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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Moment später zurück und hat angefangen, an deinen Schuhen zu schnüffeln und zu winseln und zu jaulen.«
    »Mir war selber auch ganz danach zumute, aye?« Jamies Mundwinkel zog sich ein wenig in die Höhe, doch ich sah die Furcht immer noch dunkel in seinen Augen.

    Ich schluckte, doch mein Mund war trotz des Brandys zu trocken zum Sprechen.
    Jamie zog mir erst den einen Schuh an und dann den anderen. Sie waren feucht, doch sein Körper hatte sie leicht angewärmt.
    »Ich habe geglaubt, du wärst vielleicht tot, Cinderella«, sagte er leise und hielt den Kopf gesenkt, um sein Gesicht zu verbergen.
    Ian merkte es nicht, so hatte ihn der Eifer des Erzählens gepackt.
    »Mein schlauer Hund hier wollte losrasen, als hätte er ein Kaninchen gewittert, also haben wir uns unsere Plaids geschnappt und sind ihm hinterhergerannt, nachdem wir uns nur kurz eine Fackel vom Herd genommen und das Feuer eingedämmt haben. Er hat ein ganz schönes Tempo draufgehabt, nicht wahr, mein Junge?« Er rieb Rollo mit liebevollem Stolz die Ohren. »Und dann haben wir dich hier gefunden!«
    Der Brandy ließ meine Ohren summen, und mein Verstand schien wie in eine warme, süße Decke gewickelt, doch sagte mir meine Vernunft noch gerade eben wenn Rollo einer Spur zu mir zurück gefolgt war… mußte jemand die ganze Strecke in meinen Schuhen gegangen sein.
    Inzwischen hatte ich die Reste meiner Stimme wiedergefunden und war nur noch ein wenig heiser beim Sprechen.
    »Habt ihr - unterwegs - irgend etwas gesehen?« fragte ich.
    »Nein, Tante Claire«, sagte Ian, plötzlich nüchtern. »Du denn?«
    Jamie hob den Kopf, und ich konnte sehen, wie eingefallen sein Gesicht vor Sorge und Erschöpfung war, wie stark seine breiten Wangenknochen unter der Haut hervortraten. Ich war nicht die einzige, die eine lange, harte Nacht gehabt hatte.
    »Ja« sagte ich, »aber das erzähle ich euch später. Ich glaube, ich habe mich gerade in einen Kürbis verwandelt. Laßt uns nach Hause gehen.«
     
    Jamie hatte Pferde mitgebracht, doch es gab keine Möglichkeit, sie in die Talmulde herunterzuholen; wir waren gezwungen, dem Lauf des überfluteten Baches zu folgen, durch die Untiefen zu waten und dann mühsam einen Felshang hinaufzuklettern, bis wir zu dem Felsen gelangten, wo die Pferde angebunden waren. Nach allem, was ich durchgemacht hatte, stand ich auf zittrigen Beinen und war daher keine große Hilfe bei diesem Unterfangen, doch Jamie und Ian kamen ohne großes Aufsehen damit zurecht, schoben mich über Hindernisse und reichten mich hin und her wie ein großes, sperriges Paket.
    »Man soll jemandem, der an Unterkühlung leidet, wirklich keinen
Alkohol geben«, sagte ich lahm, als Jamie mir während einer Rast erneut die Feldflasche an die Lippen hielt.
    »Ist mir egal, woran du leidest, mit dem Brandy im Bauch merkst du weniger davon«, sagte er. Infolge des Regens war es immer noch kalt, doch sein Gesicht war vom Klettern gerötet. »Außerdem«, fügte er hinzu, während er sich die Stirn mit einer Falte seines Plaids abwischte, »kriegen wir dich leichter hoch, wenn du in Ohnmacht fällst. Himmel, es ist, als würde man ein neugeborenes Kalb aus einem Sumpf ziehen.«
    »Entschuldigung«, sagte ich. Ich legte mich flach auf den Boden und schloß die Augen in der Hoffnung, mich nicht zu übergeben. Der Himmel drehte sich in die eine Richtung und mein Magen in die andere.
    »Weg da, Rollo!« sagte Ian.
    Ich öffnete ein Auge, um nachzuschauen, was los war, und sah, wie Ian Rollo mit Gewalt von dem Totenschädel wegschob - ich hatte darauf bestanden, ihn mitzunehmen.
    Bei Tageslicht betrachtet, war er kein sehr einnehmender Gegenstand. Fleckig und verfärbt von der Erde, in der er begraben gewesen war, ähnelte er aus der Ferne einem glatten Stein, der von Wind und Wetter ausgehöhlt und angenagt war. Einige seiner Zähne waren angestoßen oder abgebrochen, obwohl der Schädel sonst keinerlei Beschädigung aufwies.
    »Was genau hast du eigentlich mit diesem Traumprinzen vor?« fragte Jamie, der meine Errungenschaft ziemlich kritisch beäugte. Seine Röte war verblaßt, und er atmete wieder regelmäßig. Er sah zu mir herunter, streckte die Hand aus und strich mir lächelnd das Haar aus den Augen.
    »Geht’s jetzt, Sassenach?«
    »Besser«, beruhigte ich ihn und setzte mich hin. Die Landschaft hatte immer noch nicht völlig aufhört, sich um mich zu drehen, doch der Brandy, der durch meine Venen schwappte, verlieh der Bewegung etwas ausgesprochen

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