Messer, das neben Jamies Füßen lag, dann auf den toten Bären. Jamie nickte bescheiden.
    »Es war aber nicht einfach«, sagte er.
    Die Augenbrauen des Indianers hoben sich noch weiter. Dann neigte er den Kopf und breitete seine Hände zu einer respektvollen Geste aus. Er winkte einen der jüngeren Männer heran, der herüberkam und einen Beutel von seinem Gürtel band.
    Der junge Mann schob mich ohne Umschweife zur Seite, riß Jamies Hemd am Hals auf, zog ihm die Reste von der Schulter und betrachtete die Wunde. Er schüttete sich ein klumpiges Pulver in die Hand, spuckte kräftig darauf und verrührte es zu einer übelriechenden Paste, die er großzügig auf den Wunden verschmierte.
    »Jetzt übergebe ich mich wirklich«, sagte

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