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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sah ihn abschätzend an. »Wobei du übrigens nicht derjenige bist, vor dem sie Angst hat.«
    »Nicht?«
    »Nein«, sagte sie unverblümt. »Sie mag sich eingeredet haben, daß sie wissen muß, warum du zurückgekommen bist, aber das ist es nicht - ein Regiment von Blinden könnte das sehen. Es ist, weil sie Angst hat, daß sie nicht in der Lage ist - mmpfm.« Sie sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an und vermittelte ihm auf diese Weise eine ganze Fülle von Vieldeutigkeiten.
    »Ich verstehe«, sagte er und holte tief Luft. »Und was genau soll ich deiner Meinung nach dagegen tun?«
    Sie hob ihren Korb auf und hängte ihn sich über den Arm.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie mit einem weiteren gelben Blick. »Aber ich denke, du solltest vorsichtig sein.«
     
    Kaum hatte er nach dieser verwirrenden Konsultation seinen Gleichmut wiedergefunden, da verdunkelte ein anderer Besucher seine Eingangstür. Jamie Fraser, mit Geschenken.
    »Ich hab’ Euch Rasierzeug gebracht«, sagte Fraser und blickte ihn kritisch an. »Und heißes Wasser.«
    Claire hatte ihm vor ein paar Tagen mit ihrer Arztschere den Bart geschnitten, doch er hatte sich zu zittrig gefühlt, um eine Rasur mit einem jener Messer zu versuchen, die man mit gutem Grund »Halsabschneider« nannte.
    »Danke.«
    Fraser hatte ihm auch einen kleinen Spiegel und ein Töpfchen Rasierseife mitgebracht. Sehr aufmerksam. Er hätte sich gewünscht, daß Fraser ihn allein lassen würde, anstatt sich in den Türrahmen zu lehnen und die Vorgänge kritisch zu begutachten, doch unter den gegebenen Umständen konnte Roger ihn kaum bitten zu gehen.
    Trotz des unerwünschten Zuschauers war es eine grandiose Erleichterung, den Bart loszuwerden. Er juckte bestialisch, und er hatte sein Gesicht seit Monaten nicht mehr gesehen.
    »Geht die Arbeit gut voran?« Er versuchte es mit höflicher Konversation, während er zwischen den Rasierbewegungen die Klinge abspülte. »Ich habe Euch heute morgen dahinten hämmern hören.«

    »Oh, aye.« Frasers Augen verfolgten jede seiner Bewegungen mit Interesse - abschätzend, dachte er. »Ich habe den Fußboden fertig und ein Stück von der Decke. Claire und ich werden heute nacht dort oben schlafen, denke ich.«
    »Ah.« Roger reckte den Hals, um die Neigung seines Kinns zu verändern. »Claire hat gesagt, ich kann wieder laufen; sagt mir, welche Aufgaben ich übernehmen kann.«
    Jamie nickte mit gekreuzten Armen.
    »Könnt Ihr mit Werkzeug umgehen?«
    »Hab’ nicht viel Erfahrung mit Bauarbeiten«, gab Roger zu. Er ging davon aus, daß ein Vogelhaus in der Schule nicht zählte.
    »Ich nehme nicht an, daß Ihr eine große Hilfe beim Pflügen seid, oder bei einer ferkelnden Sau?« In Frasers Augen lag definitiv ein belustigtes Glitzern.
    Roger hob das Kinn und entfernte die letzten Stoppeln von seinem Hals. Er hatte in den letzten Tagen darüber nachgedacht. Kein großer Bedarf für die Talente eines Historikers oder Folksängers auf einem Bergbauernhof des achtzehnten Jahrhunderts.
    »Nein«, sagte er gleichmütig und legte das Rasiermesser hin. »Und ich kann auch keine Kuh melken, keinen Schornstein bauen, keine Schindeln schneiden, kein Gespann fahren, keine Bären schießen, keine Hirsche ausweiden oder jemanden mit dem Schwert aufspießen.«
    »Nicht?« Unverhüllte Belustigung.
    Roger spritzte sich Wasser ins Gesicht und trocknete es ab, dann wandte er sich Fraser zu.
    »Nein. Was ich Euch anbieten kann, ist ein kräftiges Kreuz. Reicht das?«
    »Oh, aye. Könnte es kaum besser antreffen, oder?« Frasers Mundwinkel verzogen sich nach oben. »Aber Ihr könnt das eine Ende einer Schaufel vom anderen unterscheiden, oder?«
    »Soviel weiß ich.«
    »Dann kommt Ihr gerade recht.« Fraser schob sich aus dem Eingang. »Claires Garten muß umgegraben werden, die Gerste in der Destillerie muß gewendet werden, und im Stall wartet ein allmächtiger Dunghaufen. Danach zeige ich Euch, wie man eine Kuh melkt.«
    »Danke.« Er wischte das Rasiermesser sauber, legte es wieder in den Beutel und reichte das Ganze zurück.
    »Claire und ich gehen heute abend zu Fergus«, sagte Fraser beiläufig, während er es entgegennahm. »Und nehmen das Mädchen mit, damit sie Marsali ein bißchen helfen kann.«

    »Ah? Na ja… schönen Abend.«
    »Oh, ich denke, den werden wir haben.« Fraser blieb im Eingang stehen. »Brianna wollte lieber hierbleiben; der Kleine hat sich ein bißchen beruhigt, und sie will ihn nicht durch den langen Spaziergang nervös

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