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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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albische Weise: Er berührte mit dem kleinen Finger seine Zungenspitze. »Ich werde es mir merken, Hagen.   – Ehrlich gesagt: Hagu gefällt mir besser. Geisterhafte Erscheinung   – passt das nicht zu dir?«
    »Was willst du?«
    Der Albe stieß einen Laut aus, der einem unterdrückten Kichern nicht unähnlich war. »Gastfreundlich wie immer!«
    »Die Anwesenheit eines Schwarzalben bringt selten etwas Gutes.«
    »Du musst es ja wissen.«
    »Ich bin keiner von euch. Ich bin ein Mensch.«
    »Tatsächlich? Ich beobachte dich seit ein paar Nächten, weißt du. Es ist offensichtlich, dass du ein Kind des Stillen Volkes bist. Deine Kenntnis der Erdkräfte verrät dich. Du bewegst dich fast so unhörbar wie ich.«
    »Du beobachtest mich?«
    »Nun ja, eigentlich nicht dich. Alberich gab mir den Auftrag   –«
    »Alberich!« Hagen spie das Wort förmlich aus.
    Um Andvaris Augen bildeten sich Lachfalten. »Er denkt ebenso freundlich von dir, Hagen. Jedenfalls, er gab mir den Auftrag, Sigfrid im Auge zu behalten.« Genau genommen war auch das nicht korrekt. Aber der Ring würde noch früh genug ins Spiel kommen. Andvari wusste, sein Bruder würde verärgert sein   – vorsichtig ausgedrückt. »Als Sigfrid hierherkam, konnte ich dem Drang nicht widerstehen, nach dir zu sehen.«
    »Und? Bist du zufrieden?«
    »Es tut weh, dir zuzusehen, Hagen. Du verleugnest dein megin . Die Erdkräfte können nicht richtig fließen. Als du damals fortgingst in die Leere, hast du der Freude den Rücken gekehrt. Du gehörst nicht hierher.«
    »Wohin dann? Etwa zu den Schwarzalben, die mir mein Auge und meine Ehre nahmen?« Hagen starrte in seinen Wein. »Ich gehöre nirgendwo hin.«
    Andvari ließ eine Pause verstreichen, während der er mit dem Finger Figuren auf den Tisch malte. Es gab vieles, was er sagen wollte, aber dies war nicht der richtige Zeitpunkt. »Um deine Frage zu beantworten: Vor vielen Jahren hat Sigfrid Alberich im Kampf bezwungen.«
    Hagen verzog das Gesicht. »Das ist mir bekannt. Die Skopen kennen kaum ein anderes Thema.«
    »Alberich hat ihm Treue geschworen, aber du weißt ja, wie er ist. Er hat ein paarmal versucht, ihn in den Tod zu schicken. Selbstverständlich ohne seinen Schwur zu brechen.«
    Der Waffenmeister nickte verächtlich. Es sah dem hinterlistigen Albenkönig ähnlich, einen Eid großzügig auszulegen.
    »Leider hat sein großer Plan nicht funktioniert. Im Gegenteil. Es war seine Idee, ihn auf nidhöggr treffen zu lassen. Nicht nur, dass Sigfrid siegreich aus dem Kampf hervorging, er entdeckte auch noch das Geheimnis von nidhöggrs Blut und wurde dadurch mächtiger als zuvor. Alberich hat getobt, als ich ihm die Nachricht brachte.«
    In Hagens Mundwinkeln zuckte es verräterisch. Er wusste, dass sein Halbbruder den König der Schwarzalben ebenso wenig liebte wie er. »Ich nehme an, es ist dir schwer gefallen, ihm die Neuigkeit mitzuteilen.«
    »Wenn törichte Alben törichte Dinge tun und sich diese dann gegen sie kehren   – ich würde sagen, ich empfinde das als ausgleichende Gerechtigkeit. Er hätte sich töten lassen sollen, als er besiegt wurde. Er hat sich und uns entehrt, um sein jämmerliches Leben zu retten.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause. »Er kommt her. Morgen.«
    »Wer?«
    »Alberich.«
    Sehr vorsichtig setzte Hagen sein stechal ab. »Was will er hier?«
    »Wir werden Sigfrid in das Reich der Toten geleiten.«
    »Ich dachte, Alberich wäre froh, seinen Bezwinger los zu sein.«
    »Dennoch verdient der Sachse eine ehrenvolle Bestattung. Immerhin ist er durch seinen Sieg über Alberich unser Gefolgsherr geworden. Du solltest die Bräuche kennen.« Der Schwarzalbe erhob sich und begann, mit gleichmäßigen Schritten durch den Raum zu wandern. »Alle werden kommen.« Und nach einer unmerklichen Pause: »Diejenigen, die noch übrig sind von unserer einst so stolzen Sippe.«
    »Ist es so schlimm?«
    Andvari blieb stehen. »In einem Punkt hatte Alberich recht: Der Hort hält unseren Untergang nicht auf. Gold mag die Gier der Menschen wecken, aber noch mehr hängen sie an ihren Ängsten und Vorurteilen. Menschen und Alben werden sich niemals verstehen. Ein Schwarzalbe ist nie allein. Die Erde spricht zu uns, jeden Augenblick, in dem wir atmen. Menschen sind taub dafür. Sie hören nichts außer einer unendlichen Stille. Deshalb fürchten sie sich. Deshalb klammern sie sich an ihre Sippe.«
    Ohne es zu merken war der Albe in die Alte Sprache verfallen. Es berührte Hagen eigentümlich, die

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