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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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seiner Frau und strich ihr über die Stirn. »Ich schwöre dir, dass du nie wieder eine solche Beleidigung erdulden wirst. Wodan sei mein Zeuge.«
    Zum ersten Mal, seit sie seine Frau war, verspürte Brünhild das Bedürfnis, in seinen Armen Schutz zu suchen. Aber sie streifte diesen ungewohnten Wunsch ab wie ein Paar Schuhe, das ihr nicht mehr passte. In ihrem Herzen war für nichts anderes Platz als Hass, selbst ihre Augen waren trüb davon.
    Sehnsüchtig hoffte Gunter auf eine Reaktion, irgendetwas, das ihm zeigte, dass sie ihm wenigstens in dieser Sache vertraute. Aber da sie nicht reagierte, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zu erheben und niedergeschlagen zu gehen.
    Hagen folgte seinem König. Grimhild war nicht erwähnt worden, aber er beging weder den Fehler, sie zu unterschätzen, noch machte er sich Illusionen über den Preis, den er selbst für seine Treue zu Gunter würde zahlen müssen. Was immer er Sigfrid antat, Grimhilds Reaktion würde schrecklich sein. Hagen verbot sich, weiter darüber nachzudenken. Die Ehre seiner Königin und seines Königs, eines Mannes, der jeden Respekt verdient hatte, standen auf dem Spiel. Was er oder sonst jemand für Wünsche oder Hoffnungen dafür opfern musste, war ohne Belang. Nur geleistete Eide zählten. Eide waren das Einzige, woran man sich halten konnte in dieser friedlosen Welt. Wenn nicht einmal mehr die Schwüre, die mit eigenem Blut im Angesicht Wodans geleistet wurden, noch etwas bedeuteten   – was konnte dann noch ragnarök aufhalten?
    Wie eine Traumwandlerin erhob sich Brünhild, sobald sie allein war. Sie würde ihre Rache bekommen. Ihre Ehre würde wiederhergestellt werden. Warum aber wurde ihr Herz dann nicht leichter? Warum sank ihre Hoffnung wie ein Stein im kalten See? Warum nur fiel sie auf das Lager und schluchzte herzzerreißend, kaum dass die beiden Männer den Raum verlassen hatten?

Gott der Lust,
Gott der Toten
1
    Kichernd hüpfte der Nachtmahr näher ans Bett. Seine Augen lagen, glühenden Kohlen gleich, auf der schlafenden Gestalt. Mit einem Satz hockte der Truggeist der Wehrlosen auf, bleckte seine schwarzen Zahnstummel und begann, mit haarigen Händen Druck auszuüben. Grimhild stöhnte leise. Jetzt legte sich der unheimliche Gast mit seinem ganzen Gewicht auf sie und presste ihre Brust so hart, dass sie kaum Luft bekam. Gierig saugte er ihren Atem ein. Sein garstiger Kuss verstörte sie. Sie wimmerte im Schlaf, wollte sich befreien, doch der Nachtmahr hielt sie mit festem Griff umklammert und flüsterte ihr Niederträchtiges ins Ohr. Grimhild versuchte zu schreien, doch er hatte ihre Zunge mit einem Bann belegt. Wollüstig trank er ihre Angst, nährte sich von ihrer Panik.
    Ein Hahnenschrei überraschte ihn mitten in seiner Schandtat. Das hässliche Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse. Fluchtartig verließ er den Raum.
     
    Grimhild schreckte hoch. Aus den Augenwinkeln sah sie eben noch, wie der Quälgeist in Gestalt einer Maus davonschlüpfte. Die Niflunge zitterte, das Nachthemd klebte an ihrem Körper. Ein Laut des Ekels entfuhr ihrem Mund und brach den Zungenbann. Erleichtert, den Klang der eigenen Stimme zu hören, schluchzte sie auf.
    Sigfrid kam mit einer Schale Wasser herein, das Gesicht mit seiffa bedeckt. »Guten Morgen, Schönheit!«, sagte er und gab ihr einen nassen Kuss, dass sie wider Willen lachen musste.
    Das Lachen vertrieb die Beklemmung. Grimhild beobachtete ihn, während er sich an einen Tisch setzte und das Gesicht in die Wasserschale tauchte. Sie liebte ihn. Bei Frija, wie sie ihn liebte! Ihr Verlangen nach ihm wurde mit jedem Tag größer. Es schien ihr unbegreiflich, dass ein solch gewaltiges Gefühl überhaupt existieren konnte. »Ich hatte einen Traum«, sagte sie. »Einen Alb traum.« Sie sprang aus dem Bett und umschlang ihn von hinten. »Bitte, geh heute nicht fort! Gefahr droht dir, ich weiß es!«
    Sigfrid legte seinen Arm auf ihren, ohne sich beim Auszupfen der Barthaare stören zu lassen. »Ich gehe nur mit Gunter auf die Jagd; ein harmloses Vergnügen.«
    »Mein Traum war eine Warnung.«
    »Du weißt, wie Truggeister sind: Sie haben ihren Spaß daran, dich zu erschrecken.«
    Grimhild löste sich von ihm. Er war so arglos! Aber, natürlich, er wusste ja nicht, was sie wusste. Sie senkte die Lider. »Ich   … hatte kürzlich einen Streit mit Brünhild.«
    Sigfrid legte die bronzene Bartzange beiseite und zog sich an. »So?«
    »Sie   … ließ einige verletzende Bemerkungen über dich  

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