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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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betrunken, wenn man sich noch mit beiden Händen an den Hintern fassen kann.«
    Er sah mich abschätzend an.
    »Ich sage es ungern, Sassenach, aber es ist nicht dein Hintern, den du da in den Händen hast - es ist meiner.«
    »Das geht schon in Ordnung«, versicherte ich ihm. »Wir sind verheiratet. Was mein ist, soll auch dein sein. Wir sind eins, das hat der Priester gesagt.«
    »Vielleicht war es doch ein Fehler, dich mit diesem Fett einzureiben«, murmelte er halb zu sich selbst. »Bei mir wirkt es nie so.«
    »Na ja, du bist ja auch ein Mann.«
    Er unternahm einen letzten tapferen Versuch.
    »Solltest du nicht noch einen Bissen essen, Schatz? Du mußt doch Hunger haben.«
    »Mm-hm«, sagte ich. Ich vergrub mein Gesicht in seinem Hemd und biß ihn sanft.
    »Bärenhunger.«
     
    Vom Grafen von Montrose erzählt man sich, daß ihn eines Tages eine junge Frau halbtot vor Kälte und Hunger nach der Schlacht auf dem Feld fand. Die junge Frau zog ihren Schuh aus, rührte darin Gerste mit kaltem Wasser an, fütterte den am Boden liegenden Grafen mit dem so entstandenen Brei und rettete ihm damit das Leben.
    Der Becher, der mir jetzt unter die Nase geschoben wurde, schien eine Portion ebendieser lebensspendenden Substanz zu enthalten, mit dem geringfügigen Unterschied, das diese hier warm war.
    »Was ist das?« fragte ich, während ich die blassen Körner betrachtete, die in einer wässrigen Flüssigkeit trieben. Es sah aus wie ein Becher voller ertrunkener Maden.

    »Gerstensuppe«, sagte Ian und blickte so stolz auf den Becher, als wäre er sein erstgeborenes Kind. »Ich habe sie selbst gemacht, aus dem Sack, den du von den Muellers mitgebracht hast.«
    »Danke«, sagte ich und nahm vorsichtig einen Schluck. Ich glaubte nicht, daß er sie in seinem Schuh angerührt hatte, trotz des Schweißaromas. »Sehr gut«, sagte ich. »Wie lieb von dir, Ian.«
    Er wurde rot vor Dankbarkeit.
    »Och, das ist doch nicht der Rede wert«, sagte er. »Es ist noch genug da. Oder soll ich dir ein bißchen Käse holen? Ich könnte die grünen Stellen für dich herausschneiden.«
    »Nein, nein - das reicht mir«, sagte ich hastig. »Ah… warum nimmst du nicht dein Gewehr und siehst zu, ob du draußen ein Eichhörnchen oder ein Kaninchen erwischst? Ich bin sicher, daß es mir so gut geht, daß ich zum Abendessen etwas kochen kann.«
    Er strahlte, und das Lächeln verwandelte sein langes, knochiges Gesicht.
    »Ich bin froh, das zu hören, Tante Claire«, sagte er. »Du solltest einmal sehen, was Onkel Jamie und ich gegessen haben, als du fort warst!«
    Er ließ mich auf meinem Kissen zurück, und ich fragte mich, was ich mit dem Becher Suppe anfangen sollte. Ich wollte sie nicht trinken, doch ich fühlte mich wie warme Butter - weich und sahnig, fast flüssig -,und die Vorstellung aufzustehen schien mir mit unglaublichem Energieaufwand verbunden zu sein.
    Jamie hatte auf weiteren Widerstand verzichtet und mich ins Bett gebracht, wo er seine Aufgabe, mich aufzutauen, in aller Gründlichkeit und Eile zu Ende geführt hatte. Es war wohl besser, daß er nicht mit Ian auf die Jagd gegangen war. Er roch genauso nach Kampfer wie ich; jedes Tier würde ihn meilenweit riechen.
    Er hatte mich zärtlich zugedeckt und mich dem Schlaf überlassen, während er Duncan jetzt offiziell begrüßte und ihm die Gastfreundschaft des Hauses anbot. Ich konnte draußen das Gemurmel ihrer tiefen Stimmen hören; sie saßen auf der Bank neben der Tür und genossen die späte Nachmittagssonne - lange, bleiche Strahlen fielen schräg durch das Fenster und hüllte innen Holz und Zinn in ein warmes Licht.
    Auch der Schädel wurde von der Sonne berührt. Er lag auf meinem Schreibtisch am anderen Ende des Zimmers und bildete mit einem Tonkrug voller Blumen und meinem Krankenbuch ein häusliches Stilleben.
    Es war der Anblick des Krankenbuches, das mich aus meinem Dämmerzustand holte. Die Geburt, die ich bei den Muellers begleitet
hatte, kam mir jetzt vage und unwirklich vor; ich hielt es für besser, die Details festzuhalten, solange ich mich überhaupt noch daran erinnern konnte.
    Von den Regungen meines beruflichen Pflichtgefühls aufgerüttelt, räkelte ich mich, stöhnte und setzte mich auf. Ich fühlte mich immer noch etwas benommen, und meine Ohren summten von den Nachwirkungen des Brandys. Außerdem war ich fast am gesamten Körpers etwas wund - an manchen Stellen mehr als an anderen -,doch im großen und ganzen war ich einigermaßen funktionsfähig. Allerdings

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