Der Ruf Der Trommel
kräftig, daß seine Zähne heftig aneinanderklapperten.
»Also, jetzt«, sagte er und ließ los. Der Junge stolperte und landete plötzlich auf dem Hosenboden, weil er das Gleichgewicht verlor. Jamie starrte Willie an, der neben dem Pferch im Schlamm saß. Sie hatten sich während der letzten vierundzwanzig Stunden immer wieder über dieses Thema gestritten, und er hatte genug davon.
»Ich weiß genau, was Ihr gesagt habt. Aber ich habe gesagt, daß Ihr mitkommt. Ich habe Euch gesagt, warum, und damit ist die Sache erledigt.«
Der Junge verzog das Gesicht zu einem finsteren Blick. Er ließ sich nicht so leicht einschüchtern, doch Jamie vermutete, daß ein Graf auch nicht daran gewöhnt war, daß es jemand versuchte.
»Ich gehe nicht weg!« wiederholte der Junge. »Ihr könnt mich nicht zwingen!« Er stand mit zusammengebissenen Kinnbacken auf und wandte sich wieder zum Blockhaus.
Jamie streckte den Arm aus, ergriff den Jungen am Kragen und zog ihn zurück. Als er sah, daß der Junge mit dem Fuß zu einem Tritt ausholte, ballte er die Faust und versetzte ihm einen gezielten Schlag in die Magengrube. Williams Augen quollen hervor; er fiel vornüber und hielt sich den Bauch.
»Hört auf zu treten«, sagte Jamie gelassen. »Es zeugt von schlechten Manieren. Und was das Zwingen angeht, natürlich kann ich das.«
Das Gesicht des Grafen war leuchtend rot, und sein Mund öffnete und schloß sich wie der eines verblüfften Goldfisches. Der Hut war ihm vom Kopf gefallen, und der Regen klebte ihm dunkle Haarsträhnen an den Kopf.
»Es ist sehr loyal von Euch, daß Ihr bei Eurem Stiefvater bleiben wollt«, fuhr Jamie fort und wischte sich das Wasser aus seinem eigenen Gesicht, »aber Ihr könnt ihm nicht helfen, und Ihr könnt selbst zu Schaden kommen, wenn Ihr hierbleibt. Also tut Ihr es nicht.« Aus dem Augenwinkel fing er eine Bewegung auf, als sich die Ölhaut vor dem Fenster der Hütte zur Seite bewegte und dann wieder herabfiel. Claire, die sich zweifellos wunderte, wieso sie nicht schon lange fort waren.
Jamie ergriff den Grafen, der jetzt keinen Widerstand mehr leistete, am Arm und führte ihn zu einem der gesattelten Pferde.
»Hinauf mit Euch«, sagte er, und zu seiner Genugtuung steckte der Junge zögernd einen Fuß in den Steigbügel und schwang sich in den Sattel. Jamie warf dem Jungen seinen Hut zu, zog seinen eigenen an und stieg ebenfalls auf. Vorsichtshalber behielt er jedoch beim Aufbruch die Zügel beider Pferde in der Hand.
»Ihr, Sir«, sagte eine atemlose, wutentbrannte Stimme hinter ihm, »seid ein Rüpel!«
Er schwankte zwischen Verärgerung und dem Drang zu lachen, gab aber keiner der beiden Regungen nach. Er blickte sich über seine Schulter um und sah, daß William sich ebenfalls umgewandt hatte und sich gefährlich zur Seite geneigt hatte, so daß er halb aus dem Sattel hing.
»Versucht es nicht«, riet er dem Jungen, der sich abrupt aufrichtete und ihn zornig anstarrte. »Ich würde Euch nur ungern die Füße an die Steigbügel binden, aber ich tue es, und das meine ich ernst.«
Die Augen des Jungen zogen sich zu leuchtenden, blauen Dreiecken zusammen, doch offensichtlich nahm er Jamie beim Wort. Er biß weiter die Zähne zusammen, doch seine Schultern fielen zum Zeichen seiner einstweiligen Niederlage ein wenig vornüber.
Den Großteil des Morgens über ritten sie schweigend hintereinander her, während ihnen der Regen an den Hälsen entlanglief und die Schultern ihrer Umhänge flachdrückte. William mochte seine Niederlage akzeptiert haben, doch er hatte es nicht sehr stilvoll getan. Er schmollte immer noch, als sie zum Essen abstiegen, holte aber zumindest ohne Widerrede Wasser und packte die Überreste ihrer Mahlzeit ein, während Jamie die Pferde tränkte.
Jamie beobachtete ihn unauffällig, doch es gab keine Anzeichen für
eine Maserninfektion. Das Gesicht des Grafen war zwar verkrampft, aber frei von jedem Ausschlag, und seine Nasenspitze tropfte zwar, doch dies schien einzig dem Wetter zuzuschreiben zu sein.
»Wie weit ist es?« Es wurde Nachmittag, bevor Williams Neugier seine Sturheit besiegte. Jamie hatte ihm längst die Zügel überlassen - jetzt bestand keine Gefahr mehr, daß der Junge versuchen würde, sich allein auf den Rückweg zu machen.
»Vielleicht zwei Tage.« In dem bergigen Terrain, das zwischen Fraser’s Ridge und Anna Ooka lag, würden sie zu Pferd kaum schneller vorankommen als zu Fuß. Doch die Tatsache, daß sie Pferde hatten, ermöglichte es ihnen,
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