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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Charmes beraubt, doch immerhin war sie vor den eisigen Windstößen geschützt, die vom Fluß herauftobten. Lord John wartete, bis sie saß, setzte sich dann ebenfalls und nieste heftig. Sie öffnete ihren Umhang, nestelte im Ausschnitt ihres Kleides herum und brachte schließlich ein zerknittertes Taschentuch zum Vorschein, das sie ihm unter Entschuldigungen reichte.
    Es war warm und roch nach ihr - ein verwirrender Geruch nach Mädchenhaut, mit Nelken und Lavendel gewürzt.
    »Was Ihr gesagt habt, daß Ihr mich lehren wolltet, mit dem Feuer zu spielen«, sagte sie. »Was genau habt Ihr damit gemeint?«
    »Nichts«, sagte er, doch jetzt war es an ihm zu erröten.
    »Nichts, hm?« sagte sie und schenkte ihm den Hauch eines ironischen Lächelns. »Das war eine Drohung, wenn ich je eine gehört habe.«
    Er seufzte und wischte sich noch einmal mit dem Taschentuch über das Gesicht.
    »Ihr seid offen zu mir gewesen«, sagte er. »Bis zur Schmerzgrenze und weit darüber hinaus. Gut, ja, ich schätze, ich - nein, es war eine Drohung.« Er ergab sich mit einer kleinen Geste. »Ihr seht aus wie Euer Vater, versteht Ihr das nicht?«
    Sie sah ihn stirnrunzelnd an; offensichtlich sagten seine Worte ihr nichts. Dann flackerte die Erkenntnis auf und erwachte zu vollem Leben. Sie saß kerzengerade da und starrte zu ihm hinunter.
    »Nicht Ihr - nicht Pa! Das würde er nicht tun!«
    »Nein«, sagte Lord John sehr trocken. »Das würde er nicht tun. Obwohl Euer Erschrecken kaum ein Kompliment für mich ist. Und was diese Aussage auch immer wert ist, ich würde Eure Ähnlichkeit mit ihm unter keinen Umständen ausnutzen - das war eine ebenso leere Drohung wie die Eure, mich bloßzustellen.«
    »Wo habt Ihr… meinen Vater kennengelernt?« fragte sie vorsichtig, und ihre eigenen Sorgen traten für einen Moment hinter ihre Neugier zurück.
    »Im Gefängnis. Ihr wißt, daß er nach dem Aufstand eine Zeit im Gefängnis verbracht hat?«

    Sie nickte mit einem leichten Stirnrunzeln.
    »Ja. Gut. Lassen wir es einfach dabei, daß ich Gefühle besonderer Zuneigung für Jamie Fraser hege, und zwar schon seit Jahren.« Er schüttelte den Kopf und seufzte.
    »Und jetzt kommt Ihr und bietet mir Euren unschuldigen Körper an, mit all seinen Anklängen an seinen Körper - und versprecht mir noch dazu ein Kind, das mein Blut mit dem seinen vermischen würde - und das alles, weil Eure Ehre nicht zuläßt, daß Ihr den Mann heiratet, den Ihr liebt, oder den Mann liebt, den Ihr heiratet.« Er brach ab und ließ den Kopf in seine Hände sinken.
    »Kind, Ihr würdet einen Engel zum Weinen bringen, und ich bin weiß Gott kein Engel!«
    »Meine Mutter findet aber, daß Ihr einer seid.«
    Er blickte aufgeschreckt zu ihr hoch.
    »Sie findet was ?«
    »Vielleicht würde sie nicht ganz soweit gehen«, verbesserte sie sich immer noch stirnrunzelnd. »Aber sie sagt, Ihr seid ein guter Mensch. Ich glaube, sie mag Euch, wenn auch etwas widerstrebend. Natürlich verstehe ich das jetzt; sie muß ja wissen - was Ihr… äh… empfindet…« Sie hustete und verbarg ihr Erröten in einer Falte ihres Umhangs.
    »Teufel noch mal«, brummte er. »Oh, Tod und Teufel. Ich hätte niemals mit Euch ins Freie kommen sollen. Ja, das weiß sie. Obwohl ich mir ehrlich gesagt nicht sicher bin, warum sie mich mit Argwohn betrachtet. Es kann ja wohl nicht aus Eifersucht sein.«
    Brianna schüttelte den Kopf und kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum.
    »Ich glaube, sie befürchtet, daß Ihr ihn irgendwie verletzen werdet. Sie hat Angst um ihn, versteht Ihr?«
    Er blickte aufgeschreckt zu ihr hoch.
    »Ihn verletzen? Wie? Glaubt sie, daß ich über ihn herfallen und entwürdigende Verwerflichkeiten an seiner Person begehen werde?«
    Er sagte es scherzhaft, doch ein Flackern in ihren Augen ließ die Worte in seiner Kehle ersticken. Er umklammerte ihren Arm fester. Sie biß sich auf die Lippe, dann entfernte sie sanft seine Hand und legte sie auf sein Knie.
    »Habt Ihr meinen Vater jemals ohne Hemd gesehen?«
    »Meint Ihr die Narben auf seinem Rücken?«
    Sie nickte.
    Er trommelte unruhig mit den Fingern auf seine Knie, geräuschlos auf dem guten Wollstoff.
    »Ja, das habe ich gesehen. Das war ich.«

    Ihr Kopf fuhr zurück, die Augen weit aufgerissen. Ihre Nasenspitze war kirschrot, doch ansonsten war ihre Haut so bleich, daß ihr Haar und ihre Augenbrauen ihr das ganze Leben ausgesaugt zu haben schienen.
    »Nicht alles«, sagte er und starrte auf ein Beet mit abgestorbenen

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