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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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Worte aus seiner Kindheit zu vernehmen. »Und ihr nehmt euren Untergang kampflos hin?«, fragte er.
    Andvari nahm seine Wanderung wieder auf und wechselte die Richtung. »Es gab eine schwache Hoffnung   … ein altes, fast vergessenes Ritual   … Andvaranaut sollte Teil eines Schutzzaubers werden.«
    »Andvaranaut   …«, wiederholte der Waffenmeister mit blutleeren Lippen.
    »Ebenso wie Mimung«, fuhr der Schwarzalbe hastig fort. »Unglückseligerweise fiel das Schwert in Sigfrids Hände. Die Handvoll Schmiede, die vielleicht in der Lage gewesen wären, etwas Vergleichbares herzustellen, lehnten es ab, mit uns zu verhandeln. Sie glauben alle an den Gott der Christen. Ihr Hass auf uns ist ein Zeichen für die neue Welt, die uns feindlich gesonnen ist. Deshalb ist das Stille Volk zum Aussterben verdammt. Wir gehören nicht länger hierher. Wir sind zu unbeweglich, um uns den Veränderungen anzupassen, zu sehr an die Erde gebunden. Wir können unsere Wurzeln nicht kappen wie die Menschen. Die kommende Zeit wird eine Zeit ohne Schwarzalben sein.« Er deutete zwei parallele Schnitte unterhalb der Augen an, um seiner Trauer Ausdruck zu verleihen.
    Hagen hegte keine Sympathie für die Sippe seines Vaters, dennoch lief es ihm kalt den Rücken herunter. Eine Welt ohne Schwarzalben   … das musste eine Welt des Chaos sein. »Dann kann ragnarök nicht mehr fern sein«, sagte er leise.
    Wieder blieb Andvari stehen und sah ihn traurig an. »Jeder gesīp , den wir verlieren, reißt ein Loch in den Zaun, der das heilige Feld unseres Geschlechts umschließt. Es ist nicht recht, dass du uns verlassen hast, Bruder . Ich habe dich vermisst.«
    »Und wer noch?«
    »Es gibt manchen, der dich schätzt.«
    »Und doch hat Alberich verboten, meinen Namen je wieder zu erwähnen.«
    »Nicht alle halten ihn für einen guten König.«
    »Dann sollten sie ihn absetzen.«
    »Wir leben nach anderen Gesetzen als die Menschen. Unsere Könige werden nicht abgesetzt.«
    »Bedauerlich.«
    »Es mag eine Zeit kommen, da die Menschen dazu aufrufen, uns mit dem Schwert in der Hand auszurotten. Wirst du dann unter ihnen sein? Auf wessen Seite stehst du, Bruder ?«
    »Auf meiner eigenen. Was scheren mich Sippenkämpfe? Ich werde zusehen, dass ich überlebe.«
    »Wen versucht du zu täuschen? Du hast nie viele Gedanken an dich verschwendet. Gegen niemandem bist du so hart wie gegen dich selbst.«
    Der Schwarzalbe setzte seinen Gang fort. Hagen sah der merkwürdigen Wanderung zu, und plötzlich begriff er, dass sein Halbbruder wieder und wieder gebō , die Rune der Gastfreundschaft auf dem Boden abschritt, um ihn friedlich zu stimmen. Wenn Andvari nicht einmal davor zurückschreckte, Albenzauber einzusetzen, dann bedeutete das, dass er den entscheidenden Grund für sein Hiersein bisher zurückgehalten hatte. »Was willst du wirklich?«
    Andvari fühlte sich ertappt, sah ihn bedeutsam an, als wollte er sagen: Du hast es bemerkt   – siehst du, wie sehr du immer noch Schwarzalbe bist?, und setzte sich wieder an den Tisch. »Etwas, das mir gehört und sich in dieser Burg befindet.«
    »Und was soll das sein?«
    »Andvaranaut.«
    Hagen packte seinen Arm mit einer Schnelligkeit, die auch für den Schwarzalben überraschend kam. »Der Unglücksring ist hier? Willst du uns verderben?«
    »Kennst du mich so wenig, Bruder , dass du mir zutraust, den Ring auf die Menschen loszulassen?«
    Langsam lockerte Hagen seinen Griff. »Nein, es ist wahr, etwas so Monströses würdest du nicht einmal deinem Feind antun«, sagte er und entschuldigte sich nach Albenart, indem er mit dem kleinen Finger seine Zungenspitze berührte. »Aber wie   …?«
    »Sigfrid hat ihn.«
    Hagen stieß hörbar seinen Atem aus. Also war er nichts weiter als das Werkzeug einer höheren Macht gewesen! Nein, es war Unsinn, dem Ring die Schuld geben zu wollen. Nur Feiglinge übernahmen nicht die Verantwortung für ihr Handeln. Er hatte Sigfrid aus freien Stücken getötet und nicht, weil er Sklave eines Fluchs war. Es war seine eigene Entscheidung gewesen.
    »Alberich hoffte, der Unglücksring würde ihn von Sigfrid befreien. Aber bis vor wenigen Nächten waren seine Hoffnungen vergeblich.«
    »Du hast den Ring im Auge behalten, das war es also. Das erklärt auch   … ich hatte gleich das Gefühl, als wäre jemand in der Nähe, als   … warum hast du dich mir nicht gezeigt, an der Quelle?«
    »Ich war nicht sicher, ob du meine Anwesenheit dort nicht noch schlechter aufnehmen würdest als

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