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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Angenehmes, wie wenn Bäume beruhigend an einem Zugfenster vorbeirauschen.
    »Wir sollten ihn doch wohl mindestens mit heimnehmen und für ein christliches Begräbnis sorgen?« Ian beäugte den Totenschädel skeptisch.
    »Ich glaube nicht, daß er das zu schätzen wüßte; ich glaube nicht, daß er ein Christ war.« Ich unterdrückte die lebhafte Erinnerung an den Mann, den ich in der Talsenke gesehen hatte. Es stimmte zwar, daß einige Indianer von Missionaren bekehrt worden waren, doch
dieser nackte Herr mit seinem schwarz bemalten Gesicht und seinem federgeschmückten Haar hatte auf mich den Eindruck gemacht, daß es heidnischer kaum ging.
    Ich kramte mit tauben, steifen Fingern in meiner Rocktasche herum.
    »Das hier war mit ihm zusammen begraben.«
    Ich zog den flachen Stein hervor, den ich ausgegraben hatte. Er war schmutzigbraun, ein unregelmäßiges Oval, halb so groß wie meine Handfläche. Er war auf einer Seite abgeflacht, auf der anderen gerundet und so glatt, als stammte er aus einem Flußbett. Ich drehte ihn in meiner Hand um und hielt den Atem an.
    In die abgeflachte Oberfläche war tatsächlich etwas eingeritzt, wie ich mir gedacht hatte. Es war eine Glyphe in Form einer Spirale, die sich in sich selbst zurückwand. Doch es war nicht die Gravur, die Jamie und Ian in meine Hand blicken ließ, so daß sich ihre Köpfe fast berührten.
    Überall dort, wo die glatte Oberfläche weggemeißelt worden war, glühte der Stein darunter mit einem züngelnden Feuer, als kämpften kleine Flammen aus Grün und Orange und Rot um das Licht.
    »Mein Gott, was ist das?« fragte Ian beeindruckt.
    »Es ist ein Opal - und zwar ein verdammt großer«, sagte Jamie. Er stieß den Stein mit seinem langen, stumpfen Zeigefinger an, als wollte er sich versichern, daß er tatsächlich existierte. Es gab ihn wirklich.
    Er fuhr sich nachdenklich mit der Hand durch das Haar und sah mich dann an.
    »Man sagt, Opale bringen Unglück, Sassenach.« Ich dachte, er mache einen Witz, doch er sah beklommen aus. Er war zwar ein weitgereister, gebildeter Mann, doch er war als Highlander zur Welt gekommen, und ich wußte, daß er einen zutiefst abergläubischen Wesenszug hatte, auch wenn er diesen nicht oft zeigte.
    Ha, dachte ich bei mir. Du hast die Nacht mit einem Gespenst verbracht und hältst ihn für abergläubisch?
    »Unsinn«, sagte ich mit weitaus mehr Überzeugung, als ich fühlte. »Es ist nur ein Stein.«
    »Oh, es ist nicht so, daß sie wirklich Unglück bringen, Onkel Jamie«, warf Ian ein. »Meine Mutter hat einen kleinen Opalring - obwohl er nicht im entferntesten so ist wie dieser hier!« Ian berührte den Stein respektvoll. »Und sie hat gesagt, ein Opal nimmt etwas von der Persönlichkeit seines Besitzers an - wenn man also einen Opal hätte, der vorher einem guten Menschen gehört hat, wäre alles in Ordnung und er würde einem Glück bringen. Aber wenn nicht -« Er zuckte die Achseln.

    »Aye, gut«, sagte Jamie trocken. Er wies mit dem Kinn auf den Totenschädel. »Wenn er dem da gehört hat, scheint er ihm nicht allzuviel Glück gebracht zu haben.«
    »Zumindest wissen wir, daß man ihn nicht des Steines wegen umgebracht hat«, wandte ich ein.
    »Vielleicht wollten sie ihn nicht haben, weil sie wußten, daß er Unglück bringt«, meinte Ian. Er sah den Stein stirnrunzelnd an, eine Sorgenfalte zwischen den Augen. »Vielleicht sollten wir ihn zurückbringen, Tante Claire.«
    Ich rieb mir die Nase und sah Jamie an.
    »Er ist wahrscheinlich ziemlich wertvoll«, sagte ich.
    »Ah.« Die beiden Männern standen einen Augenblick lang nachdenklich da, hin- und hergerissen zwischen Aberglauben und Pragmatismus.
    »Aye, nun gut«, sagte Jamie schließlich, »ich schätze, es kann nicht schaden, wenn wir ihn eine Weile behalten.« Seine Mundwinkel zogen sich zu einem Lächeln hoch. »Ich will ihn tragen, Sassenach; wenn ich auf dem Heimweg vom Blitz getroffen werde, kannst du ihn zurückbringen.«
    Ich stand umständlich auf und hielt mich dabei an Jamies Arm fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ich blinzelte schwankend vor mich hin, doch ich blieb stehen. Jamie nahm mir den Stein aus der Hand und ließ ihn in seinen Sporran gleiten.
    »Ich werde ihn Nayawenne zeigen«, sagte ich. »Vielleicht weiß sie zumindest, was die Gravur bedeutet.«
    »Eine gute Idee, Sassenach«, pflichtete Jamie mir bei. »Und wenn unser Traumprinz hier ein Verwandter von ihr ist, hat sie meinen Segen, ihn zu behalten.« Er wies mit einem

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