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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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Boden sinken. Eine Axt ragte aus seiner Brust, und Hagen begriff, dass sie ihm gegolten hatte. Er wollte neben seinem Halbbruder niederknien, aber mit Gebrüll stürzte Irung auf ihn zu, vorbei an den verblüfften Kriegern, die am Tor Wache halten sollten, im Laufe des Abends jedoch achtlos geworden waren. Hagen gelang es eben noch, den ersten Hieb abzuwehren, dann musste er Andvari wohl oder übel sich selbst überlassen, um sich seinem Feind zuzuwenden.
    Mit brutaler Gewalt schlugen die Klingen aufeinander. »Ich werde dich im Zweikampf besiegen, Hagen!«, sagte Irung. »Die Skopen werden meine Taten besingen, aber an deinen Namen wird sich in einem Jahr niemand mehr erinnern.«
    »Ist das deine Vorstellung von einem Zweikampf, einem Mann die Axt in den Rücken zu werfen?« Erneut prallten die Schwerter aufeinander, und Funken stoben, wo Stahl auf Stahl traf. »Ich habe mich immer gefragt, was dich antreibt. Was hoffst du zu gewinnen, Irung? Ruhm? Macht? Welcher Grund ist wichtig genug, um gegen die eigene Sippe zu kämpfen? Nur ein Neiding hat Freude daran, das Heiligste zu zerstören.«
    In rasender Wut drang Irung auf Hagen ein, dem nichts anderes übrig blieb, als zurückzuweichen. Vom Mauerdurchbruch her konnte man Grimhilds frohlockende Schreie vernehmen. »Meine Sippe!«, höhnte Irung. »Die Sippe des großen Aldrian! Eines Königs, der seinen eigenen Bruder tötete und dessen Sohn unwürdige Dienste verrichten ließ, um sich an seiner Demütigung zu weiden!«
    Hagen begriff   – endlich begriff er!   –, und die Erkenntnis verblüffte ihn so, dass er einen Augenblick lang unachtsam war und Irungs Schwertspitze eine Wunde über seine Brust riss. Wieder jubelte Grimhild jenseits der Mauer, was Irung in einen ekstatischen Tötungsrausch versetzte. Eine Weile hatte Hagen alle Hände voll zu tun, seinen Gegner auf Distanz zu halten, ehe er dessen Vordringen stoppen konnte. »Du warst es!«, keuchte er. »Der ungreifbare Feind   – das bist du! Du hast Aldrian getötet!«
    Irung machte keinen Versuch, es zu leugnen. »Ja«, antwortete er triumphierend, »ich habe meinen Vater gerächt, wie es sein soll! Ich habe Aldrian den Blutaar geritzt!«
    »Seit wann soll Blutrache feige verübt werden? Es war morthar , ein Mord, heimliches Neidingswerk, nicht ehrenhafte Blutrache.«
    »Offen hätte ich keine Hoffnung auf Erfolg gehabt. Ich stand allein gegen Aldrians Sippe.«
    »Und du wolltest Grimhild. So ist es doch?«
    »Ja. Ich wollte Grimhild. Sie hätte mich nie genommen, hätte sie gewusst, dass ich ihren Vater tötete.«
    »Auch so hat sie dich nicht gewollt.«
    »Das wird sich ändern, sobald ich ihr deinen Kopf bringe.«
    Wieder gelang es Hagen nur mühsam, seinen Gegner aufzuhalten. »Es war eine sinnlose Tat«, keuchte er. »Dein Vater starb im Kampf bei der Eroberung von Niflungenland. Ich war dabei, als es geschah, und sah es mit meinem eigenen Auge. Aldrian hätte niemals einen Brudermord begangen.«
    »Es wundert mich nicht, dass du einen Neiding deckst. Genau so habe ich dich eingeschätzt, Albe !«
    Hagen knirschte mit den Zähnen. »Eins wüsste ich gern von dir, ehe ich dich töte: Warum hast du Gunter und seine Brüder nicht ebenfalls ermordet? Du hattest hundertfach Gelegenheit dazu.«
    »Um Grimhilds willen habe ich sie verschont. Doch jetzt ist das anders. Jetzt, wo auch sie euch hasst, kann ich meine Rache vollenden. Dann bin ich der Letzte unseres Geschlechts. Und wenn ich erst Herr über Niflungenland bin, wird Grimhild meine Frau.«
    »Dazu musst du erst an mir vorbei!«
    »Das ist so gut wie geschehen.« Mit neuer Kraft drang Irung auf seinen Widersacher ein. Grimhilds Anfeuerungsrufe gellten über den Kampfplatz.
    Die Zeit der Fragen war vorbei. Hagens Hass verengte sich zu einem Brennpunkt, in seinem Kopf war nur noch Platz für ein einziges Ziel: den Feind, der all die Jahre im Verborgenen gelauert hatte, zu töten. Mit furchtbarer Gewalt führte er sein Schwert. Irung wurde blass, als er die Klinge auf sich zukommen sah. Er versuchte eine Gegenwehr, aber der gebündelten Energie von Hagens Willen hatte er nichts entgegenzusetzen. Der Hieb des Waffenmeisters war so mächtig, dass er seinem Gegner das Schwert aus der Hand fegte, die eiserne Brünne durchschlug und Irung in zwei Teile trennte. Blut spritzte in einer hohen Fontäne aus dem leblosen Körper.
    Grimhild schrie auf, als sie ihren Vetter fallen sah. Eben noch wähnte sie den Sieg zum Greifen nahe, nun sah sie mit einem Schlag

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