Der Ruf Der Trommel
Rücken an die Steinmauer und drehte die Augen mit einem stummen Gebet um Verständnis zum Himmel.
»Lieber Gott im Himmel«, sagte er. »Daß ich es noch erleben darf, ein solches Angebot zu hören!« Dann senkte er den Kopf und sah sie direkt und durchdringend an.
»Habt Ihr den Verstand verloren?«
»Nein«, sagte sie, während sie sich bemühte, die Fassung zu behalten. »Es ist doch ein absolut vernünftiger Vorschlag.«
»Ich habe ja schon davon gehört«, sagte er mit großer Vorsicht, wobei er ihren Bauch ins Auge faßte, »daß Frauen in anderen Umständen leicht… erregbar sind, als Folge ihres Zustandes. Ich gestehe jedoch, daß meine Erfahrungen furchtbar begrenzt sind, was… das heißt - vielleicht sollte ich Dr. Fentiman rufen lassen?«
Sie richtete sich zu voller Größe auf, legte eine Hand auf die Mauer und beugte sich zu ihm hinüber. Sie sah ganz bewußt auf ihn hinunter und setzte ihre Größe ein, um ihm zu drohen.
»Nein, das solltet Ihr nicht«, sagte sie in gemäßigtem Tonfall.
»Hört mir zu, Lord John. Ich bin nicht verrückt, ich treibe keine Spielchen, und ich möchte Euch auch in keiner Weise zur Last fallen - aber ich meine es völlig ernst.«
Die Kälte hatte seine blasse Haut gerötet, und ein feuchter Tropfen glitzerte an seiner Nasenspitze. Er wischte ihn mit einer Falte seines Umhangs ab und betrachtete sie mit einem Ausdruck zwischen Interesse und Grauen. Immerhin hatte er aufgehört zu lachen.
Ihr war ein bißchen übel, doch sie würde es tun müssen. Sie hatte gehofft, daß es vermeidbar sein würde, doch es schien keine andere Möglichkeit zu geben.
»Wenn Ihr Euch nicht einverstanden erklärt, mich zu heiraten«, sagte sie, »dann stelle ich Euch bloß.«
»Dann tut Ihr was?« Seine übliche Maske der Weltläufigkeit war verschwunden, und Verwunderung und aufkeimender Argwohn waren an ihrer Stelle zurückgeblieben.
Sie trug Wollhandschuhe, doch ihre Finger fühlten sich gefroren an - genau wie alles andere, außer dem warmen Gewicht ihres schlafenden Kindes.
»Ich weiß, was Ihr gemacht habt - neulich nachts, in der Dienstbotenunterkunft. Ich sage es allen; meiner Tante, Mr. Campbell, dem Sheriff. Ich werde Briefe schreiben«, sagte sie, und ihre Lippen fühlten sich taub an, während sie ihre lächerliche Drohung aussprach. »An den Gouverneur, und den Gouverneur von Virginia. Man stellt Päderasten hier an den Pranger; Mr. Campbell hat es mir erzählt.«
Ein Stirnrunzeln zog seine Brauen zusammen; sie waren so hell, daß sie sich kaum von seiner Haut abhoben, wenn er in kräftigem Licht stand. Sie erinnerten sie an Lizzies.
»Hört bitte auf, so auf mich herabzusehen.«
Er ergriff ihr Handgelenk und setzte sie in Bewegung, fort vom Haus. Ihr kam der Gedanke, daß er sie vielleicht zum Fluß hinunterbringen wollte, außer Sichtweite, und versuchen wollte, sie zu ertränken. Sie hielt es für unwahrscheinlich, wehrte sich aber dennoch gegen die Richtung, in die er sie drängte, und wandte sich zu den rechtwinklig angelegten Pfaden des Gemüsegartens zurück.
Er erhob keinen Widerspruch, sondern ging mit ihr, auch wenn das bedeutete, geradewegs gegen den Wind zu marschieren. Er sagte nichts, bis sie eine weitere Wendung gemacht und eine windgeschützte Ecke neben dem Zwiebelbeet erreicht hatten.
»Ich bin fast versucht, Eurem empörenden Vorschlag zuzustimmen«, sagte er schließlich, und sein Mundwinkel zuckte - ob aus Wut oder vor Belustigung, das konnte sie nicht sagen.
»Eure Tante würde es mit Sicherheit freuen. Eure Mutter würde es empören. Und es würde Euch lehren, mit dem Feuer zu spielen, das versichere ich Euch.« Sie entdeckte einen Glanz in seinem Blick, der sie ruckartig an ihren Schlußfolgerungen über seine Vorlieben zweifeln ließ. Sie wich ein wenig vor ihm zurück.
»Oh. Ich hatte nicht bedacht - daß Ihr vielleicht… Männer und Frauen, meine ich.«
»Ich bin verheiratet gewesen«, erinnerte er sie mit triefendem Sarkasmus.
»Ja, aber ich dachte, das wäre vielleicht etwas Ähnliches gewesen wie das, was ich Euch vorschlage - nur eine Formsache, meine ich. Das hat mich überhaupt auf den Gedanken gebracht, als ich erst einmal erkannt hatte, daß Ihr -« Sie brach mit einer ungeduldigen Geste ab. »Wollt Ihr mir sagen, daß Ihr wirklich mit Männern und mit Frauen ins Bett geht?«
Er zog eine Augenbraue hoch.
»Würde das einen großen Unterschied für Eure Pläne bedeuten?«
»Tja…«, sagte sie unsicher. »Ja. Ja, das
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