Der Ruf Der Trommel
etwas gestritten
hatten, obwohl Brianna sich darüber ausgeschwiegen hatte. Hatte sie ihn so wütend gemacht, daß er ohne sie zurückkehren würde?
Ich hielt es für sehr wahrscheinlich, daß ihr dieser Gedanke ebenfalls gekommen war; sie sprach kaum noch von Roger, doch ich sah das aufgeregte Licht in ihren Augen, wenn Clarence Besuch ankündigte, und ich sah es jedesmal ersterben, wenn sich zeigte, daß der Besucher einer von Jamies Pächtern oder Ians Tuscarorafreunden war.
»Beeil dich, Mensch«, brummte ich vor mich hin. Brianna hörte es und ließ die Zügel fest auf den Rücken des linken Maultiers knallen.
»Heh-hopp!« rief sie, und der klappernde Wagen legte an Tempo zu und schwankte über den engen Pfad nach Hause.
»Es hat keine besondere Ähnlichkeit mit dem Braukeller in Leoch«, sagte Jamie, während er reuevoll auf den improvisierten Destillierkessel am Rand der kleinen Lichtung zeigte. »Aber es produziert so etwas wie Whisky.«
Trotz seiner Bescheidenheit konnte Brianna sehen, daß er auf seine aufstrebende Destillerie stolz war. Sie lag fast zwei Meilen von der Blockhütte entfernt, und zwar in der Nähe von Fergus’ Haus - so erklärte er -, so daß Marsali mehrmals am Tag heraufkommen konnte, um einen Blick auf das Unterfangen zu werfen. Als Belohnung für diese Dienstleistung erhielten sie und Fergus einen etwas größeren Anteil an dem resultierenden Whisky als die anderen Bauern der Niederlassung, die die Rohgerste lieferten und beim Verkauf des Schnapses halfen.
»Nein, Schätzchen, das fiese Ding willst du nicht essen«, sagte Marsali bestimmt. Sie ergriff ihren Sohn beim Handgelenk und fing an, seine Finger nacheinander aufzubiegen, um das große, heftig strampelnde Insekt freizubekommen, das er - in offenem Widerspruch mit den Ermahnungen seiner Mutter - ganz offensichtlich doch essen wollte.
»Pfui!« Marsali ließ die Küchenschabe auf den Boden fallen und trat darauf.
Germain, ein unerschütterliches, stämmiges Kind, weinte nicht über den Verlust des Leckerbissens, sondern blickte haßerfüllt unter seinem blonden Fransenhaar hervor. Die Küchenschabe erhob sich unbeeindruckt von der schlechten Behandlung aus dem Laub und spazierte davon, wobei sie nur ganz leicht stolperte.
»Oh, ich glaube nicht, daß es ihm schaden würde«, sagte Ian belustigt. »Ich habe schon Küchenschaben gegessen, bei den Indianern. Heuschrecken schmecken aber besser - vor allem geräuchert.«
Marsali und Brianna machten Würgegeräusche, worauf sich Ians Grinsen noch verbreiterte. Er nahm sich den nächsten Gerstensack und schüttete eine dicke Lage Körner in einen flachen Weidenkorb. Zwei weitere Schaben, die sich plötzlich dem Tageslicht ausgesetzt sahen, schlitterten wie verrückt über den Korbrand, fielen zu Boden und schossen davon. Sie verschwanden unter dem Rand des grob gezimmerten Bodens in der Mälzerei.
»Nein, habe ich gesagt!« Marsali hielt Germain am Kragen fest und unterband seine entschlossenen Verfolgungsversuche. »Bleib hier, du kleiner Frechdachs, oder willst du auch geräuchert werden?« Kleine, durchsichtige Rauchwölkchen stiegen zwischen den Ritzen des Holzpodestes auf und überzogen die kleine Lichtung mit dem Frühstücksduft gerösteter Körner. Brianna spürte ihren Magen rumoren; es war fast Essenszeit.
»Vielleicht solltest du sie drinlassen«, schlug sie scherzhaft vor. »Geräucherte Küchenschaben könnten dem Whisky eine nette Geschmacksnote geben.«
»Ich glaube jedenfalls nicht, daß sie ihn verderben würden«, stimmte ihr Vater zu, während er an ihre Seite trat. Er wischte sich mit dem Taschentuch über das Gesicht, sah sich das Tuch an und zog eine Grimasse beim Anblick der Rußflecken, bevor er es wieder in seinen Ärmel steckte. »Alles klar, Ian?«
»Aye, alles klar. Nur der eine Sack ist durch und durch verdorben, Onkel Jamie.« Ian stand mit seinem Tablett voller Gerstenkörner auf und trat gleichgültig gegen einen aufgeplatzten Sack, auf dem sanftes Schimmelgrün und fauliges Schwarz von den üblen Nachwirkungen eindringender Feuchtigkeit zeugten. Zwei weitere Säcke standen am Rand des Mälzereibodens; sie waren geöffnet worden, die verdorbene, obere Schicht abgeschöpft.
»Dann laß uns zusehen, daß wir fertig werden«, sagte Jamie. »Ich verhungere.« Er und Ian ergriffen jeweils seinen Jutesack und streuten frische Gerste in einer dicken Schicht auf die freie Stelle auf dem Podestboden und benutzten einen flachen Holzspaten, um
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