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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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bekam ich allmählich Hunger.
    Ich hoffte, daß Ian mit Fleisch zurückkommen würde, das ich kochen konnte; ich war nicht so dumm, mir meinen zusammengeschrumpften Magen mit Käse und eingelegtem Fisch vollzustopfen, doch eine schöne, kräftigende Eichhörnchensuppe, gewürzt mit Frühlingszwiebeln und getrockneten Pilzen, wäre genau das, was der Arzt verordnen würde.
    Was die Suppe anging - ich glitt zögernd aus dem Bett und stolperte zum Herd, wo ich die kalte Gerstensuppe in den Topf zurückschüttete. Ian hatte genug für ein ganzes Regiment gekocht - vorausgesetzt allerdings, daß das Regiment sich aus Schotten zusammensetzte. Da sie in einem Land lebten, in dem kaum Eßbares wuchs, waren sie in der Lage, klebrige Getreidemassen zu sich zu nehmen, ohne daß diese mit dem geringsten erlösenden Hauch von Gewürz oder Geschmack in Berührung gekommen waren. Ich selbst entstammte einer schwächeren Rasse und fühlte mich dem nicht ganz gewachsen.
    Der geöffnete Gerstensack stand neben dem Herd, und der Jutesack war immer noch sichtlich feucht. Ich würde das Korn zum Trocknen ausbreiten müssen, sonst würde es verderben. Unter leichtem Protest meines verletzten Knies holte ich ein großes, flaches Korbtablett aus geflochtenem Schilf und kniete mich hin, um das feuchte Getreide in einer dünnen Lage darauf auszubreiten.
    »Hat er denn ein weiches Maul, Duncan?« Jamies Stimme kam deutlich durch das Fenster; der Ledervorhang war aufgerollt, um frische Luft hereinzulassen, und ich fing einen schwachen Tabakhauch von Duncans Pfeife auf. »Er ist ein großer, kräftiger Kerl, aber er hat einen freundlichen Blick.«
    »Oh, er ist ein Prachtpferd«, sagte Duncan mit einem unüberhörbar stolzen Unterton in der Stimme. »Und hat ein schönes, weiches Maul, aye. Miss Jo hat ihn von ihrem Stallaufseher auf dem Markt in Wilmington aussuchen lassen; hat ihm gesagt, daß er ein Pferd finden muß, das man gut mit einer Hand reiten kann.«

    »Mmpf. Aye, ja, er ist ein hübsches Tier.« Die Holzbank ächzte, als einer der Männer sein Gewicht verlagerte. Ich verstand den Hintersinn von Jamies Kompliment und fragte mich, ob Duncan es auch tat.
    Zum Teil war es schlichte Herablassung; Jamie war auf dem Pferderücken aufgewachsen, und als geborener Reiter wies er die bloße Vorstellung, überhaupt die Hände zu gebrauchen, weit von sich; ich hatte schon gesehen, wie er ein Pferd nur dadurch lenkte, daß er den Druck seiner Knie und Oberschenkel verlagerte, oder wie er sein Pferd auf einem überfüllten Schlachtfeld in Galopp setzte, die Zügel auf dem Pferdehals zusammengeknotet, so daß er die Hände für Schwert und Pistole frei hatte.
    Doch Duncan war weder ein Reiter noch ein Soldat; er hatte in der Nähe von Ardrossan als Fischer gelebt, bevor ihn der Aufstand wie so viele andere von seinen Netzen und seinem Boot fortgeholt hatte, um ihn nach Culloden und ins Verderben zu schicken.
    Jamie wäre nicht so taktlos, Duncan auf einen Mangel an Erfahrung hinzuweisen, der diesem selbst schon mehr als bewußt war; doch er würde ihn auf etwas anderes hinweisen wollen. Hatte Duncan es gemerkt?
    »Du bist es, dem sie helfen will, Mac Dubh, und das weißt du auch.« Duncans Tonfall war voller Ironie; er hatte Jamie sehr wohl verstanden.
    »Ich habe auch nie das Gegenteil behauptet, Duncan.« Jamies Stimme war ruhig.
    »Mmpf.«
    Ich lächelte trotz des Anflugs von Schärfe zwischen ihnen. Duncan beherrschte die für die Highlands typische Kunst der wortlosen Beredsamkeit genausogut wie Jamie. Dieses spezielle Geräusch beinhaltete sowohl einen leichten Anflug von Beleidigung über Jamies Andeutung, daß es sich für Duncan nicht gehörte, von Jocasta ein Pferd als Geschenk anzunehmen, als auch die Bereitschaft, die ebenfalls nur angedeutete Entschuldigung anzunehmen.
    »Also, hast du es dir überlegt?« Die Bank ächzte, als Duncan abrupt das Thema wechselte. »Willst du Sinclair oder Geordie Chisholm?«
    Er fuhr fort, ohne Jamie Zeit zum Antworten zu lassen, allerdings in einem Tonfall, der deutlich erkennen ließ, daß er all dies schon einmal gesagt hatte. Ich fragte mich, ob er versuchte, Jamie zu überzeugen, oder sich selbst - oder nur beiden bei ihrer Entscheidung helfen wollte, indem er die Fakten wiederholte.
    »Es stimmt, Sinclair ist ein Küfer, aber Geordie ist ein guter Mann;
ein sparsamer Arbeiter, und außerdem hat er zwei kleine Söhne. Sinclair ist nicht verheiratet, also würde er nicht viel brauchen, um hier

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