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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Kopfnicken auf eine kleine Ahorngruppe in hundert Metern Entfernung, deren Blätter einen ersten Hauch von Gelb aufwiesen.
    »Die Pferde sind da drüben angebunden. Kannst du laufen, Sassenach?«
    Ich blickte abschätzend auf meine Füße. Sie schienen viel weiter weg zu sein, als ich es gewohnt war.
    »Ich bin mir nicht sicher«, sagte ich. »Ich glaube, ich bin wirklich ziemlich betrunken.«
    »Och, nein, Tante Claire«, versicherte Ian mir liebenswürdig. »Mein Pa sagt, man ist nicht betrunken, solange man noch auf den Füßen steht.«
    Jamie lachte und warf sich das Ende seines Plaids über die Schulter.

    » Mein Pa hat immer gesagt, man ist nicht betrunken, solange man noch mit beiden Händen seinen Arsch finden kann.« Er betrachtete mein Hinterteil mit hochgezogener Augenbraue, überlegte es sich klugerweise aber anders, bevor er aussprach, was auch immer er sonst noch im Sinn gehabt hatte.
    Ian verschluckte sich an seinem Kichern und erholte sich hustend.
    »Aye, gut. Es ist nicht mehr weit, Tante Claire. Bist du dir sicher, daß du nicht laufen kannst?«
    »Also, ich hebe sie nicht mehr hoch, das sage ich dir«, sagte Jamie, ohne meine Antwort abzuwarten. »Ich will mir nicht das Kreuz verrenken.« Er nahm Ian den Schädel ab, hielt ihn zwischen den Fingerspitzen und legte ihn mir vorsichtig in den Schoß. »Warte hier mit deinem Freund, Sassenach«, sagte er. »Ian und ich gehen die Pferde holen.«
     
    Als wir Fraser’s Ridge erreichten, war es früher Nachmittag. Ich hatte fast zwei Tage lang gefroren, naß und ohne Nahrung verbracht und fühlte mich deutlich benommen; ein Gefühl, das noch verstärkt wurde durch weitere Brandyinfusionen und durch meine Bemühungen, Ian und Jamie die Ereignisse der vergangenen Nacht zu erklären. Bei Tageslicht kam mir die ganze Nacht unwirklich vor.
    Andererseits kommt einem fast alles unwirklich vor, wenn man es durch einen Nebelschleier aus Erschöpfung, Hunger und leichter Trunkenheit betrachtet. Demzufolge hielt ich es zunächst für eine Halluzination, als wir auf die Lichtung einbogen und ich den Rauch aus dem Schornstein kommen sah - bis mir der Geruch brennenden Hickoryholzes in die Nase stieg.
    »Ich dachte, ihr habt gesagt, ihr hättet das Feuer eingedämmt«, sagte ich zu Jamie. »Ein Glück, daß ihr das Haus nicht in Brand gesteckt habt.« Solche Unfälle geschahen häufig; ich hatte schon mehr als einmal von Blockhäusern gehört, die aufgrund eines unbeaufsichtigten Herdfeuers abgebrannt waren.
    »Das habe ich auch«, sagte er knapp und schwang sich aus dem Sattel. »Es ist jemand hier. Kennst du das Pferd, Ian?«
    Ian richtete sich in den Steigbügeln auf, um einen Blick in den Pferch zu werfen.
    »Oh, es ist Tante Claires hinterlistiger Gaul!« sagte er überrascht. »Und daneben steht ein großer Apfelschimmel.«
    Er hatte recht; der neugetaufte Judas stand ungesattelt Kopf an Schwanz mit einem stämmigen grauen Wallach im Pferch, und sie vertrieben einträchtig Fliegen.

    »Weißt du, wem er gehört?« fragte ich. Ich war noch nicht abgestiegen, alle paar Minuten überkamen mich leichte Schwindelanfälle und zwangen mich, mich an den Sattel zu klammern. Der Boden unter dem Pferd schien sich sanft zu heben und zu senken wie Segel auf dem Ozean.
    »Nein, aber es muß ein Freund sein«, sagte Jamie. »Er hat für mich die Tiere versorgt und die Ziege gemolken.« Er nickte von der heugefüllten Futterkrippe der Pferde zur Tür, wo ein Milcheimer auf der Bank stand, ordentlich mit einem Stück Stoff zugedeckt, damit keine Fliegen hineinfielen.
    »Komm, Sassenach.« Er streckte die Hand aus und faßte mich um die Taille. »Wir stecken dich ins Bett und kochen dir eine Kanne Tee.«
    Man hatte uns kommen hören; die Tür der Blockhütte öffnete sich, und Duncan Innes schaute heraus.
    »Ah, da bist du ja, Mac Dubh«, sagte er. »Was ist denn passiert? Deine Ziege hat ein gottserbärmliches Theater gemacht, und ihr Euter war kurz vorm Platzen, als ich heute morgen hier angekommen bin.« Dann sah er mich, und sein langes, trauriges Geischt wurde vor Überraschung ausdruckslos.
    »Mrs. Claire!« sagte er, indem er meine schmutzige und angeschlagene Erscheinung überflog. »Dann habt Ihr also einen Unfall gehabt? Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich unterwegs das Pferd allein auf dem Berg gefunden habe mit Eurer Kiste auf dem Sattel. Ich habe mich umgesehen und nach Euch gerufen, konnte aber keine Spur von Euch finden, also habe ich das Pferd zum Haus

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