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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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kleine Annehmlichkeiten mitzunehmen wie einen Wasserkessel, zusätzliche Nahrung und ein Paar selbstgemachter Angelruten. Und eine Anzahl kleiner Geschenke für die Indianer, einschließlich eines Fäßchens mit selbstgebrautem Whisky, das mithelfen sollte, den schlechten Nachrichten, die sie überbrachten, die Spitze zu nehmen.
    Es gab keinen Grund zur Eile und einige zur Weile - Claire hatte ihm eindringlich aufgetragen, Willie nicht vor Ablauf von sechs Tagen zurückzubringen. Bis dahin würde von Lord John keine Ansteckungsgefahr mehr ausgehen. Er würde sich auf dem Weg der Besserung befinden - oder tot sein.
    Claire war äußerlich zuversichtlich gewesen, als sie Willie versicherte, daß seinem Stiefvater nichts geschehen würde, doch er hatte den Schleier der Sorge in ihren Augen gesehen. Der Gedanke daran verursachte ihm ein hohles Gefühl genau unter den Rippen. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, daß er nicht da war; er konnte John doch nicht helfen, und jede Krankheit rief in ihm ein Gefühl der Hilflosigkeit hervor, das ihm zugleich angst machte und ihn zur Weißglut trieb.
    »Diese Indianer - sie sind uns doch freundlich gesonnen?« Er konnte den Zweifel in Willies Stimme hören.
    »Ja.« Er spürte, daß Willie von ihm erwartete, daß er ihn förmlich anredete und »Milord« hinzufügte und zog eine leise, perverse Genugtuung daraus, es nicht zu tun. Er lenkte sein Pferd zur Seite und verlangsamte seinen Schritt, eine Einladung an Willie, zu ihm aufzuschließen. Er lächelte den Jungen an, als dieser es tat.
    »Wir kennen sie seit über einem Jahr und sind schon in ihren Langhäusern zu Gast gewesen - aye, die Menschen von Anna Ooka sind zuvorkommender und gastfreundlicher als die meisten Leute, denen ich in England begegnet bin.«
    »Ihr habt in England gelebt?« Der Junge warf ihm einen überraschten
Blick zu, und er verfluchte seine Unachtsamkeit, doch zum Glück interessierte sich der Junge viel mehr für die Rothäute als für die Vergangenheit des James Fraser und ging nach seiner vagen Antwort zur nächsten Frage über.
    Er war froh zu sehen, daß der Junge seine Übellaunigkeit ablegte und anfing, sich für ihre Umgebung zu interessieren. Er tat sein Bestes, ihn darin zu bestärken, indem er ihm im Weiterreiten Indianergeschichten erzählte und ihn auf Tierspuren aufmerksam machte, und es freute ihn zu sehen, wie der Junge auftaute und höflicher wurde, wenn auch nicht mehr.
    Die Ablenkung durch das Gespräch war ihm willkommen; sein Verstand war viel zu beschäftigt, als daß ihm die Stille hätte angenehm sein können. Wenn das Schlimmste geschah - wenn John starb -,was wurde dann aus Willie? Er würde zweifellos nach England und zu seiner Großmutter zurückkehren - und Jamie würde nie wieder von ihm hören.
    John war der einzige andere Mensch, der neben Claire die ganze Wahrheit über Willies Abstammung kannte. Es war möglich, daß Willies Großmutter die Wahrheit zumindest vermutete, doch sie würde niemals, unter keinen Umständen zugeben, daß ihr Enkel womöglich der uneheliche Sohn eines jakobitischen Verräters und nicht der legitime Nachkomme des Grafen war.
    Er bat in einem kurzen Gebet zu St. Bride um das Wohlergehen John Greys und versuchte, die nagende Sorge zu verdrängen. Trotz seiner Befürchtungen begann er, die Reise zu genießen. Der Regen hatte bis auf gelegentliche Spritzer nachgelassen, und der Wald duftete nach feuchten, frischen Blättern und fruchtbarem, dunklem Laubkompost.
    »Seht Ihr die Kratzer, die da an dem Baumstamm herunterlaufen?« Er wies mit dem Kinn auf einen hohen Hickorybaum, dessen Rinde in Fetzen herabhing und knapp zwei Meter über dem Boden eine Anzahl langer, parallel verlaufender, weißer Risse aufwies.
    »Ja.« Willie zog seinen Hut aus und klatschte sich damit gegen den Oberschenkel, um das Wasser auszuschlagen. Dann beugte er sich vor, um näher hinzusehen. »Ist das ein Tier gewesen?«
    »Ein Bär«, sagte Jamie. »Ganz frisch - seht Ihr, das Harz in den Rissen ist noch nicht trocken.«
    »Ist er noch in der Nähe?« Willie sah sich um, offenbar eher neugierig als alarmiert.
    »Nicht unmittelbar«, sagte Jamie, »oder die Pferde würden nervös werden. Aber auch nicht weit weg, aye. Haltet die Augen offen; bestimmt sehen wir seinen Dung oder seine Spuren.«

    Nein, wenn John starb, dann würde seine zarte Verbindung zu Willie abreißen. Er hatte sich seit langem mit der Situation abgefunden und ihre Notwendigkeit klaglos akzeptiert -

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