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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Hand, machte aber keine Anstalten, sich etwas in ihren Becher zu gießen. Etwas mehr als eine Woche!
     
    Wilmington ist eine Kleinstadt, dachte Roger. An wie vielen Stellen konnte sie sich aufhalten? Wenn sie überhaupt hier war. Er glaubte, daß es sehr wahrscheinlich war; seine Nachfragen in den Hafenkneipen in New Bern hatten ergeben, daß die Phillip Alonzo sicher in Charleston gelandet war - und zwar nur zehn Tage, bevor die Gloriana in Edenton angedockt hatte.
    Brianna konnte zwei Tage oder zwei Wochen gebraucht haben, um von Charleston nach Wilmington zu gelangen - vorausgesetzt, sie war wirklich dorthin unterwegs.
    »Sie ist hier«, murmelte er. »Verdammt noch mal, ich weiß , daß sie hier ist!« Ob diese Überzeugung nun das Resultat seiner Überlegungen war oder seiner Intuition, seiner Hoffnung oder schlichter Sturheit, er klammerte sich jedenfalls daran wie ein ertrinkender Matrose an ein Brett.
    Er selbst war erstaunlich leicht von Edenton nach Wilmington gelangt. Man hatte ihn dazu eingeteilt, die Fracht aus dem Lagerraum der Gloriana abzuladen. Er hatte eine Kiste Tee in ein Lagerhaus getragen, sie abgestellt, war zum Tor zurückgegangen und hatte sich damit beschäftigt, sich das schweißdurchtränkte Halstuch wieder um den Kopf zu binden. Sobald der nächste Mann an ihm vorbei war, trat er auf das Dock hinaus, wandte sich nach rechts anstatt nach links und war innerhalb von Sekunden auf der engen, gepflasterten Gasse unterwegs, die von den Docks in die Stadt führte. Am nächsten Morgen hatte er eine Stelle als Träger auf einem kleinen Frachtschiff gefunden, das Vorräte für die Marine aus Edenton zum zentraleren Hafen von Wilmington beförderte, wo sie zum Transport nach England auf ein größeres Schiff verladen werden sollten.
    Ohne einen Moment der Reue hatte er in Wilmington auch dieses Schiff im Stich gelassen. Er hatte keine Zeit zu verlieren; Brianna mußte gefunden werden.
    Er wußte, daß sie hier war. Fraser’s Ridge lag in den Bergen; sie würde einen Führer brauchen, und Wilmington war der Hafen, in
dem die Wahrscheinlichkeit, einen solchen zu finden, am größten war. Und wenn sie hier war, dann würde jemand sie bemerkt haben; darauf würde er Geld wetten. Er konnte nur hoffen, daß sie nicht bereits den falschen Leuten aufgefallen war.
    Ein schneller Erkundungsgang auf der Hauptstraße ergab die Anzahl von dreiundzwanzig Wirtshäusern. Himmel, diese Leute tranken wie die Flußpferde! Es bestand natürlich die Möglichkeit, daß sie sich ein Zimmer in einem Privathaus genommen hatte, doch die Wirtshäuser waren der beste Ausgangspunkt.
    Bis zum Abend hatte er zehn der Wirtschaften geprüft, ein wenig durch die Notwendigkeit gebremst, seinen ehemaligen Schiffskameraden aus dem Weg zu gehen. Es hatte ihn mit rasendem Durst erfüllt, sich von so viel Alkohol umgeben zu sehen und keinen Penny übrig zu haben. Außerdem hatte er den ganzen Tag noch nichts gegessen, was die Sache auch nicht angenehmer machte.
    Dennoch bemerkte er diese körperliche Unannehmlichkeit kaum. Ein Mann in der fünften Kneipe hatte sie gesehen, eine Frau in der siebten ebenfalls. »Ein großer Mann mit rotem Haar«, hatte der Mann gesagt, doch »ein riesiges Mädchen in Kniehosen« waren die Worte der Frau gewesen, und sie hatte schockiert mit der Zunge geschnalzt. »Ist am hellichten Tag über die Straße gegangen mit dem Rock überm Arm und dem Hintern vor aller Augen!«
    Dieser Hintern sollte ihm nur erst unter die Augen kommen, dachte Roger mit einigem Grimm, und er wußte, was er damit tun würde. Er erbettelte sich einen Becher Wasser von einer gutherzigen Frau und brach mit frischer Entschlossenheit wieder auf.
    Bis es völlig dunkel geworden war, hatte er fünf weitere Kneipen durchkämmt. Die Schankräume waren jetzt voll, und er stellte fest, daß das große, rothaarige Mädchen seit fast einer Woche öffentliche Kommentare provoziert hatte. Die Natur eines Teils dieser Kommentare ließ ihm vor Entrüstung das Blut in den Wangen kochen, und nur die Angst, festgenommen zu werden, hielt ihn von tätlichen Angriffen ab.
    So aber verließ er nach einem häßlichen Wortwechsel mit zwei Betrunkenen wutentbrannt die fünfzehnte Wirtschaft. Himmel, hatte die Frau denn überhaupt keinen Verstand? Hatte sie denn keine Ahnung, wozu Männer fähig sind?
    Er blieb auf der Straße stehen und wischte sich mit dem Ärmel über sein verschwitztes Gesicht. Er atmete schwer und fragte sich, was er als nächstes tun

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