Der Ruf Der Trommel
machen.«
Roger starrte den anderen Mann unverwandt an. In diesen blauen Schlitzaugen konnte man alles lesen - oder nichts.
»Oh, aye?« sagte er. »Wollt Ihr mir damit sagen, daß sie allein sind? Dann passe ich auf sie auf.«
Eine rote Augenbraue hob sich um zwei Zentimeter.
»Oh, da bin ich mir sicher.« Fraser streckte die Hand aus und öffnete sie über der leeren Schale. Es erklang ein leises, metallisches Scheppern, und ein roter Funke glühte auf dem Zinn auf. »Denkt daran, was ich Euch gesagt habe, MacKenzie - meine Tochter braucht keinen Feigling.«
Bevor er antworten konnte, senkte sich die Augenbraue wieder, und Fraser sah ihn gleichmütig an.
»Ihr habt mich einen Jungen gekostet, den ich liebhatte, und ich bin nicht geneigt, Euch dafür zu mögen.« Er blickte auf Rogers Fuß hinab, dann hoch. »Aber ich habe Euch vielleicht mehr als das gekostet. Ich würde sagen, wir sind quitt - oder auch nicht - wie Ihr wünscht.«
Roger nickte erstaunt, dann fand er seine Stimme wieder.
»Abgemacht.«
Fraser nickte und verschwand genauso schnell, wie er gekommen war. Roger blieb zurück und starrte auf die leere Tür.
Er bewegte die Klinke und drückte sacht gegen die Tür des Blockhauses. Sie war verriegelt. Soviel zu der Idee, Dornröschen mit einem Kuß zu wecken. Er erhob die Faust, um anzuklopfen, dann hielt er inne. Falsche Heldin. Dornröschen hatte keinen leicht erzürnbaren Zwerg bei sich im Bett gehabt, der nur darauf wartete, bei der geringsten Störung das ganze Haus zusammenzubrüllen.
Er ging um das kleine Blockhaus herum und überprüfte die Fenster, während ihm Namen wie Hatschi und Brummbär in den Sinn kamen. Wie würde man diesen hier nennen. Brülli? Stinki?
Das Haus war so dicht wie eine Trommel - seine Fenster waren mit Ölhäuten verhängt. Er konnte eine davon losboxen, doch das letzte, was er wollte, war, ihr einen Schrecken einzujagen, indem er hier einbrach.
Langsam ging er noch einmal um das Haus herum. Das Vernünftigste
würde sein, zum Sprechzimmer zurückzukehren und bis zum Morgen zu warten. Dann konnte er mit ihr reden. Besser, als sie aus dem Tiefschlaf zu reißen und das Kind aufzuwecken.
Ja, das war ganz klar das Beste. Claire würde sich um den kleinen Mist - um das Baby kümmern, wenn er sie darum bat. Sie könnten in Ruhe reden, ohne Furcht vor Unterbrechungen, im Wald spazierengehen, die Lage klären. Gut. Das war’s also.
Zehn Minuten später hatte er zwei weitere Runden um das Haus gedreht, stand an der Rückseite im Gras und betrachtete das schwach erleuchtete Fenster.
»Wofür hältst du dich eigentlich, zum Teufel?« murmelte er vor sich in. »Für eine verflixte Motte?«
Das Ächzen von Fußbodenbrettern hinderte ihn daran, sich selbst eine Antwort zu geben. Er schoß gerade rechtzeitig um die Ecke des Hauses, um eine weißgewandete Gestalt zu sehen, die geisterhaft den Pfad zum Abort entlangschwebte.
»Brianna?«
Die Gestalt wirbelte mit einem kleinen Schreckensjapser herum.
»Ich bin’s«, sagte er und sah ihre Hand als dunklen Flecken, der sich gegen das weiße Nachthemd preßte, über ihrem Herzen.
»Was ist mir dir los, daß du mir so auflauerst?« wollte sie aufgebracht wissen.
»Ich will mit dir reden.«
Sie antwortete nicht, sondern fuhr herum und machte sich auf dem Pfad davon.
»Ich habe gesagt, ich will mit dir reden« wiederholte er lauter, während er ihr folgte.
»Und ich will aufs Klo«, sagte sie. »Verschwinde.« Sie schloß die Aborttür mit einen nachdrücklichen Knall.
Er zog sich ein kleines Stück des Weges zurück und wartete darauf, daß sie wieder zum Vorschein kam. Ihr Schritt verlangsamte sich, als sie ihn sah, doch es führte kein Weg an ihm vorbei, ohne in das hohe, nasse Gras zu treten.
»Du solltest mit deinem Fuß nicht herumlaufen«, sagte sie.
»Meinem Fuß geht’s gut.«
»Ich finde, du solltest wieder ins Bett gehen.«
»Gut«, sagte er und stellte sich unverrückbar vor ihr mitten auf den Weg. »Wo?«
»Wo?« Sie erstarrte, tat aber nicht so, als verstünde sie ihn nicht.
»Da oben?« Er wies mit einem Ruck seines Daumens auf den Bergkamm. »Oder hier?«
»Ich - äh -«
Sei vorsichtig , meinte ihre Mutter, und meine Tochter braucht keinen Feigling war die Ansicht ihres Vaters. Er hätte eine verflixte Münze werfen können, doch fürs erste folgte er Jamie Frasers Ratschlag, und nach ihm die Sintflut.
»Du hast gesagt, du hast eine Ehe aus Pflichtgefühl und eine aus Liebe kennengelernt.
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