Der Ruf Der Trommel
an.
Sie zögerte, doch es führte kein Weg an einer Erklärung vorbei.
»Es ist ein Gedicht, oder ein Teil davon. Papa hat es immer aufgesagt, wenn er nach Hause kam und Mama in ihrem Garten werkeln sah - er meinte immer, wenn sie könnte, würde sie dort draußen wohnen. Er hat oft gescherzt, daß sie - daß sie uns eines Tages verlassen und sich einen Ort suchen würde, wo sie ganz allein mit ihren Pflanzen leben könnte.«
»Ah.« Jamies Gesicht war ruhig, die breiten Wangen vom ersterbenden Licht gerötet. »Und wie geht das Gedicht?«
»Ich mach’ mich auf und geh’ nach Innisfree,
Dort bau’ ich eine Hütte aus Ruten und Lehm:
Dann pflanze ich dort Bohnen, und Bienen ich dort zieh’.
Und leb’ im Tal der Bienen allein und ganz bequem.«
Seine dichten, roten Brauen zogen sich sacht zusammen und glänzten in der Sonne.
»Ein Gedicht, wie? Und wo ist Innisfree?«
»Irland vielleicht. Er war Ire«, erklärte Brianna. »Der Dichter.« Die Bienenstöcke standen ordentlich in Reih und Glied auf ihren Steinen am Waldrand.
»Oh.«
Winzige Fusseln aus Gold und Schwarz schwebten an ihnen vorbei durch die honigduftende Luft - Bienen auf dem Heimweg von den Feldern. Ihr Vater machte keine Anstalten, weiterzugehen, sondern blieb still an ihrer Seite stehen und sah ihrer Mutter beim Bohnenpflücken zu, schwarz und golden zwischen den Pflanzen.
Also am Ende doch nicht allein, dachte sie. Doch es blieb ein Engegefühl in ihrer Brust, das fast ein Schmerz war.
Kenny Lindsey trank einen Schluck Whisky, schloß die Augen und ließ sich den Schnaps durch den Mund laufen wie ein professioneller Weintester. Er hielt inne, runzelte konzentriert die Stirn und schluckte dann krampfhaft.
»Huuh!« Er holte Luft und erschauerte von oben bis unten.
»Himmel«, sagte er heiser. »Der zieht einem ja die Schuhe aus.«
Jamie grinste über das Kompliment und goß noch ein kleines Glas ein, das er Duncan hinüberschob.
»Aye, er ist besser als der letzte«, pflichtete er bei und schnüffelte vorsichtig, bevor er von seinem eigenen Becher probierte. »Diesmal gerbt er einem die Zunge nicht so.«
Lindsey wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und nickte zustimmend.
»Tja, wir bringen ihn gut unter. Woolam möchte ein Faß - damit kommt er ein ganzes Jahr aus, so sparsam wie diese Quäker damit umgehen.«
»Habt Ihr einen Preis vereinbart?«
Lindsey nickte und roch anerkennend an dem Teller mit Haferkeksen und Häppchen, den Lizzie vor ihn hingestellt hatte.
»Einen Zentner Gerste pro Faß; noch einen, wenn er die Hälfte des daraus resultierenden Whiskys bekommt.«
»Das ist fair.« Jamie nahm sich einen Haferkeks und kaute einen Augenblick lang geistesabwesend darauf herum. Dann zog er eine Augenbraue hoch und sah Duncan an, der ihm gegenübersaß.
»Kannst du MacLeod am Naylors Creek fragen, ob er damit einverstanden ist? Du kommst doch auf dem Heimweg dort vorbei, aye?«
Duncan nickte kauend, und Jamie prostete mir mit erhobenem Becher einen stummen Glückwunsch zu - mit Woolams Angebot hatten wir insgesamt achthundert Pfund Gerste durch Tauschhandel und Versprechungen zusammengekratzt. Das war mehr als der Reingewinn der gesamten Felder unserer Niederlassung; der Rohstoff für den Whisky des kommenden Jahres.
»Ein Faß für jedes Haus in der Siedlung, zwei für Fergus…« Jamie zog geistesabwesend an seinem Ohrläppchen, während er nachrechnete. »Vielleicht zwei für Nacognaweto, eins, das wir zum Reifen liegen lassen - aye, wir haben vielleicht ein Dutzend Fässer für das Gathering übrig, Duncan.«
Duncans Ankunft kam uns sehr gelegen. Jamie hatte es zwar geschafft, den Rohwhisky des ersten Jahres bei der Herrnhuter Brüdergemeinde gegen die Werkzeuge, das Tuch und andere Dinge einzutauschen, die wir so dringend brauchten, doch es bestand kein Zweifel, daß die reichen schottischen Pflanzer vom Cape Fear einen besseren Markt abgeben würden.
Wir konnten es uns auf keinen Fall erlauben, uns für die einwöchige Reise zum Mount Helicon von der Siedlung zu entfernen, doch wenn Duncan den Whisky mitnehmen und verkaufen konnte… Ich stellte im Kopf bereits Listen zusammen. Zu den volksfestähnlichen Gatherings brachte jeder Dinge mit, die er verkaufen wollte. Wolle, Tuch, Werkzeuge, Lebensmittel, Tiere… Ich brauchte dringend einen kleinen Kupferkessel und sechs Ellen neuen Musselin für Hemden und…
»Meinst du wirklich, du solltest den Indianern Alkohol geben?« Briannas Frage riß mich
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