Der Ruf Der Trommel
seinen Schnürbändern, zog sie auf und riß ihm die Hose herunter.
Es war tatsächlich Erde; seine Pobacken leuchteten vor mir auf, weiß, fest, perfekt gerundet und ohne den geringsten Kratzer unter ihrem Silberflaum. Ungläubig grub ich meine Hand in seine Haut.
»Bist du das, Sassenach?« fragte er ziemlich schläfrig.
»Ja, ich bin’s! Was ist mit dir passiert?« wollte ich wissen. Meine Panik wich der Entrüstung. »Du hast gesagt, jemand hat dir in den Rücken geschossen!«
»Nein, das habe ich nicht. Kann ich gar nicht, weil es nicht stimmt«, erläuterte er in aller Logik. Er klang ruhig und immer noch sehr verschlafen; er sprach etwas gedehnt. »Mir weht es ziemlich kalt den Hintern hoch, Sassenach; meinst du, du kannst mich zudecken?«
Ich zog ihm mit einem Ruck die Hose wieder hoch, und er grunzte erneut.
»Was zum Teufel ist mit dir los?«
Er wurde jetzt etwas wacher. Mühsam verdrehte er den Kopf, um mich anzusehen.
»Aye, tja. Nicht viel. Nur, daß ich mich kaum bewegen kann.«
Ich starrte ihn an.
»Warum nicht? Hast du dir den Fuß verstaucht? Das Bein gebrochen?«
»Äh… nein.« Er klang ein bißchen verlegen. »Ich… äh… ich habe mir den Rücken verrenkt.«
»Du hast was ?«
»Es ist nicht das erste Mal«, versicherte er mir. »Es dauert nur ein oder zwei Tage.«
»Dir ist nicht in den Sinn gekommen, daß du keinen Tag oder zwei über dauerst, wenn du hier zugeschneit auf dem Boden liegst?«
»Doch«, sagte er, immer noch schläfrig, »aber es sah nicht so aus, als könnte ich viel dagegen tun.«
Inzwischen dämmerte mir rapide, daß ich wahrscheinlich auch nicht besonders viel dagegen tun konnte. Er war gut dreißig Kilo schwerer als ich. Ich konnte ihn nicht tragen. Ich konnte ihn auch nicht besonders weit über die Abhänge, Felsen und Flußläufe hinter mir her ziehen. Es war zu steil für ein Pferd; möglicherweise konnte ich eins der Mulis dazu bewegen, hier hochzukommen - wenn ich zuerst den Rückweg zum Blockhaus und dann wieder den Berg hinauf finden konnte, und das alles im Dunkeln und bei heftigem Schneefall, der sich zu einem Schneesturm auszuwachsen drohte. Oder vielleicht konnte ich einen Schlitten aus Ästen bauen, dachte ich verzweifelt, mich rittlings auf seinen Körper setzen und so die verschneiten Abhänge hinabsausen.
»Ach, reiß dich zusammen, Beauchamp«, sagte ich laut. Ich wischte mir meine laufende Nase an einer Falte meines Umhangs ab und versuchte zu überlegen, was ich als nächstes tun sollte.
Es war eine geschützte Stelle, stellte ich fest; wenn ich aufsah, konnte ich die Schneeflocken an der Spitze des Felsens vorbeiwirbeln sehen, an dessen Fuß wir kauerten, doch hier unten war es windstill, und es schwebten nur ein paar schwere Flocken auf mein zum Himmel gewandtes Gesicht herab.
Jamies Haare und Schultern waren leicht mit Schnee bestäubt, und die Flocken ließen sich auf seinen Waden und Oberschenkeln nieder. Ich zog den Saum seines Umhangs herunter und strich ihm dann den Schnee aus dem Gesicht. Seine Wange hatte fast dieselbe Farbe wie die großen, feuchten Schneeflocken, und er fühlte sich steif an, als ich ihn berührte.
Erneut durchfuhr mich Besorgnis, denn ich begriff, daß er möglicherweise dem Erfrieren schon näher war, als ich gedacht hatte. Seine Augen waren halb geschlossen, und obwohl es so kalt war, schien er kaum zu zittern. Das war verdammt gefährlich, denn wenn er sich nicht bewegte, erzeugten seine Muskeln keine Hitze, und damit wich die Wärme langsam aus seinem Körper. Sein Umhang war schon schwer von Feuchtigkeit; wenn ich zuließ, daß seine Kleider durchnäßt wurden, konnte es passieren, daß er vor meiner Nase an Unterkühlung starb.
»Wach auf!« sagte ich und schüttelte ihn drängend an der Schulter. Er öffnete die Augen und lächelte mich verschlafen an.
»Beweg dich!« sagte ich. »Jamie, du mußt dich bewegen!«
»Ich kann nicht«, sagte er ruhig. »Das habe ich dir doch gesagt.« Er schloß die Augen wieder.
Ich packte ihn am Ohr und grub meine Fingernägel in sein empfindliches Ohrläppchen. Er grunzte, und sein Kopf zuckte zurück.
»Wach auf«, sagte ich entschlossen. »Hörst du? Wach sofort auf! Beweg dich, verdammt noch mal! Gib mir deine Hand.«
Ich wartete nicht darauf, daß er mir gehorchte, sondern wühlte unter seinem Umhang herum und ergriff seine Hand, die ich wie wahnsinnig zwischen den meinen rieb. Er öffnete erneut die Augen und sah mich stirnrunzelnd an.
»Mir geht’s
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