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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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aufbrechen sollen! Hättest du dir nicht denken können, wie der Boden sein würde?«
    Ich richtete mich mühsam auf und hielt mir die Bettdecke vor die Brüste. Etwas überrascht stellte ich fest, daß er mehr als nur leicht verärgert war.
    »Also… nein«, sagte ich und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. »Wie hätte ich das wissen sollen? Außerdem -«
    Er unterbrach mich, indem er den Waschlappen in die Schüssel klatschte, daß das Wasser über den ganzen Tisch schwappte.
    »Sei still!« sagte er. »Ich habe nicht vor, mich mit dir zu streiten.«
    Ich starrte zu ihm hoch.
    »Was zum Teufel hast du denn dann vor? Und wie kommst du dazu, mich so anzuschreien? Ich habe doch kein Verbrechen begangen!«
    Er holte kräftig durch die Nase Luft. Dann stand er auf, nahm den Lappen aus der Schüssel und wrang ihn sorgfältig aus. Er atmete aus, kniete sich vor mich hin und wischte mir mit sicherer Hand das Gesicht sauber.
    »Nein. Das hast du nicht«, pflichtete er mir bei. Ein Winkel seines
breiten Mundes verzog sich ironisch. »Aber du hast mir einen Mordsschrecken eingejagt, Sassenach, und ich würde dir am liebsten eine fürchterliche Strafpredigt halten, ob du es nun verdienst oder nicht.«
    »Oh«, sagte ich. Ich wollte zuerst lachen, verspürte dann aber Gewissensbisse, als ich sah, wie angespannt sein Gesicht war. Sein Hemdsärmel war dreckverschmiert, und an seinen Strümpfen klebten Kletten und Fuchsschwanzgräser, Überbleibsel einer Nacht, die er auf der Suche nach mir in den dunklen Bergen verbracht hatte, ohne zu wissen, wo ich war; ob ich noch lebte oder tot war. Ich hatte ihm wirklich einen Mordsschreck eingejagt, ob ich wollte oder nicht.
    Ich suchte nach einer Möglichkeit, mich zu entschuldigen, doch meine Zunge war genauso schwerfällig wie mein Verstand. Schließlich streckte ich die Hand aus und pflückte ihm ein pelziges, gelbes Weidenkätzchen aus dem Haar.
    »Warum schimpft du nicht auf Gälisch?« sagte ich. »Es erleichtert dich genauso, und ich verstehe dann nur die Hälfte von dem, was du sagst.«
    Er gab einen schottischen Laut der Verachtung von sich, legte mir die Hand fest in den Nacken und tauchte meinen Kopf in die Schüssel. Doch als ich triefend wieder auftauchte, ließ er mir ein Handtuch auf den Kopf fallen und legte los. Er rieb mir mit seinen großen, festen Händen das Haar trocken, und sprach im förmlichen, drohenden Tonfall eines Priesters, der von der Kanzel aus die Sünde verdammt.
    »Einfältiges Frauenzimmer«, sagte er auf Gälisch. »Du hast weniger Hirn als eine Fliege!« Unter den folgenden Bemerkungen fing ich die Worte für »dumm« und »ungeschickt« auf, doch ich hörte ihm bald nicht mehr zu. Statt dessen schloß ich die Augen und verlor mich in dem traumhaften Genuß, mir das Haar trockenreiben und anschließend kämmen zu lassen.
    Seine Berührungen waren sicher und sanft; wahrscheinlich hatte er das beim Umgang mit Pferdeschweifen gelernt. Ich hatte gesehen, wie er beim Putzen mit den Pferden fast so sprach, wie er jetzt mit mir sprach, die gälischen Worte eine beruhigende Begleitung zum Rascheln von Striegel oder Bürste. Ich hatte allerdings das Gefühl, daß er mit den Pferden zuvorkommender umging.
    Seine Hände berührten meinen Hals, meinen nackten Rücken und meine Schultern, flüchtige Berührungen, die meine gerade erst aufgetauten Glieder zum Leben erweckten. Ich zitterte, ließ die Bettdecke aber dennoch in meinen Schoß fallen. Die Flammen im Herdfeuer schlugen immer noch hoch; sie umtanzten den Kessel, und im Raum war es ganz warm geworden.

    Er beschrieb jetzt in freundlichem Gesprächston verschiedene Dinge, die er mir gerne angetan hätte, angefangen damit, mich mit einem Stock grün und blau zu schlagen, und so weiter. Gälisch ist eine wortreiche Sprache, und Jamie war alles andere als phantasielos, was Gewalt oder Sex anging. Ob er es beabsichtigte oder nicht, ich hielt es gar nicht für so schlecht, daß ich nicht alles verstand, was er sagte.
    Ich spürte die Hitze des Feuers auf meinen Brüsten und Jamies Wärme in meinem Rücken. Der lose Stoff seines Hemdes streifte meine Haut, als er sich vorbeugte, um nach einer Flasche auf dem Regal zu greifen, und ich erschauerte erneut. Er bemerkte es und unterbrach seine Tirade für einen Moment.
    »Kalt?«
    »Nein.«
    »Gut.« Scharfer Kampfergeruch stach mir in die Nase, und bevor ich mich bewegen konnte, hatte eine große Hand meine Schulter ergriffen, um mich festzuhalten, während die

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