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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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mich auf den Boden, während er in seinem Sporran kramte. »Ich hatte keine Zeit, mir über etwas Eßbares Gedanken zu machen, aber ich habe ein bißchen Brandy dabei. Hier, Sassenach, der wird dir guttun. Und dann«, sagte er und zog eine Augenbraue hoch, »kannst du mir erzählen, wie zum Teufel du hier mitten in der Wüste gelandet bist, aye?«
    Ich ließ mich auf einen Felsen sinken und schlürfte dankbar meinen Brandy. Die Feldflasche zitterte in meinen Händen, doch das Zittern ließ nach, als die dunkle, bernsteinfarbene Flüssigkeit sich ihren Weg direkt durch die Wände meines leeren Magens in meinen Blutkreislauf bahnte.
    Jamie stellte sich hinter mich und legte mir eine Hand auf die Schulter.
    »Seit wann bist du schon hier, Sassenach?« fragte er mit sanfter Stimme.
    »Schon die ganze Nacht«, sagte ich und zitterte wieder. »Ungefähr seit gestern mittag, als das verdammte Pferd - ich glaube, es heißt Judas - mich von diesem Felsen da oben gestürzt hat.«
    Ich deutete auf den Felsvorsprung. Mitten in der Wüste war eine gute Beschreibung für die Stelle, fand ich. Es hätte jede andere der tausend anonymen Talmulden in dieser Hügellandschaft sein können. Mir kam ein Gedanke - einer, der mir schon viel eher hätte einfallen sollen, wäre ich nicht so durchgefroren und erschöpft gewesen.
    »Wie zum Teufel habt ihr mich gefunden?« fragte ich. »Sag jetzt bloß nicht, das verflixte Pferd hat euch zu mir geführt?«
    »Deinem Pferd sind wir nicht begegnet«, sagte Ian. »Nein, Rollo hat uns zu dir geführt.« Er strahlte den Hund stolz an, und dieser brachte es fertig, ein derart unverbindliches, würdevolles Gesicht aufzusetzen, als wären solche Suchaktionen für ihn das Normalste von der Welt.
    »Aber wenn ihr mein Pferd nicht gesehen habt«, begann ich verwirrt, »wie konntet ihr dann überhaupt wissen, daß ich von den Muellers aufgebrochen war? Und wie konnte Rollo -« Ich brach ab, als ich die Blicke sah, die die Männer einander zuwarfen.
    Ian zuckte leicht mit den Achseln, nickte und ließ Jamie den Vortritt. Jamie kauerte sich neben mir auf den Boden, hob den Saum meines Kleides hoch und nahm meine nackten Füße in seine großen, warmen Hände.
    »Deine Füße sind eiskalt, Sassenach«, sagte er leise. »Wo hast du deine Schuhe gelassen?«

    »Dahinten«, sagte ich und deutete kopfnickend auf den entwurzelten Baum. »Sie müssen immer noch da sein. Ich habe sie ausgezogen, als ich einen Bach durchqueren wollte, und habe sie dann hingestellt und konnte sie im Dunkeln nicht mehr finden.«
    »Da sind sie nicht, Tante Claire«, sagte Ian. Er klang so merkwürdig, daß ich überrascht zu ihm hochsah. Er hielt immer noch den Totenschädel in der Hand und drehte ihn vorsichtig hin und her.
    »Nein, das ist wahr.« Jamie hatte den Kopf gesenkt, um meine Füße zu reiben, und ich sah, wie das Morgenlicht sich kupfern in seinem Haar spiegelte, das ihm lose über die Schultern gefallen war, so zerzaust, als wäre er gerade erst aufgestanden.
    »Ich war im Bett und habe geschlafen«, sagte er und griff meinen Gedanken auf. »Als das Vieh da plötzlich verrückt gespielt hat.« Er wies mit dem Kinn in Rollos Richtung, ohne aufzublicken. »Hat gebellt und geheult und sich gegen die Tür geschleudert, als stünde der Teufel draußen.«
    »Ich habe ihn angebrüllt und versucht, ihn am Genick zu packen und mit Schütteln zum Schweigen zu bringen«, fügte Ian hinzu, »aber er hat einfach nicht aufgehört, egal, was ich machte.«
    »Aye, er hat so getobt, daß ihm der Speichel aus dem Maul troff, und ich war mir sicher, daß er wirklich verrückt geworden war. Ich hatte Angst, daß er auf uns losgehen würde, also habe ich Ian gesagt, er solle die Tür aufriegeln, damit er hinauskonnte.« Jamie sank auf die Fersen zurück, betrachtete stirnrunzelnd meinen Fuß und nahm ein welkes Blatt von meinem Fußrücken.
    »Ja, und war nun der Teufel draußen?« fragte ich im Scherz.
    Jamie schüttelte den Kopf.
    »Wir haben die Lichtung vom Pferch bis zur Quelle abgesucht und haben nichts gefunden - außer denen hier.« Er griff in seinen Sporran und zog meine Schuhe heraus. Mit völlig ausdruckslosem Gesicht blickte er zu mir auf.
    »Die haben nebeneinander auf der Schwelle gestanden.«
    Jedes einzelne Haar an meinem Körper stellte sich auf. Ich hob die Feldflasche und trank den Brandy aus.
    »Rollo ist losgerast und hat dabei gebellt wie ein Jagdhund«, sagte Ian, der begierig weitererzählte. »Aber dann kam er einen

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